Bahnradfahrer Wafler: Aus dem Niemandsland an die Weltspitze
Es könnte wohl keinen besseren Botschafter für den Bahnradsport geben als Tim Wafler. Wer ihm zuhört, würde sich am liebsten auf der Stelle in den Sattel werfen und sich auf der Steilbahn austoben und abstrampeln. Das Ganze hat nur einen Haken: Seit dem Abriss des Dusika-Stadions gibt es in Österreich keinen wettkampftauglichen Boden für Bahnradfahrer mehr.
Umso beeindruckender sind die Leistungen von Tim Wafler, der zu den besten Bahnradfahrern der Welt gehört, obwohl er aus dem Bahnrad-Niemandsland Österreich kommt. Im Omnium-Bewerb, einem spektakulären Mehrkampf aus vier Disziplinen, radelt der U-23-Europameister am Donnerstag um eine Spitzenplatzierung.
Tim Wafler kann über das Bahnradfahren einfach wunderbar schwärmen. Wenn er im Oval seine Runden dreht, dann vergleicht er das gerne „mit Achterbahnfahren.“ Nur mit dem klitzekleinen Unterschied, dass er dabei selbst am Steuer sitzt. „Du spürst den Kurvendruck und die Fliehkräfte und kannst damit spielen. Und dabei kriegst du auch noch eine enorme Geschwindigkeit zusammen.“
Perfekte Schule
Fast alles, was Tim Wafler heute über das Radfahren weiß, hat er auf der Bahn gelernt. In seiner Kindheit war das Dusika-Stadion noch in Betrieb, der Wiener hat dort Zehntausende Kilometer abgespult und dabei das ganze ABC des Radsports durchgemacht.
„Das Dusika-Stadion war mein zweites Zuhause. Die Bahn ist eine sehr gute Schule für das Radfahren.“ Mark Cavendish, mit 35 Etappensieger der Rekordhalter bei der Tour de France, war früher genauso Bahnfahrer wie seine englischen Landsleute Bradley Wiggins oder Geraint Thomas, die beide die Frankreich-Rundfahrt gewinnen konnten.
Räder ohne Bremsen
Bahnradfahrer sind technisch sehr beschlagen, weil sie auf der engen Bahn und im dichten Fahrerfeld häufig schnell reagieren müssen. Die Spezialräder erfordern ebenfalls ein besonderes Geschick.
Tim Waflers Bahnrad hat keine Bremsen, wenn es langsamer gehen soll, lässt er das Rad ausrollen oder tritt mit den Pedalen kurz in die entgegen gesetzte Richtung. „Wir haben auch keine Schaltung“, erzählt der 22-Jährige.
Spannender Mehrkampf
Wenn Tim Wafler nicht gerade auf der Straße für das Tirol Cycling Team im Einsatz ist, reist er quer um die Welt, um seine große Leidenschaft ausleben zu können. Der Österreicher trainiert oft auf Bahnen in Spanien und in Portugal, für Olympia rollte sich der Zehnte der Weltrangliste in Mallorca ein.
Der Omnium-Mehrkampf startet mit dem Scratch, einem Rennen über 15 Kilometer. Ziel ist es, dabei alle 21 Konkurrenten hinter sich zu lassen. Im Temporennen wird 36 Runden lang immer an den Erstplatzierten ein Punkt vergeben. Die dritte Disziplin ist das Ausscheidungsrennen, bei dem alle zwei Runden der Letztplatzierte ausscheidet. Den Abschluss bildet das Punkterennen.
Tim Wafler ist begeistert von der Olympia-Bahn in Paris, im Training stellte er bereits eine neue Bestzeit über 500 Meter auf. „Ich fühle mich wohl, die Bahn erinnert mich an das Dusika-Stadion.“
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