Nikola Karabatic: Weltstar mit einer dunklen Seite

Nikola Karabatic ist seit Jahren eine feste Größe im Welthandball.
Der Franzose ist der beste Spieler seiner Zeit, eine Naturgewalt mit maschinenhafter Präzision. Der Welthandballer wird gefürchtet und bewundert, aber kaum verehrt. Dazu hat er einiges beigetragen. Heute trifft er bei der EM auf Österreich.

Wieder einmal hat er für die spielentscheidende Situation für Frankreichs Handballer gesorgt. Die Rede ist von Nikola Karabatic, dem dreifachen Welthandballer (Rekord), der sich heute Österreichs Herren im zweiten Vorrundenspiel der EM in Kroatien in den Weg stellen wird (18.15 Uhr/live ORF Sport+).

Dabei handelte sich Freitagabend bei der so wichtigen Aktion im Spiel gegen Norwegen weder um ein krachendes Tor noch um ein geniales Zuspiel. Karabatic sicherte den 32:31-Sieg des Weltmeisters mit einem unspektakulären Allerweltsfoul drei Sekunden vor der Schlusssirene, weit weg vom französischen Tor. Dem letzten norwegischen Angriff wurde so jeder Schwung genommen.

Das ist Nikola Karabatic. Ein Mann für die entscheidenden Momente. Ein Vollstrecker, vorne und hinten. Cristiano Ronaldo und Sergio Ramos in einer Person. Genial und brutal, ästhetisch und athletisch. "Im Handball geht es um Mut, Solidarität, Teamgeist", wird der 33-jährige Anführer des Titelanwärters später sagen. Der Schweiß läuft im noch über die Stirn, die Muskeln, üppig verteilt über eine Körpergröße von fast zwei Metern, zucken noch ein wenig nach den Anstrengungen. "Schmerzen gehören zum Handball. Ich erdulde sie. Man fühlt sich dann wie ein Kämpfer nach einem Kampf."

Bewunderung

Es ist eine Mischung aus Ehrfurcht und Bewunderung, die Karabatic entgegengebracht wird. Der Rückraumspieler ist der kompletteste Spieler, den es im Handball bislang gegeben hat. Eine Naturgewalt, die dennoch mit ungeheurer Präzision vorgeht. Einer der wenigen großen Handball-Stars, der für nahezu bei allen großen Vereinen unter Vertrag gestanden ist (Kiel, Barcelona, derzeit Paris St-Germain). Ein französischer Held, der beinahe ganz tief gefallen wäre.

Es war im Frühjahr 2012. Nikola Karabatic befand sich mit Frankreich gerade am Gipfel: Die Grande Nation hielt als erste Handball-Auswahl alle drei großen Titel (EM-, WM- sowie Olympia-Gold) zur selben Zeit, als Frankreichs Sportler des Jahres 2011 in einen Wettskandal geriet, der seine Karriere bedrohte.

Der Vorwurf lautete, Karabatic und einige andere Spieler, darunter sein Bruder Luka, sollen auf Niederlagen der eigenen Mannschaft gegen Außenseiter gewettet haben. In den Ausgang der Spiele griff er nicht direkt ein, jedoch ließ er sie verletzungsbedingt kurzfristig aus.

Die Causa löste eine Staatsaffäre aus. Die französische Polizei hatte Telefongespräche der Beteiligten abgehört. Karabatic bestritt jeden Manipulationsverdacht, gab später aber zu, von den Wetteinsätzen, getätigt von seiner Lebensgefährtin, gewusst zu haben.

Bewährung

Das Gericht erkannte eine Mitschuld. Die Geldstrafe fiel für den Sportler, der als einer der ersten Handballer ein Jahresgehalt von mehr als einer Million Euro kassierte, vergleichsweise gering aus (10.000 Euro). Schwerer wog Jahre später die Berufungsverhandlung, aus der Karabatic mit einer Bewährungsstrafe von zwei Monaten herausging. Einen "schlimmen Fehler" nennt er es heute. Gestört hat ihm aber dennoch das Verhalten seines damaligen Arbeitgebers Montpellier, der mit Bekanntwerden des Skandals den Vertrag mit dem Starspieler eilig aufkündigte. Das Jahr 2013 sollte bis heute das einzige seit 2002 bleiben, in dem Nikola Karabatic nicht Meister wurde.

Seine Titeljagd war aber nur kurz unterbrochen. Schon bald darauf bemühte sich der große FC Barcelona um die Dienste des Ausnahmespielers.

Bewusstsein

Für sportliche Zweifel scheint er Zeit nie gehabt zu haben: "Mit sieben oder acht war in meinem Kopf völlig klar: Ich will der beste Handballer der Welt werden. Das war kein Traum. Das war mein Ziel, und ich wusste, dass ich es schaffen würde", sagte Karabatic einmal. Motivation sei immer die nächstmögliche Goldmedaille.

Die könnte es vielleicht schon in ein paar Tagen geben. Der Sohn einer Serbin und eines Kroaten wünscht sich ein EM-Finale in Zagreb gegen Gastgeber Kroatien. Beißende Pfiffe inklusive.

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