Michael Cepic: Laut dem Anti-Doping-Bundesgesetz muss ein Athlet sechs Monate vor seinem Antritt im Testpool verweilen, das heißt für Kontrollen zugänglich sein. Eine ähnliche Vorgehensweise kann ich mir bei russischen Athleten vorstellen. Ich weiß, da kommen jetzt wieder die Kritiker, die sagen, wenn jemand vor zwei Jahren gedopt hat, hat das immer noch einen Effekt. Das ist richtig, aber man kann russische Athleten nicht auf ewig ausschließen. Man wird einen Weg finden müssen, um standardisiert zu kontrollieren – und wenn die aktuelle politische Situation geklärt ist, diese Sportler auch zuzulassen.
Der Trend im Doping geht in Richtung Mikrodosierung. Gibt es neue Testverfahren, um diesem Schlupfloch entgegenzuwirken?
Wir sind da in engem Austausch mit einem der führenden Labore in Seibersdorf. Die Analysemethoden sind mittlerweile extrem verfeinert. Wenn Sie ein Stück Würfelzucker in ein olympisches Schwimmbecken werfen, dann kann die Analyse das finden. Natürlich wird von der Gegenseite immer nach neuen Wegen gesucht werden, das Ganze zu umgehen. Und auch der Trend der Mikrodosierung ist alles andere als veraltet.
Ist man als Dopingjäger immer im Hintertreffen?
Aus meiner Sicht muss das so sein. Sie können nicht an einer Analyse von etwas arbeiten, das es noch nicht gibt. Wenn wir es negativ sehen wollen, dann sind wir immer hinten nach, aber das liegt in der Natur der Sache.
Ist im Ausdauersport Blutdoping immer noch das Nonplusultra?
Die Manipulation von Blut ist schwierig nachzuweisen. Eine der wenigen Methoden ist die EPO-Analytik. Bei der „Operation Aderlass“ im Jahr 2019 hat der Kopf der Organisation den Sportlern empfohlen, EPO auf jeden Fall zu vermeiden, weil die Gefahr viel zu hoch ist, dass es detektiert wird. Eigenblut ist für die Analyse noch immer eine Herausforderung. Aber da hilft der biologische Pass. Aufgrund dieses biologischen Passes eines Athleten ist Blutdoping mittlerweile eine Sache, die nicht mehr so einfach funktioniert.
Verstehen Sie Fans, die ob der Skandale im Radsport nur schaumgebremst bei der Tour de France mitfiebern können?
Ich kann die Skepsis der Fans verstehen, aber das hat sich der Radsport selbst zuzuschreiben. Dort hat man sich diesen Ruf über sehr viele Jahre erarbeitet. Aber man muss auch so fair sein und sagen, dass sich vonseiten des Radsports in den vergangenen Jahren enorm viel getan hat. Da bemüht man sich sehr, den Sport sauber zu halten, nicht umsonst wurden in den jüngsten 15 Jahren die drittmeisten Proben im Radsport gezogen. Und ich glaube, es gibt kaum ein Sportereignis, bei dem so viel kontrolliert wird wie bei der Tour de France.
Stichwort Gendoping: Ist es möglich, einen zukünftigen Goldmedaillengewinner „heranzuzüchten“?
Wenn ich den Experten glauben schenken darf, dann sind wir davon noch meilenweit entfernt. Die Komplexität des Gendopings hat die Wissenschaft noch überhaupt nicht im Griff.
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