Nach der Verschiebung: Ein Jahr olympische Atempause
Tagelang hatten sie gezögert, doch im Stundentakt wuchs der internationale Druck auf die Veranstalter der olympischen Sommerspiele in Tokio.
Am Dienstagmittag ging es ganz schnell. Um 12 Uhr mitteleuropäischer Zeit telefonierten Japans Premierminister Shinzo Abe und Thomas Bach, der deutsche Präsident des Internationalen Komitees, und wenig später war klar: Heuer geschieht in Japan nichts mehr im Zeichen der Ringe. Die Spiele werden auf 2021 verschoben.
Der olympische Fackellauf war zu dieser Zeit gerade am Bahnhof von Fukushima, der seit Erdbeben und Tsunami im März 2011 vor allem durch die Reaktorkatastrophe bekannten Großstadt auf Japans Hauptinsel Honshu.
Der Name bleibt
Auch im kommenden Jahr sollen die Spiele als „Tokio 2020“ firmieren, einen neuen Termin gibt es noch nicht. Klar aber ist: Das olympische Feuer soll in Japan bleiben. Und das Sport-Großereignis soll spätestens im Sommer 2021 stattfinden.
Der Fairness zuliebe
Letztlich war die Entscheidung zur Absage alternativlos, nachdem Kanada bereits erklärt hatte, heuer keine Athleten zu Olympia zu entsenden, und das Olympische Komitee der USA am Dienstag ebenfalls für eine Absage plädiert hatte.
Schrott im Wald
Wegen der vielen Ausgangsbeschränkungen in immer mehr Staaten aufgrund der Corona-Pandemie war die Chancengleichheit für die Sportler längst nicht mehr gegeben. „Ich trainiere im Wald, weil bei uns alle Sportstätten geschlossen sind, und in China wurden schon wieder Wettkämpfe in der Halle absolviert – samt einer Jahresweltbestleistung im Kugelstoßen der Damen“, sagt die niederösterreichische Hürdensprinterin Beate Schrott zum KURIER.
Keine Doping-Kontrollen
Ein weiteres Problem sind die Dopingkontrollen: Eine ganze Reihe von Labors sind bereits geschlossen worden, am Dienstag kündigte die deutsche Anti-Doping-Agentur an, wegen des Infektionsrisikos vorerst keine Tests mehr vorzunehmen – dem Betrug ist damit Tür und Tor geöffnet. Auch die österreichische NADA hat ihren Testbetrieb bereits eingeschränkt.
Und, schließlich: das Infektionsrisiko in Japan, wenn Zehntausende Athleten, Trainer, Medienmenschen und Millionen von Zuschauern aus aller Welt einreisen. Derzeit hat Japan nur wenige Covid-19-Fälle (allerdings wird auch wenig getestet). Das hätte sich im Fall der Spiele sehr rasch ändern können. „Es gibt für Viren kein tolleres Fest als so eine Veranstaltung“, sagte Alexander Kekule, der Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie am Universitätsklinikum Halle/Saale der ARD.
Das Österreichische Olympische Komitee begrüßte wie viele andere die späte Entscheidung: „Es ist zum jetzigen Zeitpunkt die einzig richtige“, erklärte Präsident Karl Stoss am Dienstag.
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