Zweikampf um die F1-Einzigartigkeit
Am Sonntag fällt im letzten Rennen der Saison die Entscheidung, wer Formel 1-Weltmeister wird. Spannender könnte die Ausgangslage nicht sein. Was spricht für Herausforderer Fernando Alonso und was für Titelverteidiger Sebastian Vettel?
Der Jäger wünscht sich ein feuchtes Revier
Fernando Alonso. 31 Jahre alt, elf davon in der Formel 1 verbracht, und Fernando Alonso hat noch immer diese Zielstrebigkeit in den Augen. Der Spanier jagt Sebastian Vettel und seinen dritten WM-Titel. Der Ferrari-Pilot würde damit in einen elitären Kreis vorstoßen: Seit 1990 gelang es nur noch einem Fahrer, mit zwei Teams die Weltmeisterschaft zu gewinnen: Michael Schumacher. 2005 und 2006 beendete Alonso mit Renault die langjährige Regentschaft von Schumacher mit Ferrari, nun hetzt er dem nächsten Deutschen hinterher.
Fernando Alonsos Trümpfe für den Showdown:
Das Wetter
Die Regenwahrscheinlichkeit für Sonntag in São Paulo liegt bei annähernd einhundert Prozent. Zwar gilt auch Vettel als starker Fahrer bei nassen Bedingungen (er gewann seine ersten beiden Grands Prix im Regen), doch Alonsos Quote auf nassem Untergrund ist heuer einzigartig: Der Spanier holte an vom Regen beeinflussten Rennwochenenden 68 Punkte, Vettel 25.
Der Teamkollege
Die Loyalität von Felipe Massa gegenüber Alonso kennt kaum Grenzen. Jüngster und vielleicht eindringlichster Beweis: Beim Rennen in Texas wird beim Brasilianer das Getriebe getauscht, damit Alonso in der Startaufstellung einen Platz gewinnt. Zudem kommt Massa am Ende der Saison immer besser in Fahrt und könnte so den kreisenden Puffer für Alonso geben. Während Red Bulls Nummer zwei, Mark Webber, in den jüngsten fünf Rennen nur 35 Punkte einsammelte, waren es bei Massa 56. Pikant: Der Australier Webber gilt als guter Freund von Alonso, beide verband lange Zeit mit dem Italiener Flavio Briatore der selbe Manager.
Die Konstanz
Das trifft nicht nur auf Alonso zu, sondern auch auf seinen Dienstwagen. Der Ferrari F2012 ist bei Weitem nicht das schnellste Modell seines Jahrganges, mit Sicherheit aber das zuverlässigste. Keinen einzigen technisch bedingten Ausfall verzeichnete Alonso 2012, Vettel hingegen schmolz zwei Mal die Lichtmaschine. Ferrari hat darüber hinaus den Vorteil, dass nahezu alle Teile am Auto (Chassis, Motor, Energie-Rückgewinnungssystem KERS) aus dem eigenen Haus kommen.
Der Gejagte vertraut seinem flinken Untersatz
Sebastian Vettel.25 Jahre jung und schon eine Legende? Im Fall von Sebastian Vettel könnte es am Sonntag so weit sein. Hält der deutsche Red-Bull-Pilot Widersacher Alonso auf Distanz, ist Vettel nicht nur der jüngste Dreifach-Weltmeister, sondern auch der erst dritte Pilot, dem der Titel-Hattrick gelingt (nach Fangio und Schumacher). Vettel wäre bei Titel Nummer drei jünger als Schumacher bei seiner ersten Weltmeisterschaft.
Sebastian Vettels Trümpfe für den Showdown:
Die Ausgangslage
Der größte Vorteil von Sebastian Vettel. 13 Punkte Vorsprung nimmt der Titelverteidiger mit in den letzten Umlauf. Ein vierter Platz und Alonso kann sich klassieren, wo er will. In den vergangenen sechs Rennen fuhr der Deutsche immer auf das Podest, vier Mal stand er ganz oben.
Die Crew
Unter Druck tendiert nicht nur Vettels Fehlerquote gegen Null, sondern auch die seiner Crew. Egal, ob es um Strategie oder Reifenwechsel geht, nach der Sommerpause hat sich die Red-Bull-Mannschaft kaum noch Unzulänglichkeiten geleistet. Jüngstes Beispiel war der Reifenwechsel vergangenen Sonntag in Austin: Während Alonso 6,3 Sekunden am Standplatz verbrachte, konnte Vettel bereits nach 2,7 Sekunden wieder aufs Gas steigen. Solche Kleinigkeiten können das Titelduell bereits entscheiden.
Das Auto
Chefdesigner Adrian Newey hat den RB8 über den Sommer zum schnellsten Auto der Klasse gemacht. Kaum eine Ingenieursabteilung beschleunigt seinen Renner so effizient wie die Crew von Red Bull. Allein acht Mal wurde im Laufe der Saison die Position des Auspuffs verändert. Der Aufwand ist enorm. Auch in den vier Tagen zwischen dem Rennen in Austin und der Montage in São Paulo brachte das Team neue Teile aus England an sein Auto an.
Das Selbstvertrauen
Vettel kann in seiner fünften vollen Saison zum dritten Mal triumphieren, 2010 bremste er Alonso auf der Zielgeraden aus. Nicht das einzige Trauma der Ferrari-Mannschaft: Auch 2008 verspielten die Italiener mit Massa im letzten Rennen in Brasilien im Duell mit Hamilton den WM-Titel.
WM-Stand, Fahrer
1. Vettel (D/Red Bull) 273 Punkte
2. Alonso (Sp/Ferrari) 260
3. Räikkönen (Fin/Lotus) 206
4. Hamilton (Eng/McLaren) 190
5. Webber (Aus/Red Bull) 167
6. Button (Eng/McLaren) 163
7. Massa (Bra/Ferrari) 107
8. Grosjean (F/Lotus) 96
9. Rosberg (D/Mercedes) 93
10. Perez (Mex/Sauber) 66
11. Kobayashi (Jap/Sauber) 58
Konstrukteure
1. Red Bull (Weltmeister) 440 Punkte
2. Ferrari 367
3. McLaren 353
4. Lotus 302
5. Mercedes 136
6. Sauber 124
7. Force India 99
Punkteschlüssel 25 – 18 – 15 – 12 – 10 – 8 – 6 – 4 – 2 – 1.
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