Was Hamilton für die Zeit nach seinem Formel-1-Ausstieg plant
50 Meter lang ist der durchschnittliche Laufsteg bei einer Fashion Week. In Lewis Hamiltons Welt hat er die fünffache Länge.
Auf knapp einem viertel Kilometer zeigte der Brite im vergangenen Juli, dass er neben seinem Titel als Formel-1-Weltmeister auch jenen als Stilikone verteidigen möchte. Im Juli in Spielberg nutzte Hamilton die tägliche Strecke vom Parkplatz bis zum Motorhome von Mercedes für eine Modenschau der Superlative. Mit im Gepäck: T-Shirts von Burberry sowie lilafarbene Cargohosen von Kenzo. Seine Lieblingsstiefel des Luxuslabels Bottega Veneta in mehrfacher Ausführung. Das Ganze garniert mit einer extensiven Kollektion an Ketten und Ringen.
Dass sich das Formel-1-Wunderkind nicht nur in der Rolle als schnellster Mann der Welt pudelwohl fühlt, zeigen Fotos aus Paris, die nur wenige Tage nach dem österreichischen Grand Prix entstanden: Hamilton in der ersten Reihe bei der Fashion Week in Paris. Ehrensache für den 36-Jährigen, schließlich galt es, seinen Freund Demna Gvasalia, Kreativdirektor von Balenciaga, zu unterstützen. Der Designer ist nur eine von vielen Persönlichkeiten aus der Modebranche, mit denen der Rennfahrer engen Kontakt pflegt. Donatella Versace und Stella McCartney zählen zu seinem Freundeskreis, ebenso Louis-Vuitton-Designer Virgil Abloh.
Mit Erfolg assoziiert
Hamilton hat es als einziger Formel-1-Fahrer bis in die höchsten Kreise der Modewelt geschafft. Während sich die Anzahl an Fußballern, die sich Stilvorbilder nennen können, sehen lassen kann, kommt auf der Liste stylisher Formel-1-Piloten nach Hamilton lange ... niemand. Dessen ist sich Hamilton durchaus bewusst, wie er vor einigen Jahren in einem Interview mit dem Handelsblatt Magazin verriet: „In der Formel 1 bin ich sicher der Einzige, der sich wirklich für Mode begeistert.“ Viel mehr tue sich diesbezüglich im Fußball, Tennis oder Basketball. Sportler und Sportlerinnen seien lange Zeit Randfiguren der Fashion-Welt gewesen. „Jetzt treten sie viel stärker ins Scheinwerferlicht. Auch wir sind jetzt Teil der Mode.“
Die Fashionwelt empfängt Hamilton jedenfalls mit offenen Armen: Im Jahr 2018 entwarf er erstmals eine komplette Kollektion gemeinsam mit Tommy Hilfiger, bei der er großen Wert auf nachhaltige Materialien legte. Indem er nicht nur bekannte Labels, sondern auch Mode von Newcomern trägt, will er Letztere ganz bewusst unterstützen. Sein Instagram-Account: ein Augenschmaus für Modefans.
Für die Labels, die er dort zeigt, gleicht dies einem Jackpot. „Sportler auf so hohem Level sind sich bewusst, dass sie eine gewisse Wirkung haben“, sagt Dieter Scharitzer vom Institut für Marketing Management an der WU Wien. „Hamilton steht für Coolness, Dynamik und erstrebenswerten Erfolg.“ Der Status als Weltklassesportler führe laut dem Experten automatisch dazu, dass die Labels, die mit ihm assoziiert werden, ebenfalls für Erfolg stehen. Diesen Effekt beobachtet auch Toni Volmann vom Wiener Herrenstore Grandits: „Sportler sind vor allem für ihre jüngeren Fans Vorbilder“, weiß der Chefeinkäufer, der heimische Fußballprofis zu seiner Kundschaft zählt. „Sie haben etwas im Leben erreicht, ziehen sich gut an. Natürlich wollen andere auch so sein.“
Zukunft nach Formel 1
Warum aber belässt es Lewis Hamilton nicht, wie viele andere Topsportler, bei Deals als Werbegesicht – sondern machte sich die Mühe, sich von Hilfiger detailliert in den Designprozess einführen zu lassen? Weil es ihm um mehr als nur Geld geht: Als erster dunkelhäutiger Formel-1-Pilot habe er sich früher oft unwohl gefühlt, verriet Hamilton im Podcast des Branchenmagazins Business of Fashion. „Dann ging ich zu meiner ersten Fashion Show, habe viele verschiedene Menschen getroffen und mir gedacht: Hier kann ich ich selbst sein.“
Die wenige Zeit, die ihm abseits der Formel 1 bleibt, nützt er nun, um so viel wie möglich über die Branche zu lernen. Für sein Leben nach dem Sport könne er sich ein eigenes Modelabel vorstellen. Kann das funktionieren? „Ja“, sagt Marketing-Experte Scharitzer. „Er muss weiterhin authentisch bleiben. Dann ist der Erfolg auch auf andere Geschäftsfelder übertragbar.“
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