Warum Hamilton bald der größte Pilot der Geschichte sein wird
Vor ziemlich genau elf Jahren gelang Lewis Hamilton eine Sensation. In einem dramatischen letzten Rennen der Saison 2008 in São Paulo war auf der letzten Runde ein Wunder nötig, damit der Engländer zum ersten dunkelhäutigen Champion der Königsklasse aufsteigen konnte.
Das Wunder gelang – so viel vorweg. Mehr dazu aber später. Für Weltmeisterschaft Nummer sechs, eingefahren am Sonntag in Austin, war weder ein Wunder noch eine Sensation nötig. Zwischen 2008 und 2019 liegen Welten. Nicht nur, was die Dramatik betrifft, sondern auch was das Auftreten von Lewis Hamilton angeht. Womöglich war er nie souveräner unterwegs als heuer.
Auch deshalb zweifelt kaum noch jemand daran, dass der Engländer die Geschichtsbücher der Formel 1 schon bald komplett umgeschrieben und Siebenfach-Weltmeister Michael Schumacher überholt haben wird. „Es ist eine Ehre unter den ganz Großen zu sein“, sagte Hamilton gestern und fügte an: „Ich bin bereit für das nächste Rennen.“ Damit muss nicht zwingend Interlagos in zwei Wochen gemeint sein. Eher das große Rennen 2020.
Bei der diesjährigen WM-Kampagne hat Hamilton seine Fertigkeiten noch einmal verfeinern müssen. Längst hat er nicht mehr einen überlegenen Rennwagen zur Verfügung. Ferrari hat 2019 mindestens ein ebenbürtiges Auto konstruiert.
WM-Titel
Michael Schumacher (GER) 7
Lewis Hamilton (ENG) 6
Juan Manuel Fangio (ARG) 5
Sebastian Vettel (GER) 4
Alain Prost (FRA) 4
GP-Siege
Michael Schumacher (GER) 91
Lewis Hamilton (ENG) 83
Sebastian Vettel (GER) 53
Alain Prost (FRA) 51
Polepositions
Lewis Hamilton (ENG) 87
Michael Schumacher (GER) 68
Ayrton Senna (BRA) 65
Sebastian Vettel (GER) 57
Bei der Anzahl an Polepositions etwa liegt er in der laufenden Saison nur auf Rang drei hinter Charles Leclerc und Valtteri Bottas. Doch nur Hamilton und seine Crew wissen die Kraft auch in Seriensiege zu verwandeln. Zehn Erfolge sind es bisher. Hamilton bewies dabei ein breites Spektrum an Fähigkeiten: Manchmal war eine Ausnahmerunde im Qualifying gefragt, anderorts musste er auf die sensiblen Reifen achten; mal diktierte er von der Spitze weg das Tempo, um eine Woche später eine Aufholjagd zu starten. „Es ist eine Kombination von Talent und Erfahrung, die ihn zu einem großen Rennfahrer macht. Anscheinend besitzt er die Fähigkeit, das Auto in kritischen Szenen in die richtige Position zu bringen“, lobt sein Teamchef Toto Wolff.
Dass Hamiltons schwächstes Rennen 2019 dennoch in den Punkterängen endete (Rang neun in Hockenheim), sagt einiges über die Extraklasse aus. Oder jene Statistik: Er ist der einzige Pilot in der bald 70-jährigen Geschichte der Rennserie, der in jeder Saison (13 sind es bereits) zumindest einen Grand Prix gewinnen konnte.
- Lewis Hamilton 13/13
- Jackie Stewart 9/8
- Juan Manuel Fangio 8/7
- Alain Prost 13/11
- Ayrton Senna 11/9
Wie ein Komet ist Hamilton 2007 mit neun Podestplätze in den ersten neun Rennen in die Königsklasse gekracht. Seither kreist der Star in seiner eigenen Umlaufbahn. Zwar hatte es im Premierenjahr noch nicht zur WM gereicht, aber immerhin dazu, seinen Teamkollegen, Doppelweltmeister Fernando Alonso, zu verjagen.
Schon in jungen Jahren verstand es Hamilton, sich nicht nur auf der Strecke Platz zu verschaffen, sondern auch innerhalb eines Teams. Dabei bekam er es – anders als etwa Schumacher – mehrmals mit weltmeisterlichen Teamkollegen zu tun (Alonso, Button, Rosberg).
Doch wie hat Lewis Hamilton seine bisherigen Weltmeisterschaften eingefahren? Ein flotter Rückblick:
2008
Der Premierentitel fällt ihm glücklich in den Schoss. Im letzten Rennen des Jahres sieht Rennsieger Felipe Massa (Ferrari) in seiner Heimat São Paulo wie der neue Weltmeister aus. In der letzten Runde kann Hamilton auf nasser Strecke den auf Trockenreifen herumrutschenden Timo Glock noch überholen. Rang fünf reicht dem McLaren-Piloten, um mit einem Punkt Vorsprung zu triumphieren.
2014
Nach vierjähriger Dominanz von Vettel und Red Bull nehmen Hamilton und sein neuer Arbeitgeber Mercedes Fahrt auf. Im letzten Rennen sichert sich Hamilton gegen seinen Kollegen Rosberg die WM. Es ist ein Duell, das die Formel 1 prägen wird.
2015
Runde zwei im Titelfight Hamilton – Rosberg. Doch schon im viertletzten Grand Prix hat der Brite für klare Verhältnisse gesorgt.
2017
Rosberg-Nachfolger Bottas hat Startschwierigkeiten – und auch Vettel im Ferrari geht rasch die Luft aus.
2018
Elf Siege, elf Polepositions, 408 Punkte. Auf dem Weg zu Titel Nummer fünf gelingt Hamilton eine Traumsaison.
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