Erster Todestag von Niki Lauda: Erinnerungen an einen Champion

Erster Todestag von Niki Lauda: Erinnerungen an einen Champion
Am 20. Mai 2019 starb Formel-1-Legende Niki Lauda. Erinnerungen an einen Mann, der faszinierte und polarisierte.

Niki Lauda war kein Mann der großen Emotionen. Sterben sei wie das technische Abstellen eines Motors. Wenn es passiert, dann passiert’s, erzählte sein früherer Weggefährte Attila Doğudan am vergangenen Wochenende auf Ö3. Am 20. Mai 2019 wurde dieser Motor abgestellt. Lauda starb sechs Monate nach einer Lungentransplantation umgeben von seiner Familie in einer Klinik in der Schweiz. Der Wiener wurde 70 Jahre alt.

Die Zufahrtsstraße zum VIP-Terminal auf dem Flughafen Wien-Schwechat trägt nun den Namen „Niki Lauda Allee“. Am Terminal erinnert eine Gedenktafel an den Rennfahrer, Piloten und Luftfahrtunternehmer. Auf dem Red Bull Ring wurde die erste Kurve nach Lauda benannt. Und die Trophäe für Österreichs Sportler des Jahres heißt mittlerweile „Niki“.

Ikone

Der Mann mit der roten Kappe war eine Ikone der Formel 1. Am 1. August 1976 verunglückte er als aktueller Weltmeister auf dem Nürburgring, mit Verbrennungen und verätzter Lunge gab ihm ein Priester die letzte Ölung. „Ich wollte aber weiterleben“, sagte Lauda nach dem Flammenunfall einmal. Also lebte er weiter. „Ganz logisch“, wie er sagen würde.

Im Laufe der Jahre erarbeitete sich Lauda eine Art der Unantastbarkeit als Weltmeister, TV-Analytiker, Luftfahrtunternehmer, Experte für so ziemlich alles. Politische Korrektheit interessierte ihn nicht. Mehrmals handelte er sich dadurch Kritik ein. Lauda umgab sich gerne mit Menschen, kokettierte aber damit, keine Freunde zu haben. Seinen späteren Mercedes-Wegbegleiter Toto Wolff adelte er kurz vor seinem Ableben als „Halbfreund“.

Dabei war Lauda durchaus humorvoll und schlagfertig. Er sammelte Witze über sich und erklärte seinen beiden Buben aus erster Ehe im Alter von 5 und 3: „Es gibt auch Menschen mit zwei Ohren.“

Bücher mit oder über Niki Lauda gab es schon zu Lebzeiten viele. Es gab viel zu erzählen und er konnte erzählen. Pünktlich zum ersten Todestag erschien eine weitere Biografie. Das seit Kurzem erhältliche Buch „Niki Lauda – Es ist nicht einfach, perfekt zu sein“ des langjährigen Motorsportreporters Maurice Hamilton verdient dennoch eine Erwähnung.

Auf 400 Seiten beleuchtet der Brite nicht nur das bereits bekannte bewegte Leben Laudas, sondern er traf auch mehr als 30 Weggefährten. Die intimen, aber dennoch rücksichtsvollen Einblicke in dessen letzte Lebensphase, geben der Biografie eine neue Dimension.

So beschreibt etwa Gerhard Berger, der als einer von wenigen Außenstehenden Lauda im Züricher Spital besuchen durfte, wie Laudas Krankheit 2018 begann: „Niki war auf seiner Yacht, die im Hafen lag. Er rief mich an und sagte, dass es ihm nicht gut gehe, und bat mich, einen Arzt für ihn zu finden. Als ich ihn fragte, was ihm fehle, sagte er, dass er sich eine Lungeninfektion zugezogen und Atemprobleme habe. Ich sah nach ihm, er wirkte sehr angeschlagen.“ Daraufhin sei Lauda ins Spital gebracht worden. Am nächsten Morgen habe er ihn im Fahrerlager angetroffen und gefragt, ob er verrückt sei. Lauda habe entgegnet: „So ist es besser, ich muss arbeiten.“

Charakterkopf

Lauda hat ein Vakuum hinterlassen in der Formel 1 und besonders bei Mercedes, wo er jahrelang im Aufsichtsrat war. „Niki konnte sagen, was er wollte“, sagte Toto Wolff einmal und ernannte Lauda zum „Außenminister“ von Mercedes, der mit den Bossen der Rennserie so schonungslos und ohne Angst vor Konsequenzen reden konnte wie niemand sonst im Fahrerlager. Nun fehlt der Charakterkopf, der auch die Brücke zu einer längst vergangenen Motorsportzeit schlagen konnte. „Es fühlt sich so unwirklich an, dass er nicht mehr da ist, denn er war überlebensgroß“, sagte Toto Wolff, der Lauda als Freund schmerzlich vermisst. „Wenn ich vor einer schwierigen Entscheidung stehe, frage ich mich: Wie würde Niki das sehen? Was würde er tun?“

Auch der ehemalige Weltmeister Nico Rosberg schätzte Laudas Rat. „Sein ehrliches Feedback hat mir in meiner Formel-1-Karriere immer geholfen. Heute dient mir sein Lebensweg als Inspiration. Und manchmal stehe ich vor Entscheidungen und frage mich, was Niki wohl dazu sagen würde.“ Der frühere Mercedes-Pilot könne dann die Stimme seines ehemaligen Aufsichtsratschefs „immer noch laut und deutlich hören, und sie ist noch genauso direkt und unverblümt wie eh und je“.

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