Rekordsaison von Verstappen: Wie Red Bull die Formel 1 dominierte
Nach acht Monaten, 22 Rennen und mehr als 6.800 gefahrenen Kilometern ging am Sonntag in Abu Dhabi die Formel-1-Saison 2022 zu Ende. Der Weltmeister heißt wieder einmal Max Verstappen, es war sein zweiter WM-Triumph in Folge. Passend dazu sicherte er sich beim finalen Rennen seinen 15. Saisonsieg. Mehr Erfolge in einem Jahr hat noch kein Fahrer zuvor erreicht.
Im Gegensatz zum Vorjahr, als sich der 25-Jährige ein dramatisches und am Ende heiß diskutiertes Duell mit Rekordweltmeister Lewis Hamilton (Mercedes) lieferte, gab es für Verstappen heuer deutlich weniger Gegenwehr der Konkurrenz. Der Zweitplatzierte Charles Leclerc (Ferrari) hatte schlussendlich fast 150 Punkte Rückstand.
Verstappens Teamkollege Sergio Perez musste sich mit Rang drei begnügen. Für Leclerc durchaus bitter, weil der Monegasse sehr erfolgreich in die Saison gestartet war. Der 25-Jährige entschied zwei der ersten drei Rennen für sich und führte bis zum Großen Preis in Spanien sogar die WM-Wertung an. Danach riss bei Ferrari allerdings der Faden, Red Bull und Verstappen wurden immer stärker und dominanter.
Nach dem finalen Rennen lohnt es sich jedenfalls, einen genaueren Blick auf die eben abgelaufene Saison zu werfen. Wie überlegen waren Red Bull und Rekordmann Verstappen tatsächlich? Wer hatte in den internen Teamduellen die Nase vorne? Welche Fahrer und Teams erreichten die höchste Geschwindigkeit? Und wer präsentierte sich auch bei den Boxenstopps weltmeisterlich?
Der KURIER arbeitete sich durch die Statistiken und Zahlen der Formel-1-Saison 2022 und bereitete diese grafisch auf.
Red Bull verleiht Siege
17 Erfolge in 22 Rennen - alleine 15 davon gehen auf das Konto von Verstappen - sprechen eine klare Sprache: Red Bull war in diesem Jahr das tonangebende Team. Man gewann damit rund 77 Prozent aller Rennen und war ähnlich dominant wie Mercedes 2020, als Hamilton seinen siebenten Weltmeistertitel einfuhr. Auf die Topwerte der Silberpfeile sowie von Ferrari (2002, 2004) fehlte aber doch noch ein Stück.
Das lag auch daran, dass Red Bull erst in der zweiten Saisonhälfte wirklich in Fahrt kam - und daran, dass Ferrari den Anschluss verlor. So lieferten sich Verstappen und Leclerc bis zum zwölften Saisonrennen in Frankreich durchaus noch ein Duell auf Augenhöhe, wie auch die absolvierten Führungsrunden zeigen. In der Folge war der Niederländer aber nicht mehr zu stoppen.
Und während der Red-Bull-Star vorneweg fuhr, lieferten sich dahinter Ferrari und Mercedes einen Zweikampf um Platz zwei in der Konstrukteurswertung. Wie schon bei Leclerc zu Saisonbeginn schrumpfte auch da der erarbeitete Vorsprung der Scuderia langsam aber doch dahin.
Comeback von Mercedes
Mercedes bewies gerade in den letzten Wochen, dass man zu den beiden Topteams aufgeschlossen hat. So jubelte das Team beim vorletzten Rennen in Brasilien sogar über einen Doppelsieg durch George Russell und Lewis Hamilton. Und doch brachte Ferrari am Ende den Vorsprung über die Zeit: Mit 554 Zählern wehrte man die Attacke der Silberpfeile (515 Punkte) ab.
Ähnlich eng gestaltet sich die Ausbeute an Podestplätzen: Red Bull landete 28 Mal unter den besten Drei, Ferrari (20) und Mercedes (17) folgen mit etwas Abstand. Die drei Top-Teams machten die Spitzenplätze zudem meist unter sich aus. Einzig Lando Norris (McLaren) konnte mit dem dritten Rang beim Grand Prix in Imola die Phalanx durchbrechen.
Der Konkurrent im eigenen Team
Apropos Lando Norris: Der 23-jährige Brite war es auch, der in den teaminternen Duellen im Qualifying die beste Figur machte. In 22 Vergleichen mit McLaren-Kollege Daniel Ricciardo hatte Norris in 20 Fällen die Nase vorne. Da konnte auch Verstappen nicht mithalten, der aber immerhin 18 von 22 Duellen mit Pérez für sich entschied.
Erfolgreicher war da neben Norris nur Alexander Albon im Williams: Der Formel-1-Rückkehrer ließ Teamkollege Nicholas Latifi kaum eine Chance. Die ausgeglichenste Qualifikationsbilanz weist hingegen Alpine auf: Altstar Fernando Alonso schlug Esteban Ocon mit 12:10.
Im Rennen zeigt sich zumindest punktuell ein anderes Bild: Hier ist Weltmeister Verstappen der erfolgreichste Fahrer, er lag in 17 von 22 Fällen vor Pérez. Ebenfalls recht deutlich endete das interne Duell zwischen Albon und Latifi (16:4) sowie den beiden McLaren-Piloten Lando Norris und Daniel Ricciardo (14:5). Relativ ausgeglichen verlief indes der Vergleich zwischen dem scheidenden vierfachen Weltmeister Sebastian Vettel (Aston Martin) und Teamkollege Lance Stroll.
Kopf-an-Kopf-Rennen
Nicht alle Fahrer konnten ihre starke Performance aus dem Qualifying auch im Rennen zeigen. Die größte Diskrepanz zeigte sich hier beim Team Haas: Während Kevin Magnussen in der Qualifikation die Nase vorne hatte (16:6), lag Teamkollege Mick Schumacher in den Rennen meist vorne (13:7). Mit zwölf Punkten hatte der Deutsche am Ende aber dennoch das Nachsehen gegen Routinier Magnussen (25 Zähler). Und muss sich vorerst von seinem Stammplatz in der Formel 1 verabschieden.
Die Summe aller Qualifyings gibt einen guten Überblick darüber, wie ausgeglichen oder einseitig gewisse Teamduelle wirklich waren. Am dominantesten war dabei Albon, der im Schnitt 0,57 Sekunden schneller fuhr als sein Teamkollege. In der Königsklasse des Motorsports eine Welt. Ein wahres Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten sich hingegen Hamilton und Russell: Der Rekordweltmeister hatte durchschnittlich lediglich 0,07 Sekunden Vorsprung auf Russell.
Im Geschwindigkeitsrausch
Zurück aber zu Red Bull. Was machte das Team heuer so stark? In welchen Bereichen war man der Konkurrenz voraus? Ein Puzzlestein auf dem Weg zum ersten Konstrukteurstitel seit 2013 war mit Sicherheit der Geschwindigkeitsvorteil gegenüber dem Rest des Feldes. Der Top-Speed bei Red Bull lag bei im Schnitt 319,79 km/h, die direkten Konkurrenten Mercedes (315,23 km/h) und Ferrari (314,92 km/h) konnten da bei weitem nicht mithalten.
Einen etwas überraschenden Platz zwei in dieser Wertung nimmt Williams ein, das im Schnitt 319,01 km/h als schnellste Geschwindigkeit aufweist. Das Schlusslicht ist McLaren. Unter den Fahrern ist es indes Pierre Gasly, der die Top-Speed-Wertung anführt: Er kommt im Schnitt auf 320,7 km/h. Am langsamsten fuhren Daniel Ricciardo (311,01 km/h) sowie Kevin Magnussen (311,26 km/h).
Weltmeister in der Box
Red Bull war aber nicht nur auf der Strecke das schnellste Team, sondern auch in der Boxengasse: Wie schon im Vorjahr lieferten Verstappen und Pérez die besten Boxenstopps ab. Im Schnitt benötigte das Duo gerade einmal 3,24 Sekunden pro Zwischenstopp, McLaren und Ferrari waren rund zwei Zehntelsekunden langsamer. Lediglich in der Einzel-Wertung musste sich Red Bull mit Platz zwei begnügen: Daniel Ricciardo (2,99 Sekunden) verwies hier Sergio Pérez (3,11 Sekunden) und Charles Leclerc (3,33 Sekunden) auf die Plätze.
Am anderen Ende der Skala ist erneut Haas zu finden. Schumacher und Magnussen brauchten in der Box im Schnitt 4,98 Sekunden und waren damit deutlich langsamer als der Rest der Formel-1-Teams.
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FAZIT
Red Bull war in dieser Saison im wahrsten Sinne des Wortes das schnellste Team. Ob auf der Strecke oder in der Box: Das Team führt fast alle Wertungen an und hat dazu mit Verstappen auch noch den aktuell besten Fahrer zur Verfügung. Aber: Ferrari und Mercedes waren im Verlauf des Jahres nicht so weit weg, wie das der finale WM-Stand vermuten ließe.
Gerade die Scuderia hätte sich wohl deutlich mehr Hoffnung auf die Weltmeisterschaft machen können, hätte man sich nicht selbst das Leben schwer gemacht. Davon zeugen auch insgesamt neun Ausfälle, die Ferrari zu verkraften hatte. Zum Vergleich: Red Bull musste genauso wie Mercedes nur drei Mal frühzeitig abstellen. So ist eine Formel-1-WM nur schwer zu gewinnen.
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