Das denke ich schon. Dieser Sport zeigt auf, was mental und körperlich möglich ist. Die Fahrer sind gewohnt, mit Schmerzen umzugehen. Der normale Bürger würde bei diesen Verletzungen sechs bis acht Wochen auf der Couch sitzen.
Dürfen sich die Fahrer ganz einfach keine Verletzungspausen erlauben? Oliveira sollte beispielsweise sein Handgelenk drei Wochen lang schonen.
Es hängt immer von der Situation ab. Wo liegt der Fahrer in der WM-Wertung, wie ist seine Vertragssituation? Geht es um die WM oder die eigene Zukunft, dann fährt der Pilot Rennen und kann sich keine Zeit nehmen. Das ist wie bei einem saisonalen Geschäft im Winter, wo man in wenigen Monaten den Jahresumsatz macht und sich einfach keine Grippe leisten kann.
Wie weit ist Márquez nach seiner schweren Verletzung?
Körperlich bei 85 bis 90 Prozent, wie er selbst beziffert hat. In den eineinhalb Jahren Abstinenz hat sich die Honda nicht so entwickelt, wie er es bräuchte. Dennoch schafft er es immer wieder, bester Honda-Fahrer zu sein.
Valentino Rossi beendet nach dieser Saison seine Karriere. Wird Márquez nun der alleinige Botschafter der Sportart?
Also der Doktor wird noch in den nächsten Jahren der Botschafter der MotoGP bleiben, wenn er als Teamchef locker in der Boxengasse lehnt und dem Alex Hofmann vielleicht entspannt ein Interview gibt. Nach Rossi gibt es ein paar Kandidaten, vor allem rücken nun Fahrer einer coolen Generation nach. Márquez ist schon lange dabei und ist auch schon Botschafter.
Welche Lücke wird Rossi hinterlassen?
In einer Zeit, als die Welt noch anders tickte, hat er mit seiner lockeren Art, seinem lustigen Akzent in seinem Englisch und auch seiner spielerischen Art die Rennserie dominiert. Rossi hat die Tür aufgemacht und die MotoGP so richtig populär gemacht. Er hat diese breite Bühne bereitet, von der heute alle profitieren.
Hätten Sie sich jemals gedacht, dass die MotoGP ähnlich populär wird wie die Formel 1?
Ich habe es immer gehofft, als ich noch selbst gefahren bin. Damals war die Aufmerksamkeit vor allem in Deutschland nicht groß. Jetzt versuche ich als TV-Experte, die Faszination rüberzubringen, sodass daheim alle begeistert sind: Bub, Mädel, Mutter, Oma, einfach alle. Weltweit sind viele Länder verrückt nach MotoGP.
Sie sind auf höchstem Niveau gefahren. Hilft Ihnen das jetzt bei Ihrer Arbeit?
Es macht mir die Arbeit leichter. Viele, die sich über Google informieren, glauben, dass sie mitreden können. Wenn ich mich mit den Fahrern zum Interview hinstelle, dann wissen sie, dass ich weiß, wovon ich rede. Das wird ein Insider-Gespräch auf Augenhöhe. Die nächste Generation an Fahrern hat mich dann zwar nicht mehr aktiv auf der Rennstrecke gesehen, aber sie wissen, dass ich gefahren bin.
Sie haben die Seiten gewechselt und sind bei Ihrem Sport geblieben. Ein Privileg?
Ja, es gibt für mich keinen besseren Job. Ich werde bezahlt dafür, dass ich darüber rede, worüber ich ohnehin am liebsten spreche.
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