"Mit Neid lernt man umzugehen"

Vettel, der seinen Weg im Motorsport ohne große Geldgeber im Hintergrund fand, ist ein wahrer Glücksgriff für Red Bull und Besitzer Dietrich Mateschitz.
Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz über den Saisonstart der Formel 1, Erfolg, Genugtuung und sein Prestigeprojekt.

Er ist noch immer der Reichste der Republik. Dietrich Mateschitz, Gründer und Boss von Red Bull, hält laut kürzlich veröffentlichter Forbes-Liste bei 5,3 Milliarden Euro Privatvermögen. Der 67-Jährige, athletische Statur, sonnengebräunter Teint, herzliches Lachen, kommentiert solche Schätzungen prinzipiell nicht. Dafür weiß man, dass seinem Unternehmen die Verteidigung beider WM-Titel in der Formel l im Vorjahr 200 Millionen wert war.

Am Sonntag in einer Woche startet in Melbourne Mateschitz` erfolgreichstes Sportprojekt in die neue Saison, der österreichische Rennstall ist erneut Favorit. Zur schwächelnden Fußball-Abteilung in Salzburg sagt er nur so viel: "Dass noch vieles zu tun ist, ist klar. Wir wären nicht Red Bull, wenn wir nicht auch weiterhin an unseren nationalen und internationalen Zielerreichungen arbeiten würden."

KURIER: Herr Mateschitz, blickt man als Doppelweltmeister-Team entspannter dem Auftakt entgegen?
Dietrich Mateschitz: Ganz im Gegenteil: Weltmeister zu werden ist eines, Weltmeister bleiben, ein anderes. Viele sagen, dass es schwerer ist, die Spitze zu halten, als sie zu erreichen, und dies wollen wir diese Saison zum zweiten Mal versuchen. Das heißt für alle: von Entspannung ist keine Spur.

Zählt in der Formel 1 für Sie nur der Sieg?
Nicht nur in der Formel 1, das ist im gesamten Sportbereich so. Nicht umsonst sagt man, der Zweite ist der erste Verlierer. Persönlich vertrete ich diese Meinung nicht.

Ist es eine Genugtuung, große Autoschmieden wie Ferrari oder Mercedes vor sich herzutreiben?
Das trifft eher auf die Formulierung von Lewis Hamilton zu ("Nicht schlecht für einen Getränkehersteller", Anmerkung). Es aber Genugtuung zu nennen, würde vieles voraussetzen, was nicht zutrifft.

Stört es Sie, als Brause-Hersteller bezeichnet zu werden?
Mit Neid lernt man umzugehen, überhaupt wenn man in Österreich lebt. Wir dürfen uns von so etwas nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wir sind zweifelsohne ein Getränkehersteller, was nicht heißt, dass wir uns nicht auch in anderen Bereichen bewähren können.

 

Sebastian Vettel gilt als das leuchtende Beispiel der Talentförderung. Blickt man zurück, muss man sagen: Er ist die Ausnahme ...
Sebastian Vettels kommen nicht jedes Jahr auf die Welt. Jemand wie er wird immer eine Ausnahme sein. Wir haben aber auch schon andere Talente in die Formel 1 geführt.

Können Sie die Faszination verstehen, die von Teams wie Ferrari ausgeht?
Das sollte man nicht überbewerten. Auch von Red Bull geht ein hohes Maß an Faszination aus, kombiniert mit sehr hoher Loyalität. Wir haben beispielsweise in den letzten beiden Jahren nicht einen Mitarbeiter in einer Schlüsselfunktion verloren und Sie können sich denken, dass es an attraktiven Angeboten nicht gefehlt hat.

Red Bull ist seit erst 2005 als eigenständiges Team in der Formel 1. Es macht den Anschein, als sei Erfolg in der Formel 1 käuflich ...
Wenn es so wäre, wären Honda, Toyota, BMW, Mercedes Weltmeister, die allesamt höhere Budgets als wir hatten und haben.

Nun wird Red Bull vorgeworfen, nicht alle Ausgaben offengelegt bzw. die Kontrollen erschwert zu haben. Fürchtet Red Bull um sein Erfolgsrezept?
Dies wird uns schon lange nicht mehr vorgeworfen. Das Gerücht entstand durch eine Zeitungsente eines deutschen Journalisten, der die Bilanzen von Red Bull Technology und Red Bull Racing einfach zusammengezählt hat, nicht wissend, dass Red Bull Technology an Red Bull Racing liefert und daher Beträge nicht additiv zu sehen sind.

Red Bull ist vor wenigen Monaten aus der Teamvereinigung ausgestiegen. Nun droht ein Wettrüsten früherer Tage, das auf Kosten der kleinen Teams gehen wird.
Unser Austritt hat damit gar nichts zu tun und erfolgte aus völlig anderen Gründen. Primär, weil es zu keinerlei einstimmigen Beschlüssen kam, da erwartungsgemäß und verständlicherweise jedes Team nur seinen eigenen Vorteil im Auge hat und nichts und niemandem zustimmt, was gegen den eigenen und für den vermeintlichen Vorteil anderer sprechen würde. Das Wettrüsten hält sich in Grenzen. Wir sind noch nie mit geringeren Budgets gefahren als in den letzten Jahren.

Fällt es Ihnen schwer, große Entscheidungskompetenzen abzugeben?
Ganz und gar nicht. Und die wirklich wichtigen Entscheidungen werden ohnehin im Headquarter in Fuschl getroffen.

Was müsste passieren, dass Sie die Lust an der Formel 1 verlieren?
Das ist kaum denkbar, zumindest solange sich die Formel 1 in sportlich fairen Rahmenbedingungen bewegt, was, wie wir wissen, nicht immer der Fall war. Bei uns werden Entscheidungen prinzipiell analytisch, rational und nach deren Richtigkeit getroffen. Emotionen spielen dabei keine Rolle.

Das Air Race war eine Herzensangelegenheit von Ihnen und wurde vor zwei Jahren aus Logistik- und Sicherheitsgründen ausgesetzt. Wie schwer ist Ihnen das gefallen?
Nicht aus Logistik- und Sicherheitsgründen haben wir das Air Race ausgesetzt, sondern weil es in wesentlichen Bereichen, wie Host Cities, Ticketing, TV-Verträge und Sponsoring nicht professionell genug und entsprechend langfristig aufgestellt war. Dies versuchen wir gerade zu korrigieren und planen spätestens 2014 einen Neustart.

Würde es eigentlich Sinn machen, die Formel 1 auf Ihrem Haussender ServusTV kreisen zu lassen?
Nicht wirklich, da der Sender eine andere Positionierung hat.

Das Programm wird von vielen Seiten gelobt. Den Sporttalk sahen zuletzt 25.000 Österreicher. Spielt Quote für Sie eine Rolle?
Sie ist sicherlich nicht unwichtig, aber für uns wird immer Qualität vor Quote gehen.

Zur Person: Ein Steirer, der von Salzburg aus die Welt erobert hat

Leben
Dietrich Mateschitz wurde am 20. Mai 1944 in Sankt Marein (Steiermark) geboren und studierte Welthandel in Wien. Bei Jacobs Kaffee und Blendax war er im Marketing tätig. Sein Privatleben hält er von der Öffentlichkeit fern: Sein Hauptwohnsitz liegt in Salzburg, er hat einen Sohn (*1993).

Unternehmen

1984 gründete Mateschitz mit thailändischen Partnern die Red Bull GmbH, an der er heute 49 Prozent hält. 1987 wurde der Energydrink eingeführt. 2010 verkaufte der Konzern weltweit 4,2 Milliarden Dosen und steigerte dadurch den Umsatz um 15 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro.

Sport

Im Zuge des Marketingkonzepts gibt Red Bull jährlich ein Drittel des Jahresumsatzes für Sportsponsoring aus. So unterhält Mateschitz u. a. fünf Fußball-Klubs, zwei Teams in der Formel 1 und einen Eishockey-Verein. Zudem unterstützt das Unternehmen 700 Einzelsportler auf der ganzen Welt.

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