Denn im Vorfeld des Grand Prix der Niederlande am Sonntag (15 Uhr), dem Heimrennen des WM-Führenden, ist ein pikantes Video im Internet aufgetaucht. Es zeigt Verstappen in der Wahlheimat Monaco hinter dem Steuer seines Aston Martin Valkyrie – ein Supersportwagen, 150-mal gebaut, 1.155 PS stark und rund drei Millionen Euro teuer.
Dass man ein Auto dieser Kategorie ungern zögerlich entlang der Côte d’Azur lenkt, schon gar nicht als baldiger dreifacher Weltmeister, liegt irgendwie auf der Hand. Das kurze, aber rasante Video, aufgenommen vom Beifahrersitz aus, könnte Verstappen aber noch behördlichen Ärger einbringen.
Bemerkenswert ist das Filmchen insofern, da der 25-Jährige in der Regel nur sehr wenig von seinem Privatleben preisgibt. Im Gegensatz zu vielen seiner Formel-1-Kollegen ist Verstappen in der Öffentlichkeit weder ein politischer Kopf Marke Sebastian Vettel noch eine popkulturelle Figur à la Lewis Hamilton. Auch stellt er seine Person oder etwaige Investments nicht in die Auslage.
Für Verstappen zählt scheinbar nur eines: Der schnellste und direkte Weg ins Ziel.
Auch die neue, am 24. August auf Canal+ erschienene TV-Dokumentation „Max Verstappen: Anatomie eines Champions“ stellt in drei Teilen den Rennfahrer in den Mittelpunkt. Der Mensch Verstappen bleibt weiterhin ein Mysterium.
Vielleicht ist das Rätsel um seine Person auch schnell gelöst. Zumindest bekommt man diesen Eindruck, wenn man mit Weggefährten wie Red-Bull-Motorsportberater Helmut Marko spricht. Der Niederländer sei so bodenständig, uneitel und ehrlich wie nur wenige Stars im Formel-1-Kosmos. Eine der wenigen Extravaganzen, die sich Verstappen geleistet haben soll, ist der Rennsimulator in seinem Flieger (falls Sie sich nun vielleicht wundern: Der Privatjet gilt als Massenware in der Königsklasse).
Der fliegende Simulator dient auf langen Reisen zu und von den Grands Prix nicht nur der digitalen Belustigung, sondern auch dem humorlosen Trockentraining. Der ehemalige Doppelweltmeister Mika Häkkinen erkennt Parallelen zu Michael Schumacher: „Es war nicht nur sein Job, es war nicht nur ein Hobby, es war sein Lebensstil. Und das sehe ich auch in Max.“ Ex-Rennfahrer Johnny Herbert analysiert trockener: „Max wird besser als Lewis sein, Lewis war besser als Michael Schumacher und Schumacher war besser als Senna. Es entwickelt sich einfach.“
An der Entschlüsselung seiner Steuer-Kunst, die nach zehn Siegen in zwölf bisherigen Saisonrennen so eindrucksvoll wie spielerisch wirkt, haben sich viele Technik- und Rennexperten versucht. Man hat aus Verstappens Rennrunden Kurvendiskussionen gemacht. Man weiß zudem, dass er – anders als die meisten Piloten – eine stabile Vorderachse bevorzugt und dafür ein ausbrechendes Heck bei der kleinsten Unachtsamkeit in Kauf nimmt. Für viele eine Albtraumvorstellung.
Dennoch gibt der 45-fache Grand-Prix-Sieger sportlich immer noch Rätsel auf. Womöglich ist Verstappen tatsächlich das, was sie ihm seit Kindestagen hinterherrufen: ein Jahrhunderttalent. Womöglich sind seine Fertigkeiten wie bei vielen Ausnahmeerscheinungen mit reiner Physik nicht vollständig zu erklären. Auch sein Lebensstil gibt darauf keine Antworten. Er ist weder Fitnessjunkie, noch vertraut er einer strikten Ernährungsphilosophie.
Alles keine guten Nachrichten für seine Gegner, wie auch Johnny Herbert erklärt: „Ein schlechter Tag für Max hieß früher Zweiter. Jetzt hat er einen schlechten Tag und wird trotzdem Erster.“
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