Marko: "Kein Platz mehr für Fehler"

Marko: "Kein Platz mehr für Fehler"
Die Formel 1 kehrt aus der Sommerpause zurück. Helmut Marko, der Motorsportchef von Red Bull, fordert vollste Konzentration.

Er ist der mächtige Mann in der Motorsport-Welt von Red Bull. Helmut Marko, 69, entdeckt, fördert und feuert Talente. Das Formel-1-Team des österreichischen Konzerns dirigierte der Steirer aus dem Hintergrund an die Weltspitze. Seit zwei Jahren ist der Rennstall um Doppelweltmeister Sebastian Vettel das Maß der Dinge in der bedeutendsten Rennserie des Planeten.

Die zweite Titelverteidigung in Folge wird zur bisher härtesten Mission, vor allem Ferrari-Chefpilot Fernando Alonso zeigt sich in exzellenter Verfassung. Mit dem Grand Prix von Belgien endet am Sonntag die Sommerpause und beginnt das letzte Saisondrittel.

KURIER: Herr Marko, die Sommerpause geht zu Ende. In den Fabriken wurde für das letzte Saisondrittel getüftelt. Wie groß ist die Nervosität vor der ersten Ausfahrt der Boliden am Freitag?
Helmut Marko: Nervosität ist das falsche Wort. Einige Ihrer Kollegen haben ausgerechnet, dass wir über die gesamte bisherige Saison das schnellste Auto hatten. Das ist nicht das schlechteste Zeichen. In erster Linie schauen wir auf uns, das ist tagfüllend. Aber keine Sorge: Wir verlieren unsere Konkurrenten nicht aus dem Blickfeld.

War eine so ausgeglichene Saison abzusehen?

Das konnte niemand erahnen – nicht einmal die besten Analysten. Die ersten Zehn trennen oft nur wenige Zehntelsekunden. Da ist kein Platz mehr für Fehler.

Liegt das nicht auch am immer enger werdenden technischen Reglement? Wie viel Spielraum ist den Ingenieuren geblieben?
Die Grauzonen des Reglements lichten sich allmählich. Der angeblasene Diffusor war eine geniale Erfindung unserer Ingenieure. Mittlerweile ist er verboten. Der technische Wettstreit wird zusehends in den Hintergrund gerückt. Wir verstehen das allerdings als Herausforderung und Kernelement der Formel 1.

Red Bull war öfter zu Umbauten des Autos gezwungen als alle anderen Teams. Fühlen Sie sich benachteiligt?
Dem Reglement sitzen die 50 besten Ingenieure der Welt gegenüber. Da lässt sich der eine oder andere Konflikt kaum vermeiden. Den Weltmeister beobachtet man besonders genau. Das ist wohl das Schicksal des Besten. Wir haben bewiesen, dass wir gut sind im Finden von Grauzonen.

Red Bull ist nun in der Rolle des Jägers. Eine Schwächephase darf man sich kaum noch leisten. Wie groß ist der Druck?
Uns ist bewusst, dass wir fortan vernünftige Rennresultate liefern müssen. Der Rückstand sieht mit dem neuen Punkteschlüssel vielleicht groß aus, ist aber nicht ganz so dramatisch.

2010 hatte Red Bull in einer ähnlich engen Entscheidung die Nase vorn. Zählt diese Gewissheit etwas?
Eigentlich zählt schon das letzte Rennen nichts mehr. Aber es kann auch kein Fehler sein, wenn das gesamte Team weiß, wie man Titel gewinnt.

Was haben Ferrari und Alonso bisher besser gemacht? Ist es die Konzentration auf nur einen Fahrer?
Ich glaube nicht, dass es eine freiwillige Bündelung der Kräfte ist. Massa steht das gleiche Auto zur Verfügung, nur ist er nicht imstande, es zu nutzen. Alonso ist die letzten 23 Rennen in die Punkteränge gefahren. Das ist eine exzellente Quote.

Welche Rolle spielt dabei das Glück?

Das ist ein Begriff, der uns in der Formel 1 fremd ist. Wir streben die Planbarkeit des Erfolgs an. Aber es stimmt: Gewisse Umstände müssen einfach zusammenpassen. Das war bei unseren Fahrern bisher nicht immer der Fall. Aber wir haben auch Fehler gemacht, den einen oder anderen am Start etwa.

Red Bull hat als einziges Team beide Fahrer im WM-Kampf gehalten. Da werden Erinnerungen an das überharte Duell zwischen Vettel und Webber 2010 wach. Hat sich der Umgang der beiden seitdem verändert?
2010 war geprägt vom Crash in Istanbul und der leidigen Flügeldiskussion in Silverstone. Da sind viele entbehrliche Sätze gefallen. Aber die beiden und das Team sind reifer und souveräner geworden. Sie müssen nicht gemeinsam zu Abend essen, aber sie wissen, wo die Grenzen sind. Ich schließe ein ähnliches Szenario wie 2010 aus.

Red Bull ist das einzige Top-Team, bei dem die Fahrerpaarung für 2013 steht. Ein Vorteil für das Finish?
Wir haben für uns untypisch – aber bewusst – bereits vor dem Sommer alles geklärt. Es gab viele Gerüchte im Fahrerlager, daher wollten wir das Team stabilisieren und Mark Webber unser Vertrauen geben.

Zur Person: Der eilige Doktor

Marko: "Kein Platz mehr für Fehler"

Helmut Marko (* 27. April 1943 in Graz) war Schulkollege und Freund von Jochen Rindt. 1971 gewann der promovierte Jurist die 24 Stunden von Le Mans. Ein Jahr später beendete ein Rennunfall, bei dem er ein Auge verlor, seine Karriere. Seit den 90er-Jahren ist der Hotelier Motorsport-Berater bei Red Bull. Er entdeckte u.a. Juan Pablo Montoya und Sebastian Vettel.

 

Zur WM: Zwei Red Bull jagen Alonso

Grand Prix von Belgien in Spa, Freitag: Training (10 bzw. 14 Uhr). – Samstag: Qualifying (14). – Sonntag: Das Rennen (14). Sa. und So. live ORFeins, RTL und Sky .
Fahrer-WM 1. Alonso (Sp) Ferrari 164 Punkte, 2. Webber (Aus) Red Bull 124, 3. Vettel (D) Red Bull 122, 4. Hamilton (Eng) McLaren 117.

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