Kraihamer: "Das ist purer Motorsport"

Rasant: Seit 2014 dreht der Österreicher Dominik Kraihamer für das Schweizer Team Rebellion Racing seine Runden in der WEC.
Seit 2009 startet der 25-jährige Dominik Kraihamer auf der Langstrecke, in Le Mans ist er zum 5. Mal dabei.

Eigentlich wäre Dominik Kraihamer an diesem Samstag lieber anderswo als in Wien. Viel lieber wäre der 25-jährige Salzburger in Belgien auf der Rennstrecke von Spa unterwegs, wo das zweite Sechs-Stunden-Rennen der Langstrecken-Saison stattfindet (Start 14.30 Uhr/live ORF Sport+). Doch weil sein Le-Mans-Bolide nach einem Motorenwechsel noch nicht einsatzfähig ist, muss Kraihamer mit der Zuschauerrolle vorlieb nehmen – und mit jener des TV-Kommentators. „Das ist schon hart“, sagt der WU-Student, der nach Anfängen im Kart- und GT-Sport seit 2009 auf der Langstrecke unterwegs ist. Seit 2014 startet er für das Schweizer Team Rebellion in der höchsten Klasse (LMP1). Beim Saisonhöhepunkt, den 24 Stunden von Le Mans im Juni, soll dann wieder Schluss sein mit der Zuschauerrolle.

KURIER: Das Interesse an der Langstrecken-Serie ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Bemerken Sie das als Fahrer?
Dominik Kraihamer:
Auf jeden Fall. Auch das Interesse von Fahrerseite wird größer. Da werden sicher noch einige bekannte Namen dazukommen in Zukunft wie Fernando Alonso oder Jenson Button. Dass die Langstrecke ein Riesenpotenzial hat, darin sind sich alle einig. Die Szene holt auf, auch weil in der Formel 1 einige Dinge nicht so rund laufen.

Kraihamer: "Das ist purer Motorsport"
Dominik Kraihamer, honorarfrei
Inwiefern unterscheidet sich die Langstrecken-Welt vom Glamour-Zirkus der Formel 1?
Für mich ist die Langstrecke viel familiärer, viel offener dem Zuschauer gegenüber. Bei der Formel 1 wird versucht, die Zuschauer vom Fahrerlager wegzuhalten. Da ist sehr viel Schein mit dabei, so viele mediale und politische Aktionen. So etwas hast du in der WEC (Anm.: World Endurance Championship) im Vergleich gar nicht. In Le Mans können Fans relativ leicht mit uns Fahrern sprechen. Es ist purer, mehr Motorsport. Und technisch gesehen hat die Langstrecke die Formel 1 schon überholt.

Welche Rolle spielen Sponsorgelder bei der Vergabe von Cockpits in der Langstrecke?
Wenn ein Team der Meinung ist, dass du keine gute Leistung bringst, dann kannst du noch so viel Budget haben. Und im Werksteam bringst du ja sowieso keinen Sponsor mit. Womit ich nicht sagen will, dass es in der Formel 1 keine super Fahrer gibt. Wenn du in der LMP1 alle Fahrer in das gleiche Auto setzt, hast du sehr geringe Zeitunterschiede. Da ist es sehr schwierig aufzufallen. Du fällst zehn Mal schneller negativ auf als positiv.

Sie teilen Ihr Cockpit mit zwei Kollegen. Wie wichtig ist es da, dass man sich gut versteht?
Langstreckensport ist Teamsport. Gerade weil du dein Cockpit teilst, musst du Kompromisse eingehen in Bezug auf Sitzposition, Pedale, Bedienungselemente. Vor allem ich als Großer (Anm.: 1,87 Meter) muss zurückstecken. Aber du lernst, dich auf den anderen einzustellen. Das muss harmonisch sein, sonst kannst du es lassen.

Welche Rolle spielt körperliche Fitness in einem Rennen, das über 24 Stunden geht?
Eine sehr große Rolle. Für den Zuschauer schaut das alles super-leicht aus, als ob das Auto auf Schienen fahren würde. Aber wenn du eine Onboard-Kamera hast, siehst du, dass wir da werken wie ein Hochseesegler. Da wirken auch permanent Kräfte, die an die vier g gehen.

Vor zwei Jahren ist der Däne Allan Simonsen in Le Mans tödlich verunglückt. Was ging Ihnen damals durch den Kopf, als Sie in das Rennauto gestiegen sind?
Allan ist mit 170 km/h eingeschlagen und gestorben. Ich bin zwei Wochen davor in Le Mans mit 237 km/h eingeschlagen und fast unverletzt ausgestiegen. Ich habe daran gedacht, welches Glück ich gehabt habe und mich kurz gefragt: Willst du es jetzt wirklich noch einmal darauf anlegen? Aber zurückziehen darfst du nicht. Gesunder Respekt ist wichtig, Angst darfst du niemals haben, sonst kannst du gleich aussteigen.

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