Formel 1: Vorwärts in die Vergangenheit
"Das letzte Auto, das gebaut werden wird, wird ein Sportwagen sein." Ferry Porsche
1:17,182 Minuten. So schnell kann die Formel 1 gar nicht unterwegs sein, dass sie der Vergangenheit entkommt. Als Sebastian Vettel mit seinem Ferrari am Donnerstag, dem vorletzten Testtag für die neue Saison, mit einer Fabelzeit für einen Streckenrekord auf dem Circuit de Catalunya sorgte, wurde der Deutsche dennoch eingeholt. Von der guten, alten Zeit.
Zwei riesige Plakate zierten die Haupttribüne. Auf dem einen war zu lesen: "Michael forever", auf dem anderen: "Forza Robert". Während der eine (Schumacher) nach seinem Skiunfall abgeschottet und glorifiziert wird, gibt der andere (Kubica) nach seinem folgenschweren Rallye-Abenteuer 2011 zumindest als Testfahrer bei Williams ein Comeback.
Kubica, vor zehn Jahre eines der größten Talente der Königsklasse, verkörpert wie kein zweiter Pilot im Fahrerlager die Sehnsucht der Rennsportfans nach Wagemut und Nervenkitzel.
"Wie ein Bus"
Der Pole sitzt im Motorhome von Williams, Kameras sind auf sein Gesicht gerichtet – und auf seine rechte Hand. Seit dem Unfall ist sie verkümmert und fast gefühllos.
Kubica berichtet von seinen ersten Ausfahrten mit den Hybrid-Rennwagen der neuesten Generation. "Die Autos sind mindestens 60 Kilo zu schwer. In langsamen Kurven fühlt sich das Auto träge wie ein Bus an. Bei schnellen Richtungswechseln fehlt ihm die Wendigkeit", sagt er. Die ganzen Rennen seien vorausberechnet, und zwar von den Ingenieuren in der Box: "Mir hat früher keiner gesagt, wann und wo ich bremsen oder in welcher Kurve ich schneller fahren soll. Ich sehe keinen Grund, warum man mit diesen Autos Instruktionen von der Box braucht. Ein guter Fahrer sollte alles selbst kontrollieren können."
Mit der Kritik steht Kubica nicht alleine da. Die von den Autobauern im Jahr 2014 forcierten Hybrid-Antriebe gelten als Wunderwerke der Ingenieurskunst, sind aber dementsprechend komplex. Nicht selten entscheidet über Sieg und Niederlage, wer mehr Treibstoff gespart hat oder sorgsamer mit den Reifen umgegangen ist.
Klingt unspektakulär, ist es auch. Wer Verwegenheit sucht, wird bei Mercedes fündig. Dort trifft man Teamaufsichtsrat Niki Lauda, der durch die Fensterscheibe im Minutentakt von Jung und Alt fotografiert wird. "Der Grund, warum mich die Taxifahrer in New York kennen und um ein Autogramm bitten, ist nicht nur, dass ich Weltmeister war, sondern dass ich eben auch ein paar Minuten zu lange im Feuer gesessen bin."
Sein Landsmann Toto Wolff, der Motorsportchef von Mercedes, ist überzeugt: "Die Formel 1 ist unerreicht. Natürlich muss unser Sport unterhalten, aber ein Hollywood-Spektakel wäre der falsche Weg." Die Aussage ist auch an die neuen Eigentümer der Formel 1 gerichtet.
Der US-Medienkonzern Liberty probiert gerade einiges aus, verlegt Startzeiten; lässt Fernsehverträge auslaufen und bietet stattdessen einen eigenen Streamingdienst an; plant Schauläufe (Berlin, Marseille, Schanghai) sowie neue Rennen. 2019 soll die Formel 1 in den Städten Miami und Hanoi kreisen. Das ist auch als Kampfansage an die Formel E zu verstehen.
"Wie ein Start-up"
Die vollelektrische Rennserie, die in dieser Woche am Genfer Autosalon den künftigen Boliden präsentiert hat, tritt in Metropolen an. Die futuristisch anmutenden Wagen werden ab der kommenden Saison erstmals eine Renndistanz mit einer Batterieladung absolvieren können. Derzeit ist noch ein Autotausch zur Rennmitte nötig.
In den kommenden beiden Jahren erhält die Serie namhaften Zuwachs: Mercedes, BMW, Porsche und Nissan stehen bald unter Strom. "Die Formel E ist ein Start-up", sagt Toto Wolff, "sie kann durch die Decke gehen und die Motorsportwelt verändern. Die Formel 1 bleibt aber das Premiumprodukt."
Nur wie lange noch?
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