Formel-1-Star Bottas: „Glamour? Könnte mir nicht egaler sein“
17 von 21 Rennen im Jahr 2018 beendete Lewis Hamilton vor seinem Teamkollegen Valtteri Bottas. Die Hierarchie bei Mercedes schien klar vor der Saison 2019. Und dennoch ist es Bottas, der am Sonntag als Favorit in den Großen Preis von Spanien (15.10 Uhr) startet. Wie sich der 29-jährige Finne neu erfunden hat, erklärt er im KURIER-Gespräch.
KURIER: Herr Bottas, sind Sie im dritten Jahr bei Mercedes endlich richtig angekommen?
Valtteri Bottas: Der Teamspirit wird mit Sicherheit besser, wenn man länger zusammen ist und einander besser kennt. Natürlich ist es jetzt gerade ein bisschen angenehmer für mich als in der Vergangenheit.
Was haben Sie nach der sieglosen Saison 2018 verändert?
Ich habe einiges geändert, nicht nur den Bart (lacht). In diesem Sport sind Details einfach alles. Du musst an dir und deinen Schwächen permanent arbeiten.
Wo lagen Ihre Schwächen?
Der größte Unterschied betrifft sicher meine Einstellung. An der Spitze der Formel 1 entscheidet weniger die Physis, sondern der Kopf über Sieg oder Niederlage.
Arbeiten Sie wie viele Ihrer Kollegen mit einem Mentaltrainer, um mit dem Druck umgehen zu können?
Die Notwendigkeit eines Mentalcoaches sehe ich nicht. Ich kenne mich selbst am besten. Außerdem spüre ich keinen Druck. Es fühlt sich gerade so an, dass ein Traum wahr wird. Ich kämpfe um die Weltmeisterschaft und spüre, dass es mein Jahr ist.
Gab es 2018 einen Wendepunkt, an dem Sie erkannt haben, etwas ändern zu müssen?
Das Saisonende war psychisch sehr schwierig für mich. Es ist für einen Rennfahrer nicht einfach zu akzeptieren, dass man keine Chance mehr hat auf die Weltmeisterschaft. Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich wieder gut zu fühlen.
Hatten Sie anfangs zu viel Respekt vor Lewis Hamilton und dem Mercedes-Team?
Du musst schon Respekt haben in diesem Sport. Ohne ein Team kannst du nie Weltmeister werden. Auf der anderen Seite ist es wichtig in der Formel 1, dir einen gewissen Egoismus zu bewahren, um die Chancen zu nutzen, wenn sie sich dir bieten.
Was macht Mercedes so stark?
Wir sind in der Lage, über ein gesamtes Wochenende besser zu performen. Wir haben nicht mehr das alles dominierende Auto, also müssen wir uns in jedem kleinen Bereich einen Vorteil verschaffen. Es ist beeindruckend, wie das Team als Ganzes arbeitet. Niemand denkt, dass wir schon Legenden sind, auch wenn vielleicht in den vergangenen Jahren die Versuchung da gewesen wäre. Uns ist bewusst, dass alle nur darauf warten, uns in Grund und Boden fahren zu können.
Ist Selbstbewusstsein ein Schlüssel zum Erfolg?
Es ist sicher eine Stärke, zu wissen, was es braucht, um Weltmeisterschaften zu gewinnen. Gleichzeitig benötigst du auch diesen Hunger nach Erfolg. Nicht einfach, diese Balance bei 1.500 Mitarbeitern zu finden.
Glauben Sie, dass sich die Harmonie zwischen Hamilton und Ihnen ändern wird?
Je enger es gegen Saisonende zwischen uns beiden wird, desto heikler wird es. Aber wir sind beide erwachsene Männer, die es jedoch hassen, zu verlieren.
Beim letzten Rennen in Baku meinte Hamilton, er sei im Zweikampf zu nett gewesen ...
Wir beide waren in Baku sehr fair. Ich hätte genauso gut aggressiver sein und sein Rennen womöglich zerstören können.
Während Hamilton das Rampenlicht genießt, scheinen Sie ein anderer Typ zu sein. Wie glamourös ist Ihr Leben?
Glamour? Der könnte mir nicht egaler sein. Ich fahre Rennen gegen die besten Piloten der Welt, und ich weiß, was rundherum bei einem Grand Prix geschieht. Aber, ehrlich, das ist nicht meine Welt.
Dennoch sind Sie nach Monaco gezogen. Warum?
Es ist ein schöner Ort zum Leben. Ich bin aber auch immer froh, wenn ich schnell wieder in der Heimat in Nastola bin. Meine Familie lebt dort, ich habe sie erst letzte Woche wieder besucht. Ich habe selbst ein kleines Haus am See. Natürlich werde ich mittlerweile erkannt, wenn auf den Markt gehe. Aber das Aufsehen hält sich in Grenzen. Was das betrifft, ist Monaco ein perfekter Ort.
Warum?
Die Leute sind an Prominenz gewöhnt. Ich bin dort keine Attraktion. Dennoch ist Finnland für mich persönlich sehr wichtig.
Was meinen Sie damit?
Es ist der perfekte Kontrast. Ich brauche manchmal die Wildnis und die Stille. Es gibt Tage, an denen ist mein einziger Kontakt mein Hund. Ich fühle mich sehr wohl als einsamer Wolf.
- Zur Person
Valtteri Bottas wurde am 28. August 1989 in Nastola, 20 Kilometer östlich von Lahti, geboren. Er kam über die Formel Renault und Formel 3 zu Williams, wo er 2013 Stammfahrer in der Formel 1 wurde. Gemanagt vom heutigen Mercedes-Teamchef Toto Wolff aus Wien, wechselte er nach der Saison 2016 als Ersatz für den zurückgetretenen Weltmeister Nico Rosberg zu den Silberpfeilen. In seiner Debütsaison gelangen ihm drei Grand-Prix-Siege, aktuell hält er bei fünf Erfolgen. Bottas ist verheiratet mit der finnischen Olympia-Schwimmerin Emilia Bottas (vormals Pikkarainen). Das Paar lebt in Monaco und Finnland.
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