Causa Horner betrifft nicht nur Red Bull, sondern die gesamte Formel 1
Die Affäre rund um den Teamchef von Red Bull erfasst die gesamte Rennserie. Die Aufarbeitung wird zum Desaster, die betroffene Mitarbeiterin wurde suspendiert.
Es war natürlich nicht zufällig gewählt, dass die Frauen-Motorsportserie "F1 Academy" ausgerechnet an diesem Freitag, dem Weltfrauentag, in Saudi-Arabien in die neue Saison startet.
Nun, kurz vor dem Auftakt, lässt sich jedoch sagen: Es kann kaum einen schlechteren Zeitpunkt geben für eines der Prestigeprojekte der Formel 1, das in seinem zweiten Jahr nun auch die offizielle Unterstützung der zehn Rennställe genießt und Frauen den Zugang zum Rennsport ermöglichen soll
Derzeit sorgt die Affäre um Red-Bull-Teamchef Christian Horner für internationale Schlagzeilen - und zwar nicht nur in den Sportrubriken der Medienhäuser.
Es geht dabei um Grenzüberschreitungen des britischen Topmanagers gegenüber einer engen Mitarbeiterin. Die MeToo-Debatten aus aller Welt und Branchen lassen grüßen, wenngleich viele Details in der Causa noch im Dunkeln liegen - und aufgrund von Opferschutz sowie der Wahrung der höchstpersönlichen Lebensbereiche womöglich nie vollständig an die Öffentlichkeit gelangen werden.
Betroffene wurde nun von Red Bull suspendiert
Schlimmer als etwaige Verfehlungen eines Einzelnen, die der Betroffene bis heute bestreitet (eine interne Untersuchung hat Horner zudem entlastet), ist aber wieder einmal die Tatsache, wie schwer einer milliardenschweren Industrie die Aufarbeitung eines Skandals fällt, der von innen heraus erwachsen ist und längst weitreichende Ausmaße angenommen hat.
Ins Bild passt, dass am Donnerstag vermeldet wurde, die betroffene Mitarbeiterin sei von Red Bull suspendiert worden. Eine Erklärung hierfür blieb aus.
Die Formel 1 hat in den vergangenen Jahren Vieles richtig gemacht, vor allem auch abseits der Rennstrecke. Nun aber drohen die Verantwortlichen im Umgang mit der Causa die glänzende Zukunft aufs Spiel zu setzen.
Es ist ein wichtiger Moment für den Sport, um zu zeigen, dass wir zu unseren Werten stehen"
von Lewis Hamilton
zur Causa Horner
Lewis Hamilton, der seit vielen Jahren als Mahner und Sprachrohr der Formel 1 auftritt, hatte einen Punkt getroffen, als er kürzlich sagte: "Es ist ein wichtiger Moment für den Sport, um zu zeigen, dass wir zu unseren Werten stehen." Kampf gegen Rassismus und für Inklusion sowie Vielfalt - das sind nicht nur die Zukunftsthemen des siebenfachen Weltmeisters.
Mehr als nur ein Sport sein, auch abseits von all dem Glamour gesellschaftsrelevante Themen besetzen - das war die selbst gewählte Erfolgsformel einer zuvor fast schon zum Auslaufmodell erklärten Sportart. Das Resultat war ein noch nie Dagewesenes Wachstum rund um den Globus und quer durch viele Gesellschaftsschichten. Nun gilt es auch im Krisenfall dafür einzustehen.
Der Fall Horner ist tatsächlich nicht mehr nur eine Angelegenheit von Red Bull, wenngleich sich das Thema für den erfolgsverwöhnten und PR-erprobten Riesenkonzern zum medialen Desaster auswächst.
Man muss und soll freilich aus vielen richtigen und wichtigen Gründen nicht alles öffentlich machen, was aufgearbeitet wird, man kann aber dennoch transparent kommunizieren. Das Gegenteil ist aktuell Fall, was zur Folge hat, dass in der aufgeheizten und undurchsichtigen Gemengelage täglich nur noch weitere Gerüchte gestreut und Aussagen gegeneinander ausgespielt werden.
Der Weltverband FIA hat ein weiteres Problem
Dass sich der Weltverband FIA, die zweite zentrale Instanz in der Formel 1 neben den Rechteinhabern aus den USA, derzeit ebenfalls mit einer heiklen Causa an anderer Front konfrontiert sieht, hilft natürlich nicht beim Bündeln der Kräfte. Die Untersuchungen gegen den FIA-Präsidenten wegen illegaler Einflussnahme auf das Renngeschehen dürfen dennoch kein Hindernis sein bei der Aufarbeitung.
Das künftige Handeln aller Beteiligten wird Symbolkraft haben für die gesamte Branche, die es gewohnt ist, unter Druck zu Höchstleistungen fähig zu sein. Dabei geht es um nichts Geringeres als die Frage, was man im Kern ist - tatsächlich mehr als eine Sportart oder doch nur ein berechnendes Business, in dem nur Show und Gage relevant sind?
(kurier.at, pa)
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Aktualisiert am 07.03.2024, 15:47
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