Vor rund einem Jahrzehnt buhlten noch Vereine und Verbände um die Gunst und das Geld aus der Volksrepublik. Mehrmals jährlich blickte die Sportwelt zu mehr oder weniger bedeutenden Veranstaltungen in das Land mit mehr als einer Milliarde Einwohnern.
Dass damit vorerst Schluss ist, hat nicht nur mit den Folgen der Pandemie zu tun. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Erde hatte zuletzt härtere Maßnahmen ergriffen, um die von Peking formulierten Ziele in der Weltpolitik zu erreichen. In Soft Power, also der globalen Machtausübung durch sportliche und kulturelle Aktivitäten, übten sich stattdessen gekonnt andere Staaten, vorwiegend aus dem arabischen Raum.
Im Fußball ist und bleibt China ein Zwerg
Mit den sportlichen Summen, die Saudi-Arabien und Katar ins Rennen schickten, konnte und wollte China nicht mithalten. Die jüngsten Bilanzen stärkten die Strategie. Die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking verschlangen Milliarden, blieben aber dennoch eher farblos. Immerhin schloss das Land die Heimspiele auf dem ungewohnten, winterlichen Terrain auf Rang drei im Medaillenspiegel ab.
Von solchen Erfolgen ist man im Weltsport Nummer eins noch immer meilenweit entfernt. Als der heutige Staatspräsident Xi Jinping, ein ausgewiesener Fußball-Fan im Jahr 2011, seine Ziele für das Spiel mit dem runden Leder formulierte, klang das wie eine Drohung an den Rest der Fußballwelt. Die nächste WM-Teilnahme dürfe nur noch eine Frage der Zeit sein für sein Land, das bald selbst die Endrunde ausrichten möchte, um irgendwann selbst den WM-Titel ins Reich der Mitte zu holen.
In der Qualifikation für die jüngste Weltmeisterschaft 2022 scheiterte China wie bei noch jeder seit 2002 – und das mit einem Sieg aus zehn Spielen kläglich. Bei der Asienmeisterschaft im Jänner 2024 erwies sich in der Vorrunde Tadschikistan als eine Nummer zu groß.
Der Anspruch, 2030 die stärkste Fußball-Nation in Asien zu sein, scheint kaum realisierbar. Die Strategie, mit teuren Altstars aus Europa und Südamerika die Chinese Super League populärer und besser zu machen, ist Geschichte. Im Wintertransferfernster 2015/2016 noch gab die Liga mit 400 Millionen Dollar für neue Spieler mehr ausgegeben als jede andere Liga der Welt.
Als der Klub Shanghai SIPG in dieser Zeit den aufstrebenden Brasilianer Oscar von Chelsea um 60 Millionen abwarb, warnte der Trainer Londoner, Antonio Conte, "alle Klubs der Welt" vor einer chinesischen Bedrohung. Tatsächlich schien damals Geld abgeschafft bei den Klubs der Chinese Super League, deren Mehrheit im Besitz von nationalen Immobilienentwicklern war. Der berühmteste (und reichste) hieß Evergrande, dessen Klub aus Guangzhou zwischen 2011und 2019 nur einmal nicht Meister wurde. Nachdem der Konzern 2021 in die Zahlungsunfähigkeit schlitterte, ging es auch mit den Fußballern bergab. Im Vorjahr stieg man in die zweite Liga ab.
Chinas Meister vs. Red Bull Salzburg
Mittlerweile ist dank nationaler Steuern auf Transfers und einer Budgetobergrenze für die Klubs ein neuer Realismus in die Liga eingekehrt. In der laufenden Saison hingegen kam die wertvollste Startelf von Meister Shanghai Port auf einen Marktwert von lediglich 15 Millionen Euro. Zum Vergleich: Die Marktwerte der elf wertvollsten Profis von Red Bull Salzburg summierten sich heuer schon einmal auf 129 Millionen.
Längst liegt der Fokus auf der Ausbildung der eigenen Talente. Und hier zeigt China, wozu es Kraft des Zentralstaats imstande ist. Bis zum Jahr 2025 soll es im ganzen Land 50.000 Fußballschulen geben.
Und bis die Nachwuchshoffnungen den Teamsport auf die Sprünge helfen, gilt es auf die Individualisten zu setzen. Bei den Olympischen Sommerspielen in Paris im Sommer nimmt China Rang eins im Medaillenspiegel ins Visier. Bei der letzten Ausgabe in Tokio hatten nur zwei Goldmedaillen auf die USA und die Spitzenposition gefehlt.
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