Legende des Sportjournalismus: Sigi Bergmann ist tot

Legende des Sportjournalismus: Sigi Bergmann ist tot
Boxen, Rodeln, Tosca. Der Moderator und Kommentator und ausgesprochene Kulturliebhaber wurde 84 Jahre alt.

Sigi Bergmann ist im Alter von 84 Jahren in Klagenfurt gestorben. Das meldet die österreichische Vereinigung der Sportjournalistinnen und Sportjournalisten. Er sei in der Nacht auf Dienstag im 85. Lebensjahr in seinem Zweitwohnsitz bei Klagenfurt "friedlich entschlafen". Noch vor Wochen habe er im Journalistenkreis erzählt, er halte sich fit und mache täglich mindestens 15.000 Schritte.

Bergmann hat den Journalismus geprägt, vor allem den Sportjournalismus. 1968 wurde er beim ORF angestellt, mehr als 40 Jahre war er dort tätig. "Sport am Montag" war sein Kind. Von Februar 1975 bis März 1992 moderierte er die Sendung, die sich nicht ausschließlich um den Sport drehte. "Ich wollte ja eigentlich Opernsänger werden", sagte er dem KURIER. "Aber was ich gemacht habe, kann auch eine künstlerische Arbeit sein. Das Interesse für Kultur habe ich in meine Sendungen einfließen lassen", sagte der Opernliebhaber. Sogar Plácido Domingo und José Carreras hatten in der Sendung ihre Auftritte. "Als Orsolics k.o. gegangen ist, habe ich die Todesmusik aus ,Tosca‘ gespielt."

An die 3.500 Boxkämpfe hat Bergmann im ORF moderiert und kommentiert. Kein anderer deutschsprachiger Sportjournalist kann das von sich behaupten. Darunter waren auch alle großen Kämpfe seines großen Idols: Muhammad Ali.

Als Journalist hat Sigi Bergmann auch unglaubliche 20 Olympische Spiele begleitet, tausende Geschichten von dort erzählt. Am liebsten erzählte Bergmann über die Boxer, doch auch in etlichen anderen Sportarten war der Steirer Experte. So manch eine Story klang fast zu gut, um wahr zu sein. Doch Geschichten erfinden, "das würde ich nie tun. Das wäre nicht im Sinne des Journalismus", sagte Bergmann einst zum KURIER.

Es sind viele Erinnerungen, die er hatte. Olympische Erinnerungen. Auch welche von Winterspielen. Den Rodlern galt all seine Sympathie. "Ich war immer auf der Seite der Verlierer. Deshalb war ich auch immer für die Rodler, die so aufopfernd gekämpft haben. Wir hatten da eine Million Zuschauer im ORF."

Blut und Lächeln

Die schönste Erinnerung war für Bergmann jene an die Olympischen Spiele in Seoul 1988: Der damals 50-jährige Kommentator und die 17-jährige Tochter Elisabeth, Olympia-Teilnehmerin in der Rhythmischen Sportgymnastik. "Ich habe damals genau am Boxring kommentiert, und am Monitor habe ich mir meine Tochter angeschaut. Vor mir haben sich zwei Berserker geprügelt, das Blut ist gespritzt. Und ich habe ein seliges Lächeln im Gesicht gehabt."

Abgesehen davon hatte Österreich einen Schwergewichtsboxer am Start. Als Biko Botowamungo in der ersten Runde gegen den späteren Schwergewichtsweltmeister Riddick Bowe k.o. ging, kommentierte Bergmann kurz und knapp: "Biko. Aus."

Schon damals war Diabetes ein ständiger Begleiter, von den Messungen des Blutzuckerspiegels sind seine Fingerkuppen zerstochen. "Seit Jahren ist das Insulin mein Lebensretter." Manchmal, wenn es sein muss, spritzte er sich die Substanz sogar, während er einen Kampf moderierte.

Kampf gegen das Verblöden

Das Moderieren zehrte an den Kräften Bergmanns. Und doch tat er es bis ins hohe Alter. Warum?

"Weil ich in meinem Alter einen ständigen Kampf gegen das Verblöden führe. Ich möchte mich nicht gehen lassen. Es ist gut, sich noch einmal einem Zwang zu unterwerfen." Außerdem hatte er viel von der Welt gesehen, Sigi Bergmann war allein 20 Mal in Las Vegas. "Aber nicht, weil ich ein Gambler bin. Nur wegen der Boxer."

"Wimpernschlag einer Libelle"

Bekannt war der Reporter für seine pointierten Sprüche. "Da sehen Sie, was für eine saubere Sportart das Boxen ist. Haben Sie schon einmal gesehen, dass ein Fußball-Schiedsrichter einem Spieler die Nase putzt?", meinte Bergmann etwa 2008 bei den Sommerspielen in Peking, als der Ringrichter einem Boxer die blutende Nase abwischte.

Als Österreichs einstiger Paraderodler Markus Prock bei Olympia um lächerliche 13 Tausendstelsekunden die Goldmedaille verpasst hatte, meinte Bergmann, das sei nicht einmal der "Wimpernschlag einer Libelle". Ein Biologe kritisierte danach, dass Libellen keine Wimpern hätten.

Und vom Fürstentum Monaco gab es sogar eine offizielle Protestnote, weil Bergmann einen glimpflich verlaufenen Unfall des Viererbobs mit Prinz Albert scherzhaft als "Prinzenrolle" bezeichnet hatte.

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