Als Elnaz Rekabi im Finale der Asienmeisterschaft ohne Kopftuch für den Iran antrat, wusste sie, dass sie damit ihr Leben riskiert. Stunden später, noch während ihre Bilder viral gingen, wurden ihr Reisepass und Handy abgenommen. Sie wurde noch in der Nacht verhaftet und sollte direkt in das berüchtigte Evin-Gefängnis gebracht werden, in dem es am Wochenende gebrannt hat.
In einem aktuellen Instagram-Posting lässt sie ihre Landsleute nun wissen: "Ich, Elnaz Rekabi, seit 20 Jahren Mitglied des Nationalteams der Kletterer, entschuldige mich für die Sorgen, die ich verursacht habe und muss verkünden, dass ich unabsichtlich ohne Hijab zu diesem unpassenden Moment an dem Bewerb teilgenommen habe." Sie ist nun mit ihrem Team auf der Heimreise und bleibt unter Beobachtung. Es ist davon auszugehen, dass sie diesen Beitrag unter massivem Druck verfasst hat, wenn er überhaupt von ihr selbst geschrieben wurde. Inzwischen wurde bekannt, dass ihr Bruder in Haft genommen worden sein soll.
Das ist bei weitem nicht das einzige Beispiel von Sportlern, die für ihr öffentliches Bekenntnis zu den Protesten im Iran büßen müssen. Fast täglich werden weitere Fälle bekannt - oft reicht ein Posting in den sozialen Medien, in dem die brutale Niederschlagung von Protesten oder die Tötung von Schülern kritisiert wird. Kurz darauf bekommen prominente Sportler einen Anruf oder Besuch von der Geheimpolizei, die meist im ersten Schritt eine Warnung ausspricht - von Haft, Enteignung bis zur Folter. Wer nicht hört, muss damit rechnen zu fühlen.
Verhaftungen und Repressalien
Das gilt sogar für im Ausland lebende Sportler. So setzt sich der Ex-Fußballstar und Bayern-Profi Ali Karimi in den sozialen Medien lautstark für die Protestbewegung ein. Als Reaktion darauf hat das Regime seine Villa nahe Teheran konfisziert. Ex-Teamspieler Hossein Mahini wurde für seine kritischen Äußerungen verhaftet und konnte sich gegen eine Kaution von umgerechnet 30.000 Euro freikaufen. Das kann sich nicht jeder leisten.
Iranische Fußball-Nationalspieler versuchen ihre Unterstützung subtiler rüberzubringen. Auf Fragen zu ihrem Spiel antworten sie etwa damit, dass sie Probleme hatten sich zu konzentrieren, weil sie bis spät in der Nacht vom Geheimdienst drangsaliert wurden. Dieser habe Druck ausgeübt, dass die Spieler sich nicht mit dem Tragen eines schwarzen Armbands mit den Protesten solidarisieren dürfen.
Wer weniger prominent ist, wird im Inland auch vom Fleck weg verhaftet. So wurden vor Wochen die drei Parkour-Sportler und Brüder Saman, Sirwan und Behnam Jalili in ihrer eigenen Sporthalle in Bukan von 12 bewaffneten Agenten ohne Haftbefehl mitgenommen. Seither fehlt von ihnen jede Spur und ihre Familien, die Antworten fordern, wurden mehrfach bedroht.
Exekution eines Ringers
Für großes Aufsehen sorgte schon vor zwei Jahren die Exekution des Ringer-Champions Navid Afkari. Offiziell nicht wegen seiner Kritik gegenüber dem Regime - er wurde beschuldigt, während der Aufstände 2018 einen Sicherheitsbeamten getötet zu haben. Später gab der Sportler bekannt, dass sein Geständnis unter Folter erzwungen wurde. Seine Exekution wurde weltweit verurteilt - auch vom damaligen US-Präsidenten Donald Trump, was ihm im Iran viele Sympathisanten brachte. Seine Brüder wurden zu 54 und 27 Jahren Haft verurteilt.
Gestern hat die Weltmeisterschaft der Ringer in Antalya in der Türkei begonnen. Bei der Eröffnung des Turniers positionierten sich die Vertreter von Iran und Israel Seite an Seite. Erst vorige Woche hatte der Religionsführer Ali Khamenei in einer Rede die Bedeutung und Wirkungskraft von Athleten und Helden für die Gesellschaft betont. Dabei warnte er ausdrücklich, wie wichtig es sei, Israelis nicht gegenüberzutreten.
In einem seiner jüngsten Postings macht Ali Karimi seinen Landsleuten und anderen Sportlern Mut: "Habt keine Angst vor starken Frauen. Vielleicht kommt der Tag, an dem sie deine Armee sind." In einem anderen Posting zeigt er sich gegenüber seiner eigenen Zukunft unerschrocken: "Das alles wird mich eines Tages töten."
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