Jürgen Melzer: "Dafür spiele ich noch"

Melzer sorgte für die erste große Überraschung beim Turnier in der Wiener Stadthalle.
Jürgen Melzer wurde in der Stadthalle zum Helden.

Dominic Thiem da, Dominic Thiem dort. Und womöglich wird der 23-Jährige heute Abend auch noch zu Österreichs Sportler des Jahres gekürt. Wie das so ist, wenn man geehrt wird, das weiß Jürgen Melzer nur zu gut: 2010 schnappte er sich die begehrte Trophäe. Und der 35-Jährige trägt in diesen Monaten gelegentlich auch dazu bei, diese Erinnerungen wieder erwecken. Im Daviscup, wo er in der Ukraine ein famoses Comeback feierte, in Kitzbühel, wo er ins Viertelfinale einzog – und am Dienstagabend auch in Wien.

Dort schlug er nicht irgendeinen dahergelaufenen Qualifikanten, sondern mit dem Spanier Roberto Bautista Agut die Nummer vier des hochkarätig besetzten Erste Bank Open und die Nummer 14 der Welt. 6:3, 7:5 hieß es am Ende für die Vergangenheit, die der Gegenwart zeigte, wie man einst spielte.

Ganz so drastisch ist es natürlich nicht. "Aber ich habe natürlich in meiner langen Karriere viel an Erfahrung sammeln können", sagt Österreichs Rekordspieler im Daviscup (32 Teilnahmen).

Genießen kann er sowieso jetzt alles mehr. Als Nummer 417 wird eben auch nicht viel von einem erwartet. "Für solche Momente spiele ich noch Tennis", sagt Melzer. Der Jubel, die Anfeuerungsrufe von 7500 Fans, die ihn bei seinem Erstrunden-Spiel begleiteten, der Applaus, die Gratulationen nach der Partie. "Da ist man zusätzlich motiviert. Außerdem habe ich keinen Druck mehr – anders als früher."

Kleine Schritte

Freilich sagt er nicht direkt, dass ihn die Partien auf Challenger-Ebene ein bisserl anzipfen. "In die großen Hauptbewerbe komme ich eben selten rein", sagt Melzer, der noch fünf Mal auf sein geschütztes Ranking zugreifen kann (nach einer Verletzungspause wird die Ranglisten-Platzierung davor gewertet, da war Melzer aber auch nicht Top 100). Und außerdem: "Wenn ich dieses Level noch einmal jede Woche spielen will, dann muss ich die Challenger spielen."

Er hat ein hohes Level erreicht. "Ich glaube, dass ich noch mehr solcher Matches in mir habe. Es macht mir Riesenspaß. Ich würde gegen viele vielleicht verlieren, aber nicht untergehen."

Freilich würden sich die Jahre bemerkbar machen, die Regenerationszeit wird länger. "Ich muss viel mehr machen, damit ich in der Früh gerade aufstehe. Zu trainieren ist das eine. Aber am nächsten Tag wieder, das ist das andere. Man muss schlau damit umgehen."

Große Sympathien

Sein Einzel-freier Mittwoch half ihm – der nächste Gegner (heute, 14.30 Uhr) steht erst seit gestern fest, er kommt aus Spanien, heißt Albert Ramos Viñolas und besiegte den Italiener Fabio Fognini 6:2, 6:2. Gestern war Verschnaufen angesagt, ehe Melzer am Abend mit Julian Knowle gegen die Spanier Feliciano und Marc López verlor. Melzer ist im Duett einmal nicht der Routinier, Knowle ist 42.

Sein Auftaktsieg bringt Melzer rund 100 Plätze nach vorn. Weil er 45 ATP-Punkte gewann. Aber er hat Wichtigeres gewonnen: wieder verdammt viele Sympathien.

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