Diskussion um Helme: Wann welche Sportart die Helmpflicht einführte

Skifahrer Toni Sailer bei Olympia 1956 in Cortina mit Haube statt Helm
Debatten über eine Helmpflicht gibt es nicht nur in der Politik. Auch im Sport verlief die Einführung des Kopfschutzes nicht ohne Widerstand.

Leidenschaftlich verlaufen derzeit die Diskussionen über eine mögliche Helmpflicht für Fahrer von E-Mopeds, E-Scootern oder Pedelecs (Elektrofahrrad mit elektrischer Tretunterstützung bis 25 km/h, Anm.). Während die einen auf den Sicherheitsaspekt hinweisen, befürchten andere vor allem einen Rückschlag für die geplante Mobilitätswende.

Helme werden immer leichter, komfortabler und sicherer. In vielen Sportarten sind sie Teil der Ausrüstung. Das war nicht immer so.

Radrennfahrer Lance Armstrong und Kontrahenten ohne Helm

2000: Lance Armstrong und Kontrahenten oben ohne. 

Radsport

Sogenannte Sturzringe waren bei Rennradfahrern bereits in den 1970er-Jahren Standard. Doch es musste offenbar Tote geben, bis auch die Radprofis zum Helm griffen, beziehungsweise greifen mussten. 1995 stürzte der Italiener Fabio Casartelli bei der Tour de France bei einer Abfahrt, blieb in einer Lacke von Blut liegen und starb. Hätte Casartelli mit einem Helm überlebt? Es entbrannte eine hitzige Diskussion im Peloton. Es sei „niemand zuzumuten“, bei 40 Grad im Schatten einen Helm zu tragen, sagte damals etwa der deutsche Profi Udo Bölts. Es folgten Jahre des Zauderns und der kuriosen Lösungen. So wurde ab 2003 bei der Tour de France die Helmpflicht eingeführt, bei Bergankünften durften die Fahrer den Helm aber am letzten Anstieg abnehmen. Die absolute Helmpflicht bei allen Rennen des Weltverbandes gilt erst seit 2005.

Formel-1-Fahrer Juan Manuel Fangio mit Lederkappe statt Helm

1949: Der fünffache Formel-1-Weltmeister Juan Manuel Fangio  fuhr zu Beginn noch mit einer Kappe aus Leder.

Formel 1

Die ersten Fahrer legten mehr Wert auf Stil als auf Sicherheit. Mit kurzärmeligen Polo-Hemden, feinen Schuhen und Lederhandschuhen setzten sie sich ins Cockpit. Die ersten Helme schützten mehr die Frisur als den Kopf – es waren einfache Kappen aus Leder. 1950 wurde die erste Formel-1-Weltmeisterschaft ausgetragen, erst ab der Saison 1952 war das Tragen eines Helmes obligatorisch.

Vorerst fuhren die Piloten noch mit offenen Helmen und Fliegerbrillen – und der Tod fuhr mit. Es war vor allem der dreifache Weltmeister Jackie Stewart, der immer wieder auf mehr Sicherheit pochte. Eine Folge war die Einführung der Vollvisierhelme. Ab den 1980er-Jahren wurde der Helm zur Wissenschaft. Die Konstruktionen wurden immer stabiler und trotzdem leichter, Funk- und Trinksysteme eingebaut. 

2003 kam HANS dazu, das System „Head And Neck Safety“ soll Verletzungen der Wirbelsäule verhindern.

Skispringer Bubi Bradl springend auf dem Holmenkollen mit Mütze.

1952: Bubi Bradl auf dem Holmenkollen mit Mütze.  

Ski alpin und Skispringen

Eine Helmpflicht für Weltcup-Abfahrten gilt seit der Saison 1977/78 und für den Super-G seit seiner Einführung 1982. Der geneigte Leser wird sich noch an Rudi Nierlich erinnern, der 1991 mit weißer Zipfelmütze in Saalbach im Riesentorlauf zu WM-Gold gebraust ist. Nach einigen schweren Unfällen wurde der Helm auch in RTL und Slalom zum verpflichtenden Accessoire. 

Beim Skispringen besteht seit der Saison 1978/79 Helmpflicht.

Ein Eishockeymatch 1964 bei Olympia in Innsbruck, bei dem die Spieler keine Helme tragen

1964: Das olympische Eishockey-Turnier in Innsbruck

Eishockey

Der Tod von Bill Masterson, der am 13. Januar 1968 mit dem Hinterkopf auf dem Eis aufschlug und zwei Tage später im Krankenhaus verstarb, sorgte für ein langsames Umdenken in der NHL. 1979 wurde für Feldspieler die Helmpflicht eingeführt. Bei den Torhütern wurden bereits in den 1920er Masken nach Verletzungen eingesetzt. Der sechsfache Stanley-Cup-Sieger Jaques Plante (1952 bis 1974 in der NHL) war ein Vorreiter mit einer Maske aus Glasfaser verstärkten Kunststoff. Seit mittlerweile 50 Jahren gibt es keinen NHL-Torhüter mehr, der keine Maske trägt. Zuletzt wurde das Halbvisier auf dem Helm der Feldspieler zur Pflicht. 

Nachdem Adam Johnson bei einem Cup-Spiel in Großbritannien 2023 von einer Kufe am Hals getroffen worden und verblutet war, wurde ab Oktober 2024 auch das Tragen eines Halsschutzes verpflichtend.

Footballer mit Helm

Footballer mit Helm

American Football

Im Football sind Helme nicht mehr wegzudenken. Lange Zeit wurde aber „oben ohne“ gespielt. Bis in die 1930er-Jahre wurde maximal mit einer Lederhaube dem Ei nachgejagt. Schließlich entwickelte John T. Riddell den Footballhelm aus Kunststoff. Problem: Während des Zweiten Weltkrieges war dieser nur schwer zu bekommen. So gab es in der NFL ab 1940 eine Pflicht für Lederhelme, ab 1943 für Kunststoffhelme. Der letzte NFL-Spieler, der ohne Helm antrat, war Dick Plasman, der 1940 mit den Chicago Bears ohne jegliche Schutzausrüstung 73:0 gegen Washington gewann.

Baseballspieler mit Helm

Baseballspieler mit Helm

Baseball

Wer kennt sie nicht, die berühmten Baseball-Kappen der Teams aus der amerikanischen Profiliga MLB, etwa der New York Yankees? Aber spielen die Profis auch mit diesen Kappen? Nicht alle! Denn: Batter (Schlagmänner) und Runner (Läufer) müssen Helme tragen, der Catcher benötigt eine komplette Schutzausrüstung inklusive Helm und Maske. Die übrigen Spieler – wie etwa der Pitcher (Werfer) – spielen mit Kappen. Zusätzlich müssen auch die Batboys und -girls Helme tragen. Genau wie Schiedsrichter und einige Coaches. 

In der MLB ist das Tragen eines Schlaghelms seit 1971 Pflicht.

Reiter mit Helm bei der Global Champions Tour 2025 vor dem Schloss Schönbrunn

Bei der Global Champions Tour 2025 vor dem Schloss Schönbrunn wird selbstverständlich mit Helm geritten

Reitsport

Seit 2021 herrscht in (fast) allen Reitsportdisziplinen Helmpflicht. Was selbstverständlich erscheint, sorgte bei der Einführung allerdings für ordentlich Widerstand. Speziell einige Westernreiter waren gar nicht damit einverstanden, ihren Cowboyhut gegen einen Helm einzutauschen. Im Springreiten besteht seit 2013 internationale Helmpflicht, in der Dressur seit 2017. Zylinder sind nur noch zu Fuß bei Siegerehrungen erlaubt. Nur beim Voltigieren ist ein Helm nicht vorgeschrieben – er könnte bei den akrobatischen Übungen auf dem Pferd stören.

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