Der 28. Oktober 2023 ist eine Zäsur im internationalen Eishockey. Ex-NHL-Profi Adam Johnson, 29, wurde bei einem Cup-Spiel in Großbritannien zwischen Nottingham und Sheffield mit einer Kufe am Hals so tief geschnitten, dass er innerhalb von 15 Sekunden verblutete. Manche der 8.000 Zuschauer in Sheffield fielen in Ohnmacht, das internationale Eishockey scheint seither paralysiert.
Seit ein paar Tagen geht es in vielen Ligen und Klubs um die Prävention solcher Unfälle, die zwar immer wieder vorkamen, aber nicht tödlich endeten.
In Österreichs Nachwuchs zum Beispiel ist das Tragen eines Halsschutzes bis zur Unter-18-Altersklasse vorgeschrieben. „Wenn die Kinder ohne auf das Eis kommen, dann schickt sie der Schiedsrichter gleich wieder hinunter“, sagt Ex-Profi Leopold Wieselthaler, Meister mit den Capitals 2005. Seine Söhne spielen in Salzburg und Klagenfurt.
Formel 1: Abgesehen vom Schach ist das Material wohl in allen Sportarten von enormer Bedeutung und kann auch Leben retten. Bestes Beispiel dafür ist die Formel 1, mit HANS und Halo. Seit 2003 ist das „Head and Neck Support“-System verpflichtend vorgeschrieben. Auf einem Schulterkorsett wird der Helm fixiert, wodurch die Kräfte auf die Wirbelsäule bei einem Aufprall minimiert werden können. Halo ist seit 2018 vorgeschrieben und eine Art Überrollbügel auf den Formel-1-Boliden. Lewis Hamilton hatte zum Beispiel Schutzengel und Halo, als er gegen Max Verstappen 2021 in Monza um die WM kämpfte und der Niederländer nach einem übertriebenen Zweikampf abhob und sein Reifen nur wegen des Bügels nicht den Kopf des Briten traf.
Skisport: sind Rückenprotektoren längst der Standard, in den Speeddisziplinen hat auch der Airbag Einzug gehalten. 2015 trug Matthias Mayer bei seinem Sturz in Gröden den Airbag und kam glimpflich davon, als er mit dem Rücken auf die pickelharte Piste flog. „Zum Glück habe ich den Airbag angehabt. Der ist in der Luft aufgegangen“, sagte der Olympiasieger.
Noch keine Pflicht
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis in allen Profiligen der Halsschutz verpflichtend wird. In Schweden und Finnland ist der mit Kevlarmaterial verstärkte und schnittfeste Rollkragen schon lange Pflicht. Die heimische ICE Hockey League prüft in der Ärztekommission und wird wohl für die kommende Saison nachziehen. In der Zwischenzeit preschen die Klubs vor. Linz hat angekündigt, den Halsschutz zu bestellen. Profis des Villacher SV trugen ihn schon am Mittwoch im Spiel gegen Asiago. „Das Thema duldet nach so einer Tragödie keinen Aufschub. Die Sicherheit und Gesundheit unserer Spieler haben absolut Priorität“, sagte Geschäftsführer Martin Winkler. Bei den Vienna Capitals wird der Schutz für alle Spieler besorgt und empfohlen. Am Freitag beim 3:2 n.V. spielte bei den Wienern bereits Youngster Mathias Böhm mit seinem Schutzkragen. Eine Verpflichtung kann erst von der Liga kommen.
Christian Nissner, Vater von Teamspieler und Salzburg-Stürmer Benjamin, betreibt in Kagran den Hockeyshop. Größere Nachfrage verspürt er noch nicht, da die Hunderten Nachwuchsspieler auch bisher schon damit spielten. Sein Sohn musste einst in Schweden mit diesem Schutz spielen, in Österreich aber nicht. Noch nicht. Nissner beziffert die Kosten mit rund 60 Euro. Dass der Kragen Spieler in ihrer Bewegung einschränke, hält er für übertrieben: „Das ist, wie wen man sich den Kragen am Polohemd aufstellt. Da geht es nur um die Einstellung.“
Glück im Unglück
Verkauft werde derzeit alles aus dem Lager. „Wenn ich den neuesten Schutz von CCM bestellen will, dann kommt der erst am 24. März“, sagt Nissner. Weltweit übersteigt die Nachfrage die derzeitigen Kapazitäten.
In der NHL konnten Richard Zednik (2008, Florida) und Clint Malarchuk (1989, Buffalo) nach tiefen Schnitten am Hals gerettet werden. Beide kehrten in ihren geliebten Sport zurück.
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