Handball-EM in Omikron-Zeiten: Anwurf zu einem Wagnis

Kreisläufer Tobias Wagner
Das Turnier wirft Pandemie-Fragen auf, die die Gastgeber Ungarn und Slowakei höchst unterschiedlich beantworten. Österreichs Team ist zuversichtlich und komplett. Vorerst.

Maskottchen gehören zu den entbehrlichsten Erscheinungen im Weltsport. Aber jenes flauschige Rentier, das die EM der Handballer bewirbt, könnte passender kaum sein. Es bekam den Namen Tricky – und knifflig dürfte auch die Endrunde werden, die Donnerstagabend in Ungarn und der Slowakei eröffnet wurde.

Die Auswahl aus Polen, Freitagabend in Bratislava Auftaktgegner der Österreicher (20.30 Uhr/live ORF Sport+), meldete gestern fünf Corona-positive Spieler. „Das ist schwer für Polen, aber es interessiert mich nicht sonderlich“, sagt Österreichs Teamchef Ales Pajovic, dessen Mannschaft in Bestbesetzung antreten kann. Vorerst. Denn die verpflichtenden Corona-Tests alle zwei Tage können bei jedem Teilnehmer kurzerhand für Überraschungen und Umstellungen sorgen.

Die Vorrunde  – Top 2 steigen auf
Gruppe A (Debrecen): Slowenien, Dänemark, Nordmazedonien, Montenegro
Gruppe B (Budapest): Portugal, Ungarn, Island, Niederlande
Gruppe C (Szeged): Kroatien, Serbien, Frankreich, Ukraine
Gruppe D (Bratislava): Deutschland, ÖSTERREICH, Belarus, Polen
Gruppe E (Bratislava): Spanien (Titelträger), Schweden, Tschechien, Bosnien-Herzegowina
Gruppe F (Kosice): Norwegen, Russland, Slowakei, Litauen

So wird diese zweiwöchige Indoor-Veranstaltung in zwei Ländern und fünf Städten inmitten der Omikron-Welle auch zu einem Experiment und Wagnis. Das gilt es zu wissen:

Das Turnier

Für die infizierten Polen ist die Vorrunde gelaufen. Ein positiver Teilnehmer kann sich frühestens nach fünf Tagen freitesten. Da beginnt bereits die Hauptrunde – die zweite Turnierphase erreichen jeweils die Top zwei der sechs Vorrundengruppen.

Die Schauplätze

Das Virus kennt zwar keine Grenzen, die europäische Pandemie-Politik allerdings schon. Während in den slowakischen EM-Arenen in Bratislava und Kosice eine Auslastung von jeweils nur 25 Prozent erlaubt ist, herrscht in Ungarn (Debrecen, Szeged, Budapest) Normalbetrieb. Im Budapester MVM Dome, mit einer Kapazität von 20.000 Zuschauern die größte permanente Handball-Arena des Kontinents, wird nicht nur bei den Spielen des Co-Gastgebers Volksfeststimmung herrschen. Am 30. Jänner wird dort auch der Europameister gekürt.

Die Österreicher

Den ersten Erfolg verbuchte das Nationalteam gleich nach der Ankunft in Bratislava – alle 16 Kaderspieler wurden negativ getestet und sind am Freitag einsatzberechtigt. Für den Österreichischen Handball-Bund (ÖHB) nicht selbstverständlich. Bei der Damen-WM im Dezember waren neun (!) Österreicherinnen kurz vor oder während der Vorrunde aufgrund einer Corona-Infektion ausgefallen. „Wir haben unsere strengen Maßnahmen noch einmal verschärft“, sagt ÖHB-Sportdirektor Patrick Fölser, „aber wer weiß schon, was während der Vorrunde passiert.“ Dort wartet neben Polen das Prestigeduell mit Deutschland (Sonntag, 18 Uhr) und zum Abschluss das Team aus Belarus (Dienstag, 20.30). „Wenn alles supertoll läuft, können wir da auch Erster werden“, sagt Kapitän Nikola Bilyk selbstbewusst.

Rang acht bei der Heim-EM 2020, das beste Ergebnis in der Verbandsgeschichte, gilt es in der Fremde zu bestätigen. Das Team ist jung, aber wettkampferprobt. Bis auf einen Spieler haben alle zumindest ein Großereignis absolviert.

Die Favoriten

Europameister wird, wer die wenigsten Corona-Fälle hat, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Ansonsten befinden sich im Kreis der Anwärter die üblichen Verdächtigen: Weltmeister Dänemark, Olympiasieger Frankreich, Titelverteidiger Spanien.

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