Wer so gewinnt, der wird Meister
Der Tag danach. Austria-Trainer Peter Stöger genießt seinen Frühstücks-Kaffee, begibt sich dann in die Generali Arena, um Büroarbeit zu verrichten. Seine Kicker erhalten wie immer nach einem Spiel einen freien Tag.
Mit dem 2:1 über Rapid hat die Austria das erste Ziel, einen Platz für die Champions-League-Qualifikation, so gut wie fix erreicht. Dafür muss man Zweiter werden, der Vorsprung auf Rapid beträgt 13 Zähler. Stöger: „Das verspielen wir nicht mehr.“
Das Thema Meistertitel möchte er weder behandeln noch durchdenken, viel eher will er an der Leistung der eigenen Mannschaft schrauben, weil das Werk trotz des Sieges absolut nicht rund lief.
In den Katakomben des Hanappi-Stadions hörte man oft die Weisheit des Fußballs: „Wer schlecht spielt und dennoch gewinnt, der wird am Ende Meister.“ Markus Suttner war erstaunt, „dass wir in Überzahl und nach dem 2:1 es nicht geschafft haben, Ruhe in unser Spiel zu bringen.“
Ersatz Ersichtlich war, dass bei der Austria trotz des qualitativ hochwertigen Kaders nicht jeder Spieler oder jede Position adäquat zu ersetzen ist. Das Fehlen von Gorgon, Jun oder Simkovic war zu spüren, Stankovic, Grünwald und Leovac hatten nicht ihren besten Tag, weshalb das violette Mittelfeld deutlich unter dem gewohnten Level agierte. Auch Mader und Holland liefen ihrer üblichen Form hinterher, wodurch das Offensivspiel ins Stocken geriet. Stöger sucht nach einer Erklärung: „Wir hatten in der letzten Trainingswoche zu viele Spieler, die wegen einer Verletzung oder Krankheit nicht voll arbeiten konnten. Das hat man gemerkt.“
Fragezeichen Neuzugang Nacer Barazite bereitete das 2:1 für Hosiner mustergültig vor. „Das steht auf der Haben-Seite“, notiert Stöger. Doch der Techniker ist weit von einem normalen Fitness-Standard entfernt, was sich auch bei seinem 45-Minuten-Einsatz offenbarte. Wie lange er braucht, um die nötige Kraft für 90 Minuten zu erlangen, wagt am Verteilerkreis derzeit niemand zu prognostizieren.
Ebenso wartet man schon lange auf eine Leistungsexplosion von Dare Vrsic. Der Slowene hat im ersten halben Jahr bei der Austria nicht gebracht, was man von ihm erhoffen durfte.
Stabilität Trotz des Patzers von Goalie Lindner beim 0:1 stand die Abwehr der Austria sicher. Die Innenverteidiger Rogulj und Ortlechner vereitelten zahlreiche Möglichkeiten der Rapidler auf Großchancen. Nur deshalb wurde der Rekordmeister nicht wirklich zwingend gefährlich, sieht man von einem Trimmel-Kopfball ab. Die Austria erhielt bisher nur 17 Gegentore – eine Statistik, die beim Derby auf dem Platz bestätigt wurde.
Torgarant Hosiner. Philipp Hosiner, mit der Lizenz zum Toreschießen. Nach seinem Doppelpack gegen Rapid hat er nun gegen jede Mannschaft der Liga zugeschlagen. Keiner agiert in der Liga so effizient wie er, aus zwei Chancen macht er seine Saisontore 22 und 23.
Der Austrianer braucht den internationalen Vergleich nicht zu scheuen, liegt in der Liste der europäischen Torschützen auf Rang neun, einen Platz vor einem gewissen Zlatan Ibrahimovic. Auch die Stars El Shaarawy vom AC Milan oder Mandzukic von den Bayern oder Lewandowski von Borussia Dortmund müssen sich derzeit noch hinter dem Burgenländer einreihen.
Ausblick Der Auftakt ins Frühjahr ist jedenfalls geglückt, jetzt warten andere, wenngleich nicht weniger schwere Aufgaben mit Admira, Ried, Innsbruck und Wr. Neustadt. Drei von diesen Gegnern befinden sich mitten im Abstiegskampf.
Neunzehn Monate und 57 Bundesliga-Spiele hielt die beeindruckende Serie von Peter Schöttel: Immer wenn Rapid in seiner Ära in Führung ging, wurde in der Liga gepunktet. In der Saison 2011/’12 wurden aus zwanzig Toren zum 1:0 15 Siege und fünf Remis. In der laufenden Saison gab es nach dem elfmaligen Jubel über den Führungstreffer sogar elf Siege. Das Dutzend wurde nach dem 1:0 durch Christopher Trimmel aber nicht voll gemacht.
Der Doppelpack von Philipp Hosiner zum 1:2 beendete die Serie von Schöttel und auch eine Erfolgsbilanz im Hanappi-Stadion: Vor 80 Spielen hatte es in Hütteldorf zum letzten Mal nach einem 1:0 noch eine Heimniederlage gegeben – im Oktober 2005 gegen Salzburg (2:3). Jetzt geht es nur noch um den zweiten Platz.
Dabei war erst im letzten Heimspiel vor dem richtungsweisenden Derby eine Negativserie zu Ende gegangen: Im Dezember wurde gegen Innsbruck erstmals unter Schöttel noch ein Heimsieg nach einem 0:1 in der Meisterschaft gefeiert.
Zwei Ausfälle
„Mit Boskovic hätte Rapid vermutlich nicht verloren. Sie waren richtig gut und hätten sich auch in Unterzahl einen Punkt verdient“, mutmaßte Austria-Trainer Peter Stöger und sprach damit den Knackpunkt nach 28 Minuten an. Beim Comeback und dem insgesamt 105. Liga-Einsatz wurde der nach seinem brutalen Einsteigen geknickte Branko Boskovic erstmals ausgeschlossen.
Wenn in Salzburg wie im Derby Druck gemacht werden soll, wird Boskovic am Sonntag vom erst 18-jährigen Dominik Wydra ersetzt werden. Heikkinen oder Kulovits würden in einer defensiveren Variante nachrücken. Spannend wird es auch durch die Gelbsperre von Michael Schimpelsberger: Rechts hinten muss der gelernte Stürmer Trimmel gegen den Salzburger Sadio Mané (acht Tore in 13 Spielen) verteidigen. Einmal konnte sich der Derby-Torschütze schon gegen einen ähnlichen Wirbelwind beweisen: In Charkiw, gegen den Brasilianer Taison.
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