Kirchlers Assistent ist Kirchlers neuer Boss
Was nun wohl als nächstes kommt? Präsident? Vereins-Maskottchen? Gar Sportcheftrainerassistent in Personalunion. „Jetzt hab’ ich dann bald alles durch“, lächelt Florian Klausner, der beim Krisenklub FC Wacker Innsbruck als Mädchen für alles Karriere macht. Am Sonntag, bei der 0:3-Niederlage gegen Rapid war der 32-Jährige noch der Assistent von Chefcoach Roland Kirchler, einen Tag später ist Klausner nun als neuer Sportdirektor plötzlich der unmittelbare Vorgesetzte des angezählten Trainers. Ein ungewöhnlich steiler Aufstieg auf der Karriereleiter, wie er im Profifußball Seltenheitswert besitzt. Oder wäre es etwa denkbar, dass bei den Bayern der Co-Trainer von Pep Guardiola (Hermann Gerland) über Nacht zum Sportchef befördert wird und plötzlich Guardiola sagt, wo’s sportlich langgeht?
In der eigenwilligen Personalrochade spiegelt sich vor allem die kollektive Ratlosigkeit wider, die derzeit beim FC Wacker vorherrscht. Die sportliche Situation? Düster. Die finanzielle Lage? Trist. Die Perspektiven? Schlecht. Vor wenigen Tagen erst gab Präsident Josef Gunsch bekannt, dass sich die Spieler künftig ihr Schuhwerk selbst organisieren müssten, und ob die Mannschaft in der Wintervorbereitung aus dem bekanntermaßen schneearmen und lauen Tirol in ein Trainingslager im Süden flüchten darf, ist derzeit aus Kostengründen mehr als ungewiss.
Deshalb war es nur konsequent, dass die Innsbrucker den vakanten Posten des Sportdirektors intern nachbesetzen. Nachdem Präsident Gunsch bei seinem Amtsantritt im Sommer noch die Sinnhaftigkeit eines hauptamtlichen Sportchefs in Frage gestellt und Trainer Kirchler die Doppelrolle zugetraut hatte, schlägt der Boss nach 120 Tagen im Amt ganz andere Töne an. „Ein professioneller Bundesligaverein braucht einen Sportdirektor“, versichert Gunsch. „Wir wollen nicht an die Wand laufen.“
Hohes Ansehen
Dass die Wahl auf Florian Klausner fiel, liegt auf der Hand. Zum einen kann sich Wacker keinen teuren Sportchef leisten, zum anderen genießt der Magister der Sportwissenschaften, der 2005 zum FC Wacker kam, im Verein und innerhalb der Mannschaft ein hohes Ansehen. Als Klausner in den ersten vier Saisonrunden das Team interimistisch betreute – Roland Kirchler saß wegen einer Funktionssperre auf der Tribüne – blieben die Innsbrucker ungeschlagen und lagen in der Tabelle noch an den vordersten Plätzen. „Florian Klausner ist ein toller Fußballarbeiter, genau das brauchen wir jetzt“, erklärt Präsident Gunsch.
Klausner, der in den letzten Runden von Amateur-Coach Thomas Grumser als Co-Trainer ersetzt wird, war selbst von seiner Beförderung überrascht. „Ich habe mich nicht aktiv um den Job beworben“, versichert der 32-Jährige, der die Komfortzone des Assistenten verlässt und sich dem Gegenwind und der sportlichen Verantwortung stellt. „Mir ist klar, dass ich in dieser Position jetzt angreifbar bin, aber das ist auch eine enorme Herausforderung“, stellt Klausner klar. Bei der Innsbrucker Vereinsführung hat er vor allem mit einem neuen Konzept bereits Pluspunkte gesammelt. „Wir brauchen ein professionelles Scouting, eine bessere Zusammenarbeit mit dem Tiroler Fußballverband und müssen uns als Ausbildungsverein positionieren“, so Klausner.
Vorerst kommen auf den neuen Sportchef freilich ganz andere Aufgaben und Themen zu. Die aktuelle sportliche Talfahrt – ohne den Acht-Punkteabzug der Admira wären die Tiroler bereits Schlusslicht – schreit förmlich nach personellen Konsequenzen. Noch im Sommer war Roland Kirchler nach dem gelungenen Klassenerhalt rund ums Tivolistadion als Messias verehrt worden, mittlerweile hat sich sein Zauber längst verflüchtigt Mit seinen ungeschickten Aussagen und fragwürdigen Personalentscheidungen verliert Kirchler zunehmend auch die Rückendeckung im Vorstand. Da kann Präsident Gunsch noch so oft beteuern: „Bei uns gibt es keine Trainerdiskussion.“
Florian Klausner ist da schon realistischer. „Mir ist bewusst, dass die Trainerfrage kommen wird“, meint der Sportchef, der vorerst in den letzten vier Herbstrunden auf ein kleines sportliches Weihnachtswunder hofft. „Auf zwanzig Punkte sollten wir bis zur Winterpause kommen“, meint Klausner. Wohl nicht mehr als ein hehrer Wunsch: In den gesamten ersten 17 Runden haben die Innsbrucker gerade einmal 13 Zähler gesammelt.
Weit wahrscheinlicher scheint da schon ein anderes Szenario: Die Spatzen pfeifen’s in Innsbruck jedenfalls schon vom Goldenen Dachl, dass die überraschende Beförderung des allseits beliebten Klausner zum Sportchef nur die erste Personalrochade gewesen ist. Damit soll einem künftigen neuen Trainer der Weg geebnet werden, seinen eigenen Wunsch-Assistenten mitzunehmen.
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