Tottenham fordert Liverpool: Das Tauziehen um den Henkelpokal

Das Objekt der Begierde
Die Londoner sind im Champions-League-Finale Außenseiter. Was für welchen Finalisten spricht.

Es ist angerichtet. Zum 27. Mal seit Einführung des Bewerbes im Jahr 1992 wird am Samstagabend ein Sieger der Champions League gekürt (ab 20 Uhr im KURIER-Liveticker). Zum 53. Mal wird der 62 cm große Pokal mit den großen Ohren vergeben, den erstmals Celtic Glasgow im Jahr 1967 als Gewinner des Europapokal der Meister entgegengenommen hat.

Den alten Pokal darf Real Madrid aufbewahren, seit man den Titel 1966 zum bis dahin sechsten Mal gewonnen hat.

Zum siebenten Mal kommen heute beide Finalisten aus einem Land, es ist das zweite englische Finale nach 2008. Damals triumphierte Manchester United in Moskau gegen den FC Chelsea mit 6:5 im Elfmeterschießen.

Schnee von gestern. Tottenham Hotspur gegen den FC Liverpool lautet das Finale 2019. Ein Blick auf beide Finalisten stellt klar: Liverpool ist Favorit.

Das spricht für Tottenham:

  • Die Moral

Vier Mal war Tottenham in dieser Champions-League-Saison bereits so gut wie ausgeschieden. In den beiden letzten Spielen der Vorrunde rettete das Team jeweils ein spätes 1:0 gegen Inter Mailand und ein 1:1 beim FC Barcelona. In der K.o.-Runde kamen die Londoner bei Manchester City und vor allem im Halbfinale bei Ajax Amsterdam (3:2 nach 0:2) noch einmal zurück. Das spricht auch für den Teamgeist, der über Jahre gewachsen ist.

In den letzten fünf Jahren hat Tottenham netto nur rund ein Sechstel so viel ausgegeben wie Liverpool, vorigen Sommer investierte der Klub aufgrund des Baus des neuen Stadions kein Geld in neue Spieler. Das ist eine eingeschworene Truppe.

Tottenham fordert Liverpool: Das Tauziehen um den Henkelpokal
  • Die Zeit

Der letzte Spieltag der Premier League ist drei Wochen her. Den FC Liverpool bringt die lange Pause vielleicht aus dem Rhythmus. Für Tottenham ist sie eher ein Segen. Der Klub hatte drei Wochen Zeit, um angeschlagene Stars wie Harry Kane wieder fit zu kriegen. „Ich bin bereit“, sagte Englands Teamkapitän nach seiner Anfang April erlittenen Bänderverletzung.

Trainer Mauricio Pochettino steht vor einem Dilemma. Rückt Kane in die Startelf, müsste wohl Lucas Moura auf die Bank. Der Brasilianer schoss die „Spurs“ mit drei Toren im Halbfinale bei Ajax nach Madrid.

  • Der Finalfluch des Gegners

Sieben Endspiele als Trainer hat Liverpools Coach Jürgen Klopp schon bestritten. Nur eines hat er gewonnen: 2012 siegte er mit Dortmund im DFB-Pokal. Freilich wurde der Deutsche auch vor diesem Spiel auf seinen Fluch angesprochen. „Ich war noch nie mit einer besseren Mannschaft im Finale als jetzt“, sagte der 51-Jährige.

Das spricht für Liverpool:

  • Die Saison

Liverpool (97) hat in der abgelaufenen Premier-League-Saison 26 Punkte mehr geholt als Tottenham (71) und dazu beide direkten Duelle mit 2:1 gewonnen. Auch der Weg in dieses Champions-League-Finale war mit Siegen gegen Barcelona, Bayern und Paris SG deutlich beeindruckender.

  • Die Geschichte

Acht Europapokal-Siege, 18 englische Meisterschaften, sieben FA-Cups: Der FC Liverpool hat einen der größten Trophäenräume des Weltfußballs. Für Tottenham würde es reichen, sich dort eine Regalreihe zu mieten: Der englische Meister von 1951 und 1961 gewann nur zweimal den UEFA-Cup (1972, 1984) und einmal den Europapokal der Pokalsieger (1963).

  • Das Team

Zusammen mit dem FC Barcelona und Paris SG hat Liverpool aktuell die wertvollste Angriffsreihe des Weltfußballs unter Vertrag. Und dazu noch: Den teuersten Abwehrspieler der Geschichte (Virgil van Dijk) und den zweitteuersten Torwart (Alisson Becker).

Rund 440 Millionen Euro hat der Klub seit dem Amtsantritt von Jürgen Klopp in neue Spieler investiert – aber auch rund 320 Millionen durch Verkäufe wieder eingenommen.

Tottenham fordert Liverpool: Das Tauziehen um den Henkelpokal
  • Die Erfahrung

Mit beinahe der gleichen Mannschaft hat Liverpool im Vorjahr das Endspiel von Kiew gegen Seriensieger Real verloren. Die Stars von Trainer Klopp wissen also, wie sich so ein Finale anfühlt und sind in diesem Jahr der routiniertere Finalist.

„Ich erinnere mich, wie wir vor einem Jahr am Flughafen von Kiew standen. Alle waren enttäuscht. Aber der Plan war schon da: Wir kommen zurück. Die Niederlage 2018 war der Kickstart für die Entwicklung dieses Teams“, sagt Klopp.

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