Tor-Freude bei Chelsea in turbulenten Zeiten
Nach vier Auswärtsspielen liefen die Spieler des FC Chelsea am Sonntag erstmals im März an der heimischen Stamford Bridge auf. Doch die Welt des Londoner Klubs steht seit dieser Woche Kopf.
Die Spieler durften daheim schlafen, ob sie diese Woche in einer Sportschule übernachten müssen, ist offen. Auch ob sie in der Holzklasse zum Champions-League-Spiel nach Lille anreisen müssen.
Die britische Regierung hat den russischen Inhaber Roman Abramowitsch mit harten Sanktionen belegt, für Chelsea gelten strenge Auflagen, darunter eine Beschränkung der Reisekosten. Laut einem Bericht der britischen Boulevardzeitung Sunday Mirror wurden die Chelsea-Profis und sonstige Angestellte bereits informiert, dass Privatjets und Luxushotels ab sofort erstmal tabu sind.
Nur dank einer Sonderlizenz der britischen Regierung darf Chelsea den Spielbetrieb überhaupt fortsetzen. Zu den Auflagen gehört, dass die Reisekosten zu einem Auswärtsspiel nicht mehr als 20.000 Pfund (rund 24.000 Euro) betragen dürfen. Die maximalen Kosten für die Ausrichtung eines Heimspiels beträgt 900.000 Pfund (rund 1,1 Millionen Euro). Karten und Fanartikel darf Chelsea vorerst nicht mehr verkaufen.
Verkauf als Rettung
Am Freitag war Abramowitsch von der Premier League offiziell aus der Führung des Vereins ausgeschlossen worden. Der 55-Jährige hat sich aber schon lange nicht mehr mit der Leitung von Chelsea beschäftigt. Das machte seine langjährige Assistentin Marina Granowskaja, die nicht nur über Transfers entscheidet, sondern auch den deutschen Trainer Thomas Tuchel geholt hat. Wie lange sie noch Direktorin bleibt, ist ungewiss. Genauso wie die Zukunft des Vereins.
Am Sonntag gab es das Heimspiel gegen Newcastle United, das Saudi-Arabien gehört. Dort wurde am Samstag 81 Menschen hingerichtet – sportpolitische Sanktionen gab es aber keine. Für die Chelsea-Fans gab ein Fünkchen Hoffnung. Die Regierung will einen Verkauf gestatten und führt Gespräche mit der US-Bank Raine, die von Chelsea mit dem Geschäft beauftragt worden war. Die Newcastle-Fans sangen gestern in Anspielung an den Chelsea-Interessenten und US-Milliardär "Mick Ashley holt euch." Der Chelsea-Anhang antwortete: "Boris Johnson hat euch geholt." In Anspielungen an die Verwicklungen des Premierministers in Newcastles Saudi-Deal.
Wie die Regierung erreichen will, dass Abramowitsch nichts an dieser Transaktion verdient, ist offen – wie so vieles bei Chelsea. Leistungsträger, deren Verträge enden, werden kaum zu halten sein. Der FC Chelsea darf weder Spieler verpflichten oder verkaufen, noch neue Verträge aushandeln.
Fans protestieren
Die Fans von Chelsea protestierten am Sonntag gegen die Einmischung der Politik in den Sport. Obwohl nur Dauerkartenbesitzer ins Stadion durften, waren rund 40.000 dabei. "It’s not the fans war", stand auf einem Schild. Es ist nicht der Krieg der Chelsea-Fans. Oder: "Don’t use Chelsea for your Bullshit Politics." Und ein altes Banner wurde auf der Matthew-Harding-Tribüne gezeigt. "The Roman Empire" auf der russischen Fahne. Die Fans jedoch verzichteten auf Sprechchöre für den geschassten Chef.
"Alles, was wir tun können, ist gewinnen", sagte Trainer Tuchel. Allerdings musste der 48-Jährige lange auf die Umsetzung seines Auftrags warten. Erst in der 89. Minute erzielte der Deutsche Kai Havertz den einzigen Treffer des Spiels. Chelsea feierte den fünften Sieg in der Premier League in Folge.
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