Stöger: "Es gibt keinen Österreicher-Bonus"

Peter Stöger spricht über seine ersten Tage Köln, Tüten statt Sackerl und seine Pläne.

Es sind vor allem die Zahlen, die den Unterschied machen. 40.688 Zuschauer besuchten in der abgelaufenen Saison durchschnittlich die Heimspiele des 1. FC Köln, im Vergleich dazu wirkt der 9.395er-Schnitt am Verteilerkreis eher dürftig. Aber die beiden Vereine miteinander zu vergleichen wäre falsch, das weiß auch Peter Stöger. An seiner Seite Manfred Schmid, der seinem Chef nach Köln gefolgt ist.

Peter Stöger und Manfred Schmid sind in Köln auf der Suche – eine Wohnung muss her. Und so geht es nach dem Vormittagstraining, das aufgrund des Regens in der Halle absolviert wurde, auch gleich in Richtung Innenstadt – vorbei an den zahlreich erschienenen Fans. So viele wie beim ersten Training in der Ära Stöger waren es nicht, denn da fanden sich rund 1000 Zaungäste ein – darunter auch zahlreiche Fotografen und Journalisten. Das Duo Stöger-Schmid im KURIER-Interview über die Herausforderung Köln.

Herr Stöger, wie wurden Sie beim 1. FC Köln aufgenommen?
Peter Stöger: Ich wurde herzlich von der Vereinsführung, den Fans aufgenommen und war von Anfang an vom ganzen Umfeld beeindruckt. Köln ist eine sehr offene Stadt, die Leute sind sehr freundlich. Und der Kölner Dom in Kombination mit dem Rhein erinnern mich dann auch irgendwie an zu Hause, an Wien (lacht).

Wie geht es Ihnen mit dem Sprachunterschied? Sagen Sie schon Tüte oder noch Sackerl?
Hin und wieder wird man zwar nicht auf Anhieb verstanden oder versteht etwas nicht, aber das ist kein Problem – man kann ja nachfragen. Ich versuche mich sprachlich einigermaßen anzupassen und meinen Wiener Dialekt zu zügeln. Aber das wird sich mit der Zeit schon einspielen. Und nach so kurzer Zeit in Deutschland wird mir wohl auch keiner böse sein, wenn ich im Geschäft Sackerl zur Tüte sage (lacht).

Welchen Unterschied konnten Sie bislang zwischen dem 1. FC Köln und Austria Wien feststellen?
Hinter einem deutschen Traditionsverein wie dem FC steht natürlich ein größerer Apparat als es in Wien der Fall ist. Hier sind schon einige Leute mehr angestellt, die sich um die Rahmenbedingungen im Verein, um Fans, Sponsoren und fast 55.000 Mitglieder kümmern. Sportlich gesehen ist der Unterschied zur Austria Wien aber nicht so groß. Denn da wie dort arbeitet man mit Menschen zusammen, die im Fußball erfolgreich sein wollen.

Haben Sie sich schon alle Namen der Spieler eingeprägt?
Klar. Ich interessiere mich ja schon länger für die 2. Deutsche Liga und den 1. FC Köln. Das gehört zum Trainer-Job. Ich habe natürlich auch die letzte Saison verfolgt und einige Spiele im Fernsehen gesehen. Es gibt auch Kontakt mit Franco Foda und Peter Pacult. Alles in allem treffe ich hier also nicht auf völliges Neuland und mir unbekannte Spieler.

Wie ist Ihr erster Eindruck von der Mannschaft, auf welcher Position gibt es noch Handlungsbedarf?
Bisher sind ja nur acht, neun Spieler des gesamten Kaders anwesend. Nächste Woche kommen dann die Teamspieler aus dem Urlaub retour. Das, was ich aber bisher gesehen habe, ist in Ordnung. Es ist eine junge, sehr engagierte, hungrige und lernwillige Mannschaft. Aber das habe ich mir auch erwartet. Wir wissen auch, dass wir noch neue Spieler verpflichten müssen. Vor allem im offensiven Bereich besteht Handlungsbedarf.

Wie viel Einfluss haben Sie bei der Verpflichtung von neuen Spielern?
Es gibt eine Menge an Spielern, die gerne für den 1. FC Köln spielen möchten. Alleine kann und will ich Neuverpflichtungen nicht entscheiden. Die Entscheidung für oder gegen einen Spieler ist ja auch immer eine Frage der finanziellen Rahmenbedingungen und der Kosten. Für diese ist die Vereinsführung verantwortlich, die das Ganze mit mir abspricht. Wir entscheiden also im Team. Es kommt aber sicher kein Spieler, von dem ich nicht zu 100 Prozent überzeugt bin.

Gibt es Wunschkandidaten?
Natürlich gibt es diese.

Verraten Sie mir Namen?
Nein, die bleiben in meinem Kopf (lächelt).

Sind darunter auch Spieler von Austria Wien.
Nein.

Eventuell Österreicher?
Möglich. Aber ich werde sicher keinen österreichischen Spieler nach Köln holen, von dem ich nicht überzeugt wäre.

Einen Österreicher-Bonus gibt es also keinen?
Nein, natürlich nicht. Den einzigen Bonus, den es bei mir gibt, ist der Qualitätsbonus. Und wenn der bei einem Spieler passt, kann es durchaus auch sein, dass es sich dabei um einen Österreicher handelt.

Muss Köln in der kommenden Saison aufsteigen?
Ich habe mit den verantwortlichen Personen beim 1. FC Köln die Ziele besprochen. Natürlich träumen alle vom Aufstieg, wir werden auch alles Mögliche unternehmen, damit es klappt. Das ganze Rundherum wäre dafür auch bereit, in der Bundesliga zu arbeiten. Aber ein Muss ist es nicht, und im Falle eines Nichtaufstiegs würde die Welt auch nicht zusammenbrechen.

Welche Vereine sind die härtesten Konkurrenten um den Aufstieg in die Bundesliga?
Ich denke, es wird nicht so sein wie im letzten Jahr. Da war Hertha BSC der klare Favorit. Einen solchen sehe ich für die kommende Saison nicht. Ich gehe von rund sechs, sieben Mannschaften aus, die sich den Aufstieg untereinander ausmachen werden, wenn sie ihr Potenzial abrufen können. Dazu zähle ich auch den 1. FC Köln.

Werden Sie an Ihrer Taktik, einem 4-3-3 System, festhalten?
Zuerst müssen wir abwarten, welche Spieler noch zu uns kommen. Wenn es möglich ist, dann werden wir unseren geplanten Spielstil umsetzen, der auf jeden Fall offensiv ausgerichtet sein wird.

Sie haben bei Austria Wien mit dem Soziologen Werner Zöchling gearbeitet. Wird das auch in Köln der Fall sein?
Ja, das ist so gut wie fix. Werner Zöchling wird auch in Köln mit uns zusammenarbeiten.

Wie ist Ihr Eindruck von Kevin Wimmer, dem einzig verbliebenen Österreicher in Köln?
Kevin ist ein super Bursch. Ich habe ihn ja auch schon lange auf meinem Radar. Er war zuletzt verletzt, steigt nun aber langsam wieder ins Mannschaftstraining ein. Aber wie bereits gesagt, einen Österreicher-Bonus gibt es bei mir nicht. Was zählt, ist seine Entwicklung und die Leistung, die er im Training und im Spiel bringt.

Sie haben als Trainer-Duo bei Austria Wien einige Spieler weiterentwickelt, die bei ihren Vorgängern so gut wie nie eingesetzt wurden.
Stimmt, bei Fabian Koch wussten zum Beispiel viele gar nicht mehr, dass er überhaupt noch in Wien ist (lacht). Und dann hat er unter meiner Führung fast zwei Drittel der Meisterschaft auf der rechten Position gespielt. Und er hat es gut gemacht. Und das ist zum Großteil Manfred Schmid zu verdanken.

Was genau machen Sie mit diesen Spielern, Herr Schmid?
Manfred Schmid:
Es ist gibt ein Paket an Möglichkeiten, die man dann ganz individuell anwenden muss. Zuerst versucht man, den Spieler mit persönlichen Gesprächen zu erreichen. Wie kann man ihn am besten fördern? Setzt man ihn auf die Tribüne oder versucht man den Weg über die Amateure, damit der Spieler Spielpraxis bekommt? Es kommt auch immer auf die Vorstellungen des Trainers an, welche Fähigkeiten ein Spieler auf einer Position haben oder können muss. Dieses Anforderungsprofil gehört dann trainiert und verinnerlicht. Fabian Koch hat das mit viel Engagement gemacht, hat seine Chance bekommen und sie auch genutzt.

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