Steffen Hofmann: "Rapid ist mir zu sehr ans Herz gegangen"

Interview: Rapid-GF Steffen Hofmann
Rapid-Geschäftsführer Steffen Hofmann spricht über seine Ahnung vom Absturz, das Finale der Trainersuche, den Ärger über Platz 5 und die eigene Auszeit im April.

Von Steffen Hofmann war aus verschiedenen Gründen länger nichts zu hören. Vor dem Klassiker gegen Sturm kommen vom 44-jährigen Geschäftsführer im KURIER-Interview so klare Worte wie noch nie seit seinem Start bei Rapid im Jahr 2002.

KURIER: Sie haben in 23 Jahren Rapid sehr viel erlebt, ist es die extremste Saison?

Steffen Hofmann: Es ist mit Sicherheit eine der extremsten, weil es bis zum Cup-Aus gegen Stripfing richtig stark war. Ab da ist es immer mehr in die andere Richtung gegangen. Bis auf die Derbys ist das Frühjahr in der Meisterschaft katastrophal.

Interview: Rapid-GF Steffen Hofmann

Wann haben Sie gespürt, dass das nicht eine kleine Delle ist, sondern grundsätzlich etwas falsch läuft?

Ich will ehrlich sein. (denkt lange nach)

Das 3:0 gegen Kopenhagen war so gut, dass es als Herbst-Abschluss über vieles, was mir nicht gefallen hat, einen Mantel der Freude geworfen hat. Im Winter habe ich zu einem engen Vertrauten gesagt: „Ich mache mir große Sorgen für das Frühjahr.“ Da war noch nichts zu sehen, aber ich habe es gespürt.

Welche Erfahrung ist die wichtigste, um eine Saison lang erfolgreich zu spielen?

Das Problem ist, dass wir schnell in den Himmel wachsen oder zu Tode betrübt sind. Wir Verantwortliche müssen aber ohne Emotion hinsehen.

Wobei diese Emotion aber Rapid symbolisiert.

Auf jeden Fall! Wir sind ein extrem emotionaler Verein. Das kann das Arbeiten sehr leiwand machen, aber auch ganz, ganz schwer. Es braucht einen klaren Blick, um im Erfolg zu sehen, ob Dinge einreißen, die nicht sein dürfen. Ohne Emotion analysieren – darum geht’s.

Interview: Rapid-GF Steffen Hofmann

Sie sind ein Mensch, der Harmonie schätzt. Wie schwer ist es für Sie, wenn Sie merken, dass im Verein Konflikte ausbrechen?

Ich habe als Spieler genug Zeiten erlebt, in denen es intern gar nicht harmonisch war. Ich weiß, wie ich damit umgehen muss. Es gibt in meiner Position vieles, das nicht einfach ist. Aber wir haben viele gute Leute, die mich unterstützen.

Im August nannten Sie als Grund für den damaligen Erfolg, dass der Kader so früh fertig war. Geht das 2025?

Der fertige Kader zum Vorbereitungsstart war in 20 Jahren bei Rapid eine Premiere und tatsächlich ein großer Vorteil. Wir werden heuer wieder gut vorbereitet sein. Mecki Katzer tüftelt am Kader, der neue Trainer soll möglichst bald mitwirken.

Peter Stöger ist der Top-Favorit. Wann soll die endgültige Entscheidung folgen?

Mecki hat mit sehr vielen Kandidaten gesprochen, aus dem In- wie Ausland. Es ist nichts fixiert und uns ist ganz wichtig, dass wir uns nicht unter Druck setzen lassen und uns fair verhalten. Da geht es auch um Respekt vor anderen Klubs.

Auch im Finale ist die Suche nach einem Geschäftsführer Wirtschaft. Was ändert sich im Vergleich zu 2023 mit der Wahl von Knipping?

Beim Anforderungsprofil steht Marketing und Sales weit vorne, das war zuletzt noch nicht so. Das Präsidium ist sehr weit. Wir werden jemanden präsentieren, der Rapid in wirtschaftlichen Fragen nach vorne bringen kann.

Es wird die vierte Saison ohne Top-3-Platz in Folge. Mehr gab es bei Rapid nie. Markus Katzer bleibt Sportchef. Ist es seine Aufgabe, dass es 2026 nicht zu diesem Tiefpunkt kommen wird?

Ja. Unseren gesamten Aufwand machen wir nicht, um Spieler zu verkaufen und Geld zu verdienen – das ist nur Mittel zum Zweck. Alles, was wir tun, von der Akademie bis zur Arbeit im VIP-Klub, zielt darauf ab, dass wir erfolgreich Fußball spielen. Und wenn möglich, dass wir Titel gewinnen. Ich will das Aktuelle klar benennen.

Bitte darum.

Ein fünfter Platz ist einfach zu wenig. Die Conference League war super. Das Aus war dann so bitter, dass es den gesamten Verein in Schockstarre versetzt hat. Daraus gilt zu lernen, um in der Liga über eine gesamte Saison zu performen.

Interview: Rapid-GF Steffen Hofmann

Sie haben sich im April aus dem täglichen Geschäft rausgenommen. Was hatte es mit der Auszeit auf sich?

Ich habe mich eine Zeit lang sehr zurückgezogen, weil die vergangenen Jahre enorm anstrengend waren. Zusätzlich hatte ich einiges, das mich persönlich sehr beschäftigt hat. Dieses Zurückziehen hat mir in vielen Belangen sehr gutgetan. Jetzt bin ich mit allen Kräften zurück. Dass der Zeitpunkt unglücklich war, weiß ich.

Wie meinen Sie das?

Gerade als es bei uns bergab gegangen ist, hatte ich eine Auszeit. Aber das konnte keiner ahnen, ich am allerwenigsten.

Was haben Sie daraus gelernt? Werden Sie künftig etwas verändern?

Ja. Ich habe mir sehr viele Gedanken gemacht: Rapid ist mir zu sehr ans Herz gegangen. Das ist nicht von Vorteil. Es ist eben so: Dieser Verein ist ein großer Teil meines Lebens. Aber klar ist auch: Bei allem, was passiert ist, besonders beim Negativen, hab’ ich mir diesen Schuh angezogen. Das wird es künftig nicht mehr spielen. Wenn ich Fehler mache, stehe ich dazu. Aber ich werde nicht mehr für alles Verantwortung übernehmen.

Sie sind auch für das Fan-Thema der Verantwortliche. Werden Sie nach dem Hartberg-Skandal auch hier Veränderungen durchsetzen?

Wir haben klare rote Linien. Manches, was sich die Öffentlichkeit wünscht, ist als Verein nicht umsetzbar. Da fehlt uns die Handhabe. Was sicher bleibt, ist, dass ich Rapid davor schütze, als Verein Schaden zu nehmen.

Interview: Rapid-GF Steffen Hofmann

Sie haben sich extrem für den Frauenfußball eingesetzt. Sind Sie zufrieden?

Wir stehen dort, wo wir hinwollten: Alle Spiele gewonnen, der Meisterteller im Haus. Besonders freut mich die grandiose spielerische Entwicklung dieser Saison.

Es gibt weiterhin – auch in der Fanszene – Rapidler, die nichts mit Frauenfußball anfangen können ...

... es gibt auch welche, die meinen: „Spart’s euch die Akademie und kauft drum zwei Spieler“. Die Frauen gehören zum Klub. Wir können es nicht allen recht machen.

Sie haben das Präsidium zusammengestellt. Empfehlen Sie, dass es sich im November wieder der Wahl stellt?

Nicht alles, was das sehr engagiert arbeitende Präsidium geschafft hat, ist bereits öffentlich zu sehen. Der fünfte Platz überstrahlt das im negativen Sinn. Das ist auch dem Präsidium klar.

Wenn es wieder Wahlkampf wie 2019 geben sollte ...

... wäre das nicht sinnvoll. Ein Wahlkampf produziert Verlierer, persönliche Verletzungen, Misstrauen im Verein. Zusammenhalt ist das, was wir brauchen. Nur mit Vertrauen können wir wirklich Erfolg haben.

Kann es bei Rapid Ruhe geben, wenn der Erfolg fehlt?

Erfolg ist die Grundvoraussetzung für Ruhe. Es muss nicht immer Platz eins oder zwei sein, aber Platz fünf ist es ganz sicher nicht.

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