Spanische Revolution in Porto

Julen Lopetegui wird von den Medien in Spanien und Portugal derzeit als Trainer-Shootingstar gefeiert.
Unter dem Spanier Lopetegui entwickelte sich Porto bisher hervorragend, das spürte auch der FC Bayern.

Dass der FC Porto im Viertelfinale der Champions League steht, haben sich vor der Saison wohl nur wenige gedacht. Dass er dort sogar Bayern München mit 3:1 im Hinspiel besiegt und sehr gute Chancen auf einen Aufstieg ins Halbfinale hat, wohl noch wenigere. Doch die Portugiesen sind in der Champions League heuer sogar noch ungeschlagen und obwohl man ein gewisses Losglück nicht abstreiten kann, ist die Mannschaft von Trainer Julen Lopetegui sicher nicht unverdient so weit gekommen.

Auch wenn Bayern derzeit mit großen Verletzungsproblemen kämpft, so war die Startelf im Viertelfinalhinspiel immer noch weitaus namhafter als jene des FC Porto. Die ersten beiden Tore resultierten zwar aus individuellen Fehlern, doch waren diese eben durch das starke Pressing Portos erzwungen. Denn Dante und Xabi Alonso sind schon länger fehleranfällig, Porto nutze dies gut aus. Mit Spielern wie Arjen Robben, Franck Ribery und David Alaba hätte es der FC Bayern zwar sicher einfacher gehabt, aber die Niederlage nur auf die Verletzungsprobleme und individuelle Fehler zurückzuführen würde der sehr starken Leistung der Portugiesen, die vor allem im Pressing und mit interessanten Rythmuswechseln überzeugten, nicht gerecht werden. Denn der Hinspielsieg zeigt einmal mehr welch gute Arbeit in Porto geleistet wird.

Erfolgreiche Transferpolitik

Bereits 2004 konnte der FC Porto überraschen, als unter dem damals 41-jährigen Jose Mourinho die Champions League gewonnen wurde. Sieben Jahre später, 2011, gelang der nächste Thriumph als Porto mit dem Trainertalent Andre Villas-Boas die Europa League gewinnen konnte. Besonders erfolgreich war in den letzten Jahren auch die Transferpolitik des Vereins, der regelmäßig talentierte Spieler aus Südamerika gewinnbringend weiterverkaufen konnte (siehe unten). Doch durch diese vielen Spielerverkäufe ist es schwer, auf Dauer erfolgreich zu sein. Jahr für Jahr verlassen die wichtigsten Spieler den Verein und stets muss eine neue Mannschaft zusammengestellt werden.

So passte letzte Saison beim FC Porto nur wenig zusammen. In der Liga wurde Benfica überlegen Meister, Porto landete hinter Sporting nur auf Platz drei. In der Champions League enttäuschte Porto in der Gruppenphase, konnte dabei auch in Wien gegen die Austria nicht gewinnen und scheiterte schließlich im Viertelfinale der Europa League am späteren Sieger Sevilla.

Lopeteguis Erfolge mit Spaniens Nachwuchs

Aufgrund der schwachen Saison entschied sich der Klub zu einem gröberen Umbruch und fand dafür offenbar den richtigen Mann: Julen Lopetegui. Der 48-jährige frühere Tormann war bisher nur bei Rayo Vallecano als Vereinstrainer tätig, danach zog es ihn zum Nachwuchs von Real Madrid und zuletzt für vier Jahre zum spanischen Verband. Mit Spaniens Nachwuchsauswahlen war Lopetegui sehr erfolgreich, er wurde 2012 U19-Europameister und ein Jahr später U21-Europameister.

Die Verantwortlichen von Porto setzten großes Vertrauen in Lopetegui, der vor allem am Transfermarkt sehr viel Einfluss hatte. Statt wie gewöhnlich junger Spieler aus Südamerika wurden hauptsächlich Landsmänner des neuen Trainers verpflichtet. Sieben Spanier wurden geholt, zudem spielten zwei weitere Neuzugänge zuvor in der Primera Divison. Die Transfers entsprachen dabei nicht dem üblichen Schema des Vereins, so war der teuerste Neuzugang, Adrian von Atletico Madrid, bereits 27 Jahre alt und zudem wurden erstmals auch talentierte Spieler von europäischen Großklubs, Casemiro von Real und Tello von Barcelona, ausgeliehen.

Ballbesitzfußball in Porto

Doch nicht nur die Transferpolitik änderte sich letzten Sommer. Mit dem neuen Trainer änderte sich auch die Spielkultur, statt einem eher dynamischen Umschaltspiel wie in den letzten Jahren steht Porto nun für spanischen Ballbesitzfußball. Eine Veränderung, die mittlerweile schon sehr gut funktioniert. In Portugal wird Lopetegui schon als „Guardiola Nummer zwei“ gefeiert. Pep Guardiola hatte vor dem Viertelfinale auch einige lobende Worte für seinen ehemaligen Teamkollegen bei Barcelona über: „Lopetegui ist ein toller Typ. Ich mag seine Arbeit in Porto, er ist sehr gut.“

Schon in den ersten Spielen unter Lopetegui war ersichtlich, dass es sich um ein sehr interessantes Projekt handelt, da der neue Trainer auch die wohl idealen Spieler für seinen gewünschten Fußball zur Verfügung hat. Die Mannschaft besticht durch einen starken Spielaufbau und ein sehr variables Mittelfeld. Alle Akteure der Mannschaft sind unglaublich technisch beschlagen, einzig die Innenverteidigung fällt ab, wobei diese dennoch recht spielstark ist. Durch diese insgesamt enorme technische Qualität kann die Mannschaft auch unter Druck sehr gut von hinten das Spiel aufbauen, in der Offensive ist das Spiel sogar extra auf Dribblings ausgelegt. Porto steht stets sehr breit, was zwar Kombinationen zwischen den Spielern erschwert, aber mehr Platz für Eins-gegen-Eins-Situation bietet. Dribbelkünstlern wie Yacine Brahimi, Oliver Torres, Ricardo Quaresma oder Hector Herrera kommt dies sehr entgegen.

Auch ohne Ball sehr stark

Gegen Bayern zeigte sich aber, dass der FC Porto bei weitem nicht nur für Ballbesitzfußball steht, sondern um einiges mehr zu bieten hat. Die Mannschaft von Julen Lopetegui stand defensiv sehr kompakt und zeigte phasenweise ein wirklich gutes, höheres Pressing. Zudem ist Porto durch die vielen technisch starken, schnellen Offensivakteure auch bei Kontern sehr gefährlich, was die Bayern im Rückspiel am Dienstagabend vor einige Probleme stellen könnte.

Der Aufstieg ins Halbfinale wäre ein großes Ausrufezeichen, doch auch so zeigt sich bereits wie gut sich das Team unter Julen Lopetegui bisher entwickelt hat. Daher ist es sehr schade, dass die Mannschaft im Sommer erneut ein wenig auseinanderzubrechen droht. Denn der Transfer des rechten Außenverteidigers Danilo zu Real ist bereits fix, sein Pendant auf der linken Abwehrseite, Alex Sandro, wird angeblich von Juventus und Manchester City umworben. Auch die starken Leistungen von Yacine Brahimi, der heuer zum neuen Star der Mannschaft avancierte, werden den europäischen Topklubs sicher nicht verborgen bleiben. Zudem ist noch unklar wie es mit den Leihspielern Casemiro, Tello und Oliver Torres weitergeht. Doch selbst mit erneut so vielen Abgängen steht dem FC Porto und Julen Lopetegui mit Sicherheit eine rosige Zukunft bevor.

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