Mittlerweile ist Sergej Mandreko ein Gefangener in seinem eigenen Körper. Dem (trotz eines gelungenen Gastspieles bei Hertha BSC in Berlin) längst zum Österreicher und Wien-Fan gewordenen gebürtigen Tadschiken machte als Stadtliga-Trainer des Landstraßer AC lästiges Zucken im Oberarm zu schaffen. Nichts ahnend, dass das ein Vorbote einer unheilbaren Krankheit war.
Eine, über deren Ursachen die Wissenschaft bis heute rätselt und die im Schnitt zwei von 100.000 Menschen heimsucht – ALS. Lähmungen befallen langsam aber unaufhörlich den gesamten Körper. Die Gliedmaßen lassen sich alsbald nicht mehr steuern. Nur Sehen, Hören, Gedächtnis, Geruchs- und Geschmacksinn bleiben verschont.
Das britische Physikgenie Stephen Hawking zählt zu den bekanntesten Opfern. Er konnte nur noch über Sprachcomputer kommunizieren. Der italienische Nationalstürmer Stefano Borgonovo (1990 mit Milan Europacup-Finalsieger) starb mit 49 Jahren. Im Zusammenhang mit dem tragischen Fall Borgonovo wurde in Italien vermutet, dass auch die unerklärlichen, zum Tod führenden Lähmungen einiger italienischer Top-Liga-Spieler (darunter der Wiener Ernst Ocwirk) der 60er-Jahre auf ALS zurückzuführen waren.
Als Mandreko mit der Diagnose konfrontiert wurde, hoffte er, dass die Medizin schon fortgeschrittener sei. Er kontaktierte auch einen Medizin-Guru in der ehemaligen Sowjetunion, aus der Mandreko 1992 zu Rapid gekommen war. Doch der körperliche Verfall ließ sich nicht stoppen. Trotz liebevoller Pflege seiner Frau. Das Whatsapp-Profilbild zeigt Mandreko, wie er dekoriert mit grün-weißem Rapid-Schal lächelnd in ihren Armen liegt.
Ins Handy sprechen kann er nicht mehr. Vor knapp zwei Jahren empfand es Mandreko noch als Highlight, wenn man ihn im Rollstuhl von der ebenerdigen Wohnung in der Marokkanergasse in die Wiener Innenstadt brachte. Heute ist auch ein Leben in der behindertengerechten Bleibe nicht mehr möglich. Er wurde in ein Pflegeheim übersiedelt.
Verständigen könne er sich nur noch mit den Augen via Computer, sagt Stephan Marasek. Obwohl am weitesten entfernt, hat der in Tirol lebende ehemalige Nationalspieler zu seinem ehemaligen Rapid-Kumpel den meisten Kontakt. Mehrmals im Jahr fährt der beruflich in Westösterreich engagierte Marasek nach Wien, um Mandreko zu besuchen.
Er bewundert Sergej. Getreu seinem Sternzeichen kämpfte Mandreko wie ein Löwe. Am gestrigen 1. August wurde der ehemalige Rapid-Meisterspieler 50 Jahre alt.
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