Salzburger Juwel: Der grenzenlose Hype um Erling Braut Haaland
Erling Braut Haaland ist ein Phänomen. Der erst 19-jährige Salzburg-Stürmer, der nach drei Spieltagen die Torschützenliste der Champions League mit sechs Treffern anführte, hat europaweit eine mediale Hysterie ausgelöst, wie es sie noch nie um einen Spieler eines österreichischen Klubs gegeben hat. Zwei Zahlen, die verdeutlichen, was Haaland da in seinen ersten drei Spielen in der Königsklasse gelungen ist: Für sechs Tore in der Champions League brauchte Cristiano Ronaldo vier Jahre und 32 Einsätze. Lionel Messi schaffte es in drei Jahren und 17 Einsätzen.
Der Norweger schreibt Schlagzeilen in ganz Europa. Seit Wochen vergeht praktisch kein Tag, an dem er nicht mit irgendeinem anderen der europäischen Topklubs in Verbindung gebracht wird. Laut der englischen Zeitung Guardian sollen ihn mittlerweile 20 Vereine ganz oben auf ihrer Wunschliste haben - darunter Manchester United und City, Real Madrid, Juventus Turin, Salzburgs Champions-League-Gegner SSC Napoli sowie die Münchner Bayern.
Bei jeder internationalen Pressekonferenz der Salzburger gehören Fragen zu Haaland - meist gestellt von extra aus seiner Heimat Norwegen angereisten Journalisten - längst zum Standardrepertoire. Auch in Neapel war das so, also musste Trainer Jesse Marsch zum x-ten Mal, aber dieses Mal auch Kapitän Andreas Ulmer Fragen zum Shooting Star beantworten.
„Er ist eine große Bereicherung für uns und sehr, sehr gut in Form. Das sieht man an seiner Torquote“, sagte der 34-jährige Dauerbrenner. „Erling kann sich recht gut durchsetzen in der Box und ist auch von der Geschwindigkeit her nicht langsam. Durch ihn ist unser Spiel in der Offensive noch variabler.“
Haaland ist in dieser Saison wie Phönix aus der Asche gestiegen. Was viele vergessen: Er ist fast ein Jahr in Salzburg, nachdem er Ende August 2018 von Molde verpflichtet worden war. Die Saison in Norwegen spielte der Stürmer allerdings noch zu Ende. Danach übersiedelte er im November nach Salzburg.
Unter dem damaligen Trainer Marco Rose kam Haaland im gesamten Frühjahr 2019 nur zu wenigen Kurzeinsätzen. „Er war von Anfang an sehr fokussiert, hat aber auch ein paar Wochen gebraucht, um die Spielweise zu adaptieren“, erklärt der aktuelle Gladbach-Coach, der bei Red Bull zumeist auf Munas Dabbur und Fredrik Gulbrandsen gesetzt hatte. „Das erste halbe Jahr“ in Österreich sei „nicht so einfach für ihn“ gewesen, weiß Rose.
Unter dessen Nachfolger ist das anders. Jesse Marsch, dem die im Sommer abgewanderten Dabbur und Gulbrandsen nicht mehr zur Verfügung stehen, setzte von Saisonbeginn an auf Haaland. Und der schlug sofort ein. Im ersten Pflichtspiel, der Cup-Partie in Parndorf, steuerte er drei Treffer zum 7:1-Sieg bei. 19 weitere Tore sollten bis zur Champions-League-Partie in Neapel folgen.
Spektakulär
Dass Interesse der Topklubs da ist, beweist auch die Tatsache, dass sich deren Scouts bei Salzburg-Spielen um die Sitzplätze in den Stadien streiten. „Uns ist schon bewusst, dass wir einen besonderen Spieler bei uns haben. Es ist von der Entwicklung her vielleicht der spektakulärste Spieler, den wir je hier gehabt haben“, erklärt Salzburg-Sportchef Christoph Freund, der weiß, was er da für ein Juwel in seinem Team hat.
Haaland war für rund fünf Millionen Euro Ablöse aus seiner norwegischen Heimat nach Salzburg gewechselt. Sein Vertrag läuft vorerst bis 2023 – ohne Ausstiegsklausel. Mittelfristig könnte er Salzburg bei den Transfererlösen in eine neue Dimension hieven.
Mit den Liverpool-Stars Sadio Mané und Naby Keita sollen die Salzburger inklusive Weiterverkaufs- und Bonuszahlungen bereits 23 sowie 29,75 Millionen Euro lukriert haben. Bei Haaland wird wohl eine mögliche Ablösesumme noch deutlich höher ausfallen. „Es wird kein Verlustgeschäft werden“, meinte Freund gegenüber der APA.
„Wir haben viel Zeit“
Konkrete Angebote gebe es aber nicht, wiederholte Freund auch in Neapel - weder für das bevorstehende Winter-Transferfenster, noch für den folgenden Sommer. Unmittelbar bevorstehen dürfte der Abschied aller Voraussicht nach also nicht.
„Wir haben viel Zeit“, richtete Freund möglichen Interessenten aus. Zudem wisse auch Haaland, was er an den Salzburgern hat, für die er sich im Sommer 2018 trotz anderer Angebote aus größeren Ligen sehr bewusst entschieden hat. Freund: „Die Mannschaft passt zu ihm, und er passt zur Mannschaft.“
„Ein cooler Typ“
Das soll auch Vater und Manager Alf-Inge Haaland so sehen, der sein engster Vertrauter ist. Salzburgs Sportchef schätzt den Sohn des früheren England-Legionärs nicht nur für seine Tore. „Es ist außergewöhnlich für einen so jungen Spieler, schon solche Statistiken und auch so einen positiven Spirit zu haben. Wenn er sich nicht verletzt, wird er eine außergewöhnliche Karriere machen.“
Dass ein Spieler mit solchen Qualitäten wie Haaland nicht immer und ewig in Österreich bleiben wird, weiß man natürlich auch in Salzburg. „Wir wissen um die Mechanismen des Fußballs“, sagt Freund.
Vom Hype rund um den 1,94 Meter großen Norweger will man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen - wie Haaland auch, den das Theater um ihn eher belustigt. „Er ist ein cooler Typ und geht sehr gut damit um“, meinte Freund. „Die Gerüchte belasten nicht. Ich finde, es ist eher eine Wertschätzung. Das ist schön für den Spieler und für den Verein.“
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