Saisonende im Amateurfußball: Wie es weitergehen kann

Traurige Realität: Die Plätze der Amateurfußballer bleiben bis Sommer leer, die Saison muss abgebrochen werden
Kompletter Neustart? Die Punkte mitnehmen? Oder die aktuelle Saison im Herbst fertig spielen? Der ÖFB entscheidet in einer Woche

Der Amateurfußball ist am Ende. Zumindest für diese Saison. Das steht nach dem Beschluss der Regierung, Veranstaltungen bis Ende Juni zu untersagen, fest. Offiziell beschlossen wird der Abbruch in einer Woche: Am Mittwoch, den 15. April, kommt das ÖFB-Präsidium (erstmals) mittels einer Videokonferenz zusammen.

Geisterspiele, die als Retter der Saison für Profis gelten, sind im Amateurfußball keine Hilfe. Gerade die kleinen Klubs leben vom Stammpublikum und dem Umsatz in der Kantine. Abgesehen von den nötigen Corona-Tests, die für Zehntausende Amateurkicker nicht zur Verfügung stehen würden.

Werner Mischling, langjähriger Sektionsleiter von Retz, sagt zum KURIER: „Wir sind ein gesunder Verein und haben Null Rückstände, aber ich glaube, ich kann da für alle sprechen: Geisterspiele sind für Amateurklubs nicht finanzierbar.“

ÖFB sichert sich ab

Wie geht’s weiter? Gibt es Auf- oder Absteiger? Von dieser Ungewissheit sind aktuell nicht nur Profis betroffen, sondern auch weit über tausend Amateurklubs.

Saisonende im Amateurfußball: Wie es weitergehen kann

 

Der ÖFB lässt gerade ein Rechtsgutachten erstellen. Der Jurist Josef Geisler betont als Tiroler Verbandspräsident: „Wir brauchen einheitliche Lösungen für ganz Österreich, damit danach nicht  Schiedsgerichte angerufen werden oder von Vereinen gar der Rechtsweg bestritten wird.“

Kreativität gefragt

Wie heikel die  Entscheidung ist, zeigt das Beispiel Retz, dem Tabellenführer der 1. NÖ-Landesliga nach 16 Runden. Bei einer völligen Annullierung der aktuellen Saison wären die Weinviertler also um die Früchte ihrer Arbeit gebracht.

Die Fairness würde ebenso auf der Strecke bleiben, würde man die Saison für abgeschlossen und die Retzer zum Meister und Aufsteiger in die Regionalliga erklären. Vor allem gegenüber dem ersten Verfolger Kottingbrunn, der nur einen Punkt Rückstand und dazu ein Spiel weniger ausgetragen hat.

Beispiele wie diese gibt es aber nicht nur in der Landesliga Niederösterreichs. Um für alle eine möglichst faire Lösung zu treffen, braucht es also kreative und innovative Lösungsansätze.

Zwei Varianten könnten wie folgt aussehen:

  • Die aktuell ausgesetzte Frühjahrssaison wird nach überstandener Corona-Krise im Herbst gespielt, bis spätestens Dezember stehen also die Meister, Auf- und Absteiger fest. Die neue Saison startet im Frühjahr 2021 und wird mit nur einem Durchgang bis Sommer fertig gespielt. Ohne Rückrunde wird eben ausgelost, wer gegen wen ein Heim- oder Auswärtsspiel hat. Bei einer Liga mit etwa 16 Klubs und 15 Runden hätten manche Klubs acht Heimspiele, andere nur sieben. Eine minimale Ungerechtigkeit im Vergleich zu einer kompletten Annullierung. Nach dieser Blitzsaison wäre der alte Rhythmus im Sommer 2021 mit Beginn einer neuen, vollen Saison wiederhergestellt.
  • Die aktuelle Saison wird für beendet erklärt, es gibt keine Auf- und Absteiger, doch die Klubs starten mit der Punkteausbeute der abgebrochenen Saison in die neue Spielzeit. Der Fleiß und Schweiß wäre also nicht umsonst gewesen. Am Beispiel aus der Wiener Stadtliga hieße das: Die Vienna würde ihren erspielten Vorsprung von sechs Punkten auf den ersten Verfolger Austria XIII in die neue Saison mitnehmen und hätte beste Chancen, den angepeilten Aufstieg in die Ostliga mit einem Jahr Verspätung zu realisieren.

Die Entscheidung, wie es im Amateurfußball weitergeht, wird mit viel Feingefühl getroffen werden müssen. Sie obliegt dem Präsidium des ÖFB, die Folgen der erstmaligen Videokonferenz am Mittwoch werden weitreichend sein.

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