Völler: "Wir haben uns nicht erwischen lassen"

Leverkusens Sportdirektor über die deutschen Titelchancen, Arnautovic und den europäischen Fußball.

Rudi Völler, deutsche Fußball-Legende und Sportdirektor von Bayer Leverkusen, fliegt am Mittwoch nach Wien, um bei Puls 4 seine Expertisen zur Champions League zum Besten zu geben. Der KURIER sprach vorab mit ihm.

Was kann den Finaleinzug von Bayern verhindern?
Rudi Völler: Ich kann mir bei allem Respekt vor Barcelona nicht vorstellen, dass sie ein 0:4 gegen diese Bayern aufholen können. Ich wünsche mir ein schönes Spiel mit einigen Toren.

Fußball-Europa spricht aufgrund der Leistungen von Bayern und Dortmund von einer Wachablöse im internationalen Fußball? Ist es so?
Ich finde das verfrüht. Mit solchen Definitionen gehe ich vorsichtig um. Die Leistungen der beiden Klubs sind auch eine grandiose Sache für die Bundesliga. Aber die Engländer werden kommende Saison wieder eine bessere Figur machen. Einzig Italien ist seit ein paar Jahren zurückgefallen.

Sie sind ein Italien-Experte. Warum ist das so?
In Italien fehlt es vor allem an der Infrastruktur. Es gibt nur wenige neue Stadien, Juventus hat eines, Roma und Udinese bekommen erst eines. Die Situation in Italien ist so wie bei uns in den 1970er-Jahren. Einige Geldgeber wie bei den Mailänder Vereinen Inter und Milan investieren weniger. Das merkt man an den Ergebnissen.

Völler: "Wir haben uns nicht erwischen lassen"
Germany's team captain Lothar Matthaeus (C) argues with "coach" Rudi Voeller during their "Match of the century", a charity soccer match between former soccer internationals from Germany and Italy, in Frankfurt, October 14, 2012. REUTERS/Kai Pfaffenbach (GERMANY - Tags: SPORT SOCCER)
Im deutschen Fußball gab es nach der EM 2000 ein Umdenken. Haben Sie als Teamchef damals schon etwas gemerkt?
Nein, erst 2006 hat die neue Struktur zu greifen begonnen. Lange Zeit haben wir uns auf unsere Meriten verlassen und die Jugend nicht mehr gut ausgebildet. In vielen Sitzungen hat man im Verband dann alles umgekrempelt. Vor allem mit Profi-Trainern im Jugendbereich. Heute ernten wir die Früchte. Das Team ist so gut wie die letzten 20, 30 Jahre nicht.

Ist alles angerichtet für den WM-Titel 2014?
Deutschland zählt neben Brasilien, Argentinien und Spanien zu den vier Top-Favoriten für mich. Das soll nicht überheblich klingen, aber wir haben überragende Spieler. Nicht nur elf, sondern 20 bis 25.

Was halten Sie vom österreichischen Nationalteam?
Ich bin begeistert. Vor allem, wie man gegen Deutschland gespielt hat. Ich denke, da ist man für die nächsten Jahre auf einem guten Weg.

Ist der Anspruch, sich für eine WM zu qualifizieren, für Österreich zu hoch?
Das kommt immer auf die Auslosung an. Wenn du in einer Gruppe mit Spanien und Frankreich bist, musst du dich hinten anstellen. Aber mit Schweden und Irland kann, ja muss man sich sogar messen. Das muss der Anspruch sein.

Sie haben früher bei Bremen gespielt. Wie sehen Sie die Eskapaden des Marko Arnautovic?
Sagen wir so, Bremen hat generell eine schwere Saison. Stünden sie in der Tabelle besser da, würde man vielleicht ein Auge zudrücken. Ganz ehrlich – das wird auch der Toni Polster bestätigen – wir sind auch mal um drei Uhr in der Früh etwas schneller Auto gefahren. Aber wir haben uns damals eben nicht erwischen lassen.

Götze wechselt für 37 Millionen zu Bayern und alles regt sich auf. Ist das nicht scheinheilig?
Also, wenn die Bayern einen Spieler wollen, dann bekommen sie ihn auch. Der Zeitpunkt der Verlautbarung war unglücklich. Aber sonst sehe ich das selbst als Klub-Verantwortlicher gelassen, weil es eben ein Profigeschäft ist.

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