Robert Almer: „Ich will Professionalität vermitteln“

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Der Ex-Teamtormann spricht über seine Doppelfunktion in Mattersburg, die Einstellung der Spieler und den Druck.

Robert Almer beendete diesen Mai offiziell seine Karriere. Der Tormann aus der Steiermark zog mit 34 einen Schlussstrich unter die aktive Laufbahn und wechselte fast nahtlos aus einem Profikader in ein Betreuerteam. Mattersburgs Klubchef holte den 33-fachen Teamspieler als Tormanntrainer und machte ihn kurz danach zum sportlichen Leiter.

Der Vorzeigesportler aus Birkfeld kam über den Nachwuchs von Sturm Graz zur Austria und wurde an Untersiebenbrunn, Altach und Leoben verliehen. Nach zwei Jahren bei Mattersburg (2006 bis 2008) ging er zur Austria. 2011 wechselte er zu Düsseldorf, 2013 zu Cottbus, 2014 zu Hannover. Im Sommer 2015 kehrte er zur Austria zurück. Am 20. Oktober 2016 zog er sich in der Europa League gegen AS Roma eine schwere Knieverletzung zu, von der er sich nicht mehr erholte. Er ist mit der Ex-Schwimmerin Dominique Nadarajah verheiratet und Vater einer Tochter (2) und eines Sohnes (5).

KURIER: Wie fühlen Sie sich in der Doppelfunktion als Tormanntrainer und sportlicher Leiter in Mattersburg?

Robert Almer: Auf jeden Fall nicht unterbeschäftigt.

Tormanntrainer sind Sie jetzt quasi nebenbei.

Was heißt nebenbei: Wenn man den Job als Tormanntrainer ordentlich machen will, ist das zeitintensiv. Eine Trainingseinheit dauert mit Vor- und Nachbesprechung fünf Stunden. Außerdem gehört auch Videoanalyse speziell für den Tormann dazu, um zu schauen, ob in einer Situation seine Schrittfolge gepasst hat, ob er richtig gestanden ist, wie er sich im Zusammenspiel mit den anderen verhält.

Was wollten Sie machen, als Sie sicher waren, ihre Karriere zu beenden?

Ich hatte viele Ideen im Kopf. Trainer, Management, aber auch aufgrund meiner Krankengeschichte verschiedene Facetten im Gesundheitsbereich. Ich habe die Aufnahmeprüfung für die Ausbildung zum Physiotherapeuten gemacht und wollte auch die fürs Medizinstudium machen. Dann kamen fast gleichzeitig die Angebote von Mattersburg als Tormanntrainer und von der Austria als Teammanager.

Hört sich beides interessant an. Warum nicht die Austria?

Ich habe das Gefühl gehabt, dass ich in der Position sportlich nichts weiterentwickeln kann. Nicht, dass ich mir zu gut dafür wäre. Aber ich habe so viel gesehen, dass ich auch etwas verändern und bewirken will.

Und dann hat sich der Job als sportlicher Leiter bei Mattersburg ergeben. Haben Sie gleich zugesagt?

Nein. Das waren einige schlaflose Nächte. Ich habe das vor allem mit meiner Frau besprochen und gefragt, ob wir das packen. Domi trägt derzeit die ganze Last der Erziehung. Ich bring’ die Kinder in der Früh in den Kindergarten, wenn ich heimkomme, schlafen sie meistens schon.

Persönlich hatten Sie kein Problem, dass Urgestein Franz Lederer gehen musste?

Ich war Spieler unter Franz Lederer. Als ich als Tormanntrainer gekommen bin, war er sportlicher Leiter. Ich habe mit ihm und mit Trainer Gerald Baumgartner acht Wochen zusammengearbeitet. Aber im Profifußball muss man sich bewusst sein, dass man ein Ablaufdatum hat.

Wann waren Sie sich sicher, dass Ihre Profi-Karriere abgelaufen ist? Sie haben sich vor zwei Jahren schwer verletzt – hatten Sie je Hoffnung, dass es weitergehen kann?

Ja. Über meinen ehemaligen Teamkollegen Markus Suttner bin ich zum Klubarzt von Ingolstadt gekommen. Das war im Dezember, da konnte ich nicht einmal schmerzfrei gehen. Der Arzt hat mich auch alternativ behandelt, da hatte ich kurz die Hoffnung, dass ich wieder spielen kann. Ich bin nach der Verletzung nie mehr wieder auf dem Platz gewesen.

Ist Ihr Knie so kaputt?

Es ist der Knorpel auf dem Oberschenkelknochen hinter der Kniescheibe. Da kommt bei jeder Bewegung Druck drauf. Auch mein damaliger Operateur hat gemeint, dass es keinen Sinn mehr hat. Und ich will im Alter auch halbwegs schmerzfrei sein und mit meinen Kindern Sport betreiben. Davonlaufen geht eh nicht mehr. Radfahren und Schwimmen ist aber okay.

Immerhin können Sie beim Tormanntraining schießen und flanken.

Aber nur mit links, ich habe umlernen müssen. Ich muss aber auch täglich meine Übungen machen. Das ist sich jetzt mit der Doppelbelastung nicht mehr ausgegangen, weshalb mein Knie aktuell auch um einiges dicker ist.

Wann haben Sie mit der Ausbildung zum Tormanntrainer begonnen?

Das war 2013, mittlerweile fehlt mir für die UEFA-Tormanntrainerlizenz noch ein Modul, die schriftliche Arbeit und eine Hospitation.

Sie haben aber auch ein Studium begonnen.

Ich habe schon mit 19 Jahren ein Jus-Studium begonnen. Das ist sich aber mit all den Anwesenheitspflichten neben dem Profifußball nicht ausgegangen. Im September 2017 habe ich dann an der FH Burgenland mit Business Administration und Sport begonnen. Das ist als Online-Campus aufgebaut. Da ist man flexibler, da habe ich aus den ersten zwei Semestern nur noch eine Prüfung offen.

Was wollen Sie jetzt bei Mattersburg vermitteln?

Vor allem Professionalität. Die habe ich in Deutschland, aber auch im Nationalteam unter Marcel Koller kennen gelernt. Bei den europäischen Topklubs ist die noch ein, zwei, drei Stufen höher.

Wie soll das bei einem kleinen österreichischen Klub gehen?

Die Spieler müssen Professionalität verinnerlichen. Im Training, im Spiel, in der Ernährung. Dass Ronaldo zehn Jahre Weltklasse ist, kommt nicht von ungefähr. So eine Karriere geht nicht ohne gesunde Ernährung, ohne tägliches Zusatztraining, ohne tägliche Regeneration.

Das ist aber nicht nur wichtig bei Mattersburg.

Nein. Das muss allen Spielern bewusst sein, die in einer Akademie sind. In Österreich gibt es rund 300 Profis, rund 200 Spieler verlassen pro Jahr die zwölf Akademien. Auch wenn es in Österreich ein bisschen entspannter und gemütlicher zugeht – Fußball ist ein beinhartes Geschäft. In Deutschland ist das Leistungsprinzip ganz anders ausgeprägt. Da schießt Götze die Deutschen zur WM, diese Saison war er lange Bankerldrücker und Mitläufer. Die Jungen müssen lernen, mit Druck umzugehen, den gibt es auch im Arbeitsleben abseits des Profifußballs.

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