Montagabend, knapp vor Mitternacht, ist die offizielle Übergabe von Michael Krammer an seinen gewählten Nachfolger vorgesehen. Was bleibt von seinen sechs Jahren als Rapid-Präsident? Die Tops und Flops der Ära Krammer in der KURIER-Analyse:
PLUSPUNKT: Stadionbau
Der größte Pluspunkt der Ära Krammer war bereits nach zweieinhalb Jahren im Amt verbucht: das Allianz Stadion wurde in der vorgegebenen Zeit, im Budgetrahmen und ohne böse Überraschungen (bis auf sportlichen Misserfolg) im Juli 2016 eröffnet. Dass, wie vom KURIER berichtet, dem Baukonzern Strabag nach einer Klage rund 800.000 Euro nachgezahlt werden mussten, ist im Vergleich zu den üblichen Kostenexplosionen in Wien verkraftbar. „Wir halten die Benchmark für das günstigste, neue mittelgroße Stadion in Mitteleuropa“, meint Finanzchef Landthaler.
MINUSPUNKT: Personalpolitik
Immerhin, den nach eigenen Angaben „größten Fehler“ hat Krammer durch die Versöhnung und das Zurückholen von Zoran Barisic korrigiert. Aber auch sonst glich die Personalauswahl dem Prinzip „trial and error“. Fünf Trainer und drei Sportdirektoren waren in sechs Jahren zu viele und auch zu teuer.
PLUSPUNKT: Finanzen
Vor der Ära Krammer wäre so ein Gedränge um das Präsidentenamt undenkbar gewesen. Dietmar Hoscher etwa, der ursprüngliche „Kronprinz“ von Ehrenpräsident Edlinger, zog 2013 nach einem gründlicheren Blick in die Bücher zurück. Unter Krammer waren Gewinne in den Geschäftsberichten die Regel, auch sein Nachfolger wird die laufende Saison mit einem Plus bejubeln dürfen.
MINUSPUNKT: Titellosigkeit
Das „SK“ im Namen steht für Sportklub und deswegen wiegen die sechs Jahre ohne Titel besonders schwer. Rapid hat zwei Mal im Europacup überwintert und ist im UEFA-Ranking deswegen von Platz 105 auf 62 aufgestiegen. Im ÖFB-Cup, in dem früher fast regelmäßig Blamagen passiert sind, wurde zwei Mal das Finale erreicht. Im Vordergrund steht allerdings, dass die Fans einem „Rekordmeister“ zujubeln und seit 2008 keinen Grund mehr dafür bekommen haben.
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PLUSPUNKT: Mitglieder-Plus
„Einen Mitglieder-Verein zum Angreifen“ wollte der 59-Jährige entwickeln – das ist gelungen. Der Sprung von 7.342 auf 16.565 eingetragene Unterstützer ist enorm. In die Statistik wird eingehen, dass noch nie ein Verein in Österreich im Schnitt so viele Zuschauer hatte wie Rapid in den sechs Jahren mit Krammer. Und trotz der Misserfolge deklarieren sich 33 Prozent der Fußball-Interessierten aktuell als Rapid-Fans.
MINUSPUNKT: Sprücheklopfen
Für die Medien war Krammer ein dankbarer Präsident. Der Mobilfunkmanager hat druckreif und pointiert formuliert, ließ sich zwar seine Zitate noch vorlegen, hat sie aber stets unverändert oder mit minimalen Anpassungen autorisiert. Doch wer so selbstbewusst und angriffig austeilt, muss auch sportlich liefern. Krammers Erkenntnis ab 2017: „Ich habe den Mund zu voll genommen.“
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