Pro und Contra: Ist das Spiel um Platz drei bei der WM sinnvoll?
Kroatien und Marokko kämpfen bei der Fußball-WM in Katar um den dritten Platz. Bei beiden Teams ist die Trauer nach dem verpassten Finale zwar noch nicht vollständig erloschen, allerdings überwiegen Stolz und Freude über das bisher Erreichte.
Vor dem Duell am Samstag (16.00 Uhr/live ServusTV) sprechen die Kroaten sogar von einem „großen Finale“, das Überraschungsteam aus Marokko will die beeindruckende Reise mit einem letzten Erfolgserlebnis krönen.
Doch ist es eine gute Idee, die beiden Halbfinal-Verlierer noch zu einem Spiel um Bronze zu zwingen? Nicht nur bei den Fans sind die Meinungen geteilt, auch in der KURIER-Sportredaktion.
PRO
von Andreas Heidenreich
Die Chance auf den Titel ist dahin, die Enttäuschung groß, die Akkus sind leer. Und jetzt noch einmal die Schuhe schnüren?
Ja, bitte!
Das kleine Finale nährt gerade jenen sportlichen Gedanken, der durch die Gier und Geschäftemacherei im modernen Fußball längst in den Hintergrund geraten ist. Unter die letzten vier bei einem so lange andauernden Turnier schaffen es nur jene Teams, die einen ausgeprägten Spirit entwickeln konnten. Die großen Egos sind längst zu Hause. Elf Freunde müsst ihr sein. 26 sind es heute gar in den großen Kadern. Und es ist eine Belohnung für jene, die es so weit geschafft haben, dass ihre Reise noch einmal verlängert wird. Jetzt ist die Zeit, um zu genießen. Gerade jetzt, wo der Druck entwichen ist, wo zugelangt wird, wo wochenlang der Verzicht als oberstes Gebot galt (Bier!), wo Spieler bis spät in die Nacht zusammensitzen.
Viele von ihnen sind im Laufe der Wochen nicht über die Rolle des Statisten hinausgekommen, weil dieselben 12 oder 13 Spieler im Mittelpunkt standen. Auch sie bekommen jetzt ihre WM-Bühne.
CONTRA
von Alexander Strecha
Der heutige Fußball bietet dem Fan täglich unzählige Spiele auf vielen verschiedenen TV- oder Internetplattformen. Die Geschäftemacherei kennt mittlerweile keine Grenzen mehr und wird ähnlich ausgedehnt wie die Nachspielzeiten bei dieser WM.
64 Partien braucht es in Katar, ehe der Weltmeister gekürt ist. In vier Jahren nehmen gleich 48 Nationen am Turnier teil, was die Anzahl der Spiele auf mindestens 80 erhöht. Die FIFA reibt sich die Hände, denn jedes Match mehr bedeutet mehr Einnahmen. Präsident Gianni Infantino hatte in Katar den wüsten Einfall den Modus so zu verändern, dass in den USA, Kanada und Mexiko im Jahr 2026 gleich über 100 Spiele stattfinden könnten. Das Spiel um Platz drei, das Duell der zwei Halbfinal-Verlierer, ist ein Pausenfüller, damit die Fußball-Süchtigen nicht drei Tage ohne Droge auskommen müssen. Im aktuellen Fall hat es immerhin für Marokko, den ersten afrikanischen WM-Halbfinalisten, eine besondere Bedeutung.
Die Zirkuspferde müssen noch einmal in die Manege, weil es Direktor Gianni so will.
Kommentare