Nach der ÖFB-Gala gegen Norwegen: Warum Rangnick recht behielt
Es ist nur ein paar Wochen her, da war Österreichs Fußballfans die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Ein 1:1 gegen Slowenien und ein 1:2 in Norwegen haben Fragen aufgeworfen. Wars das schon wieder mit der Fußball-Euphorie, so kurz nach der großen Party von Berlin mit dem EM-Gruppensieg vor Frankreich und den Niederlanden? Hat das Achtelfinal-Aus gegen die Türkei Österreichs Team tatsächlich so aus der Bahn geworfen? Und vor allem: Wurde das System Rangnick decodiert und braucht Österreich einen neuen Plan?
Die Antworten ließen nicht lange auf sich warten und lauten: Nein, nein und noch einmal nein. Österreich ist wieder in der Spur nach einem 4:0-Sieg gegen Kasachstan und einem heroischen 5:1 gegen Norwegen mit Weltstar Erling Haaland. Im November kann aus eigener Kraft mit Siegen im 4.600 Kilometer Luftlinie entfernten Almaty gegen die Kasachen und in Wien gegen Slowenien (es sind schon mehr als 30.000 Tickets verkauft) der Gruppensieg und Aufstieg in die Liga A der Nations League geschafft werden.
Ursache
Wie es gelungen ist, sich dermaßen überzeugend zurückzumelden und sich selbst in diese angenehme Ausgangsposition für die beiden Spiele im November zu manövrieren? Die Ursache dafür ist vor allem in der Coachingzone des ÖFB-Teams zu finden.
Bei dieser Gelegenheit kann man zugleich eine Fehleinschätzung einräumen. In diversen Medien – und auch im KURIER – war nach den beiden schwächeren Partien im September die Frage aufgeworfen worden, ob es nicht gegen defensivere Gegner einen Plan B bräuchte. Konkret: Einen anderen, kreativeren Zugang im eigenen Ballbesitz, wenn das vielerorts gefürchtete Pressing nicht funktioniert, weil die Konkurrenz mit Mann und Maus den eigenen Strafraum verbarrikadiert und nur lange Bälle nach vorne drischt.
Darauf angesprochen sagte Ralf Rangnick vor den jüngsten beiden Siegen: „Wir werden den Teufel tun und uns nur überlegen, wie wir im eigenen Ballbesitz besser werden.“ Das Spiel seiner Mannschaft steht und fällt mit der Intensität und der Aggressivität, dozierte der Teamchef und machte vor allem fehlende Energie bei seinen Spielern für die beiden misslungenen Partien verantwortlich.
Banal ausgedrückt: Mehr und schneller laufen anstelle des Versuchs, den Gegner durch schöne Kombinationen auszuspielen. Nach zwei Siegen und 9:1 Toren ließe sich Marko Arnautovic zitieren: „Shampoo!“ So hatte der Stürmer einst Torhüter Heinz Lindner nach einem starken Auftritt gewürdigt.
Shampoo, Herr Rangnick, muss es an dieser Stelle heißen. Der Teamchef hat recht behalten, indem er auf seinem Weg geblieben ist und auf die Rückkehr zu den eigenen Stärken beharrt hat, anstatt eine taktische Wegabkehr einzuleiten.
Darüber hinaus hat vor allem die Partie gegen Norwegen eindrucksvoll gezeigt, dass der Rangnick-Stil sehr wohl einen Plan B beinhaltet. Dieser war es auch, der den Kantersieg eingeleitet hat.
Wirkung
Plan A konnte am Sonntag relativ schnell ad acta gelegt werden. Mit Angriffspressing und Ballgewinnen möglichst nahe am gegnerischen Tor war wenig zu holen gegen die Norweger. Die Skandinavier hatten sich gar nicht erst darauf eingelassen und schon in den ersten 45 Minuten rund zehn lange Bälle über die attackierenden Österreicher hinweg in Richtung ihrer beiden großen Stürmer Haaland und Sörloth gespielt.
Plan B, die Staubsauger-Funktion im Mittelfeld, hat dann aber Wirkung gezeigt: Konrad Laimer und Nicolas Seiwald schnappten sich mit nimmermüder Aggressivität gefühlt jeden zweiten Ball, der nach den vielen Luftduellen abgefallen war. Durch das schnelle Umschalten in die Tiefe wurde der Druck auf die norwegische Abwehr zu groß und ließ den Teamchef schließlich wie folgt resümieren: „Das war ein sehr guter Lehrgang. Neun Tore in zwei Spielen, ein Gegentor. Schade, ich hätte gerne auch heute wieder zu null gespielt.“
Ob ihn einer seiner Spieler verblüfft hätte an diesem Gala-Abend? „Verblüfft hat mich keiner, aber es haben alle auf sehr hohem Niveau gespielt, so solls auch sein. Die Energie, die die Mannschaft versprüht hat, ist im positiven Sinne ansteckend.“ Fazit: Österreichs Team hat sich mit dem Schritt zurück zu den eigenen Stärken vorwärts bewegt.
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