Homosexuelle Fußballer? "Wäre schön, wenn ein Mann den Mut aufbringt"

Women's Euro 2022 - Group A - Austria v Northern Ireland
ÖFB-Teamkapitänin Sarah Puntigam über das Umfeld im Frauenfußball, Beziehungen im Rampenlicht und Outing bei Männern.

Sarah Puntigam ist 30 Jahre alt und hat 134 Mal im Nationalteam gespielt. Seit kurzem ist sie Team-Kapitänin und spielt in der US-Frauenliga bei Houston Dash in Texas. Sie hat sich Ende 2019 geoutet und letzten Sommer Genessee, eine US-Amerikanerin aus Kalifornien, geheiratet.

KURIER: Wie gefällt Ihnen, was bei der WM sportlich geboten wird?

Sarah Puntigam: Ich muss ehrlich sagen, dass ich noch nicht viel gesehen habe. Zum einen gab es nach dem Übersiedeln viel zu tun. Und zum anderen sind die WM-Spiele hier erst mitten in der Nacht. Ein Spiel der US-Amerikanerinnen war schon früher, das habe ich gesehen.

Man hat bei dieser WM abseits vom Sport das Gefühl, dass im Frauenfußball immer offener mit Homosexualität im Sport umgegangen wird. Rund 100 der mehr als 700 Spielerinnen haben sich geoutet.

Ich kenne die Zahlen nicht, aber das ist eine super Entwicklung. Das zeigt, dass im Frauenfußball ein Umfeld geschaffen wird, wo man sich wohl und sicher fühlt und das Gefühl hat, zu 100 Prozent man selbst sein zu können. Da kann der Frauenfußball mit Sicherheit ein Vorbild für die Gesellschaft sein.

Bei aller Offenheit, in der Heimat mancher WM-Teilnehmerinnen steht Homosexualität unter Strafe.

Daran sieht man, wie wichtig es ist, darüber zu reden und darauf aufmerksam zu machen. Und es müssen sich auch die Menschen dafür einsetzen, die nicht direkt davon betroffen sind.

Der Boulevard hat auch schon ein Beziehungsdrama im Verlauf der WM öffentlich gemacht.

Das ist halt so, wenn die Spielerinnen Persönlichkeiten des öffentlichen Interesses sind und im Rampenlicht stehen. Noch dazu wird auch irgendwas reininterpretiert, also diese Geschichten sollte man mit Vorsicht genießen.

Der Männer-Fußball steht noch viel mehr im Mittelpunkt. Die Angriffsfläche ist noch viel größer. Würden Sie einem homosexuellen männlichen Fußball-Profi raten, sich zu outen?

Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Es wäre schön, wenn ein männlicher Profi den Mut aufbringt. Ich glaube nämlich nicht, dass sich was ändern wird, wenn sich jeder versteckt. Aber wie vorhin schon erwähnt sollten auch die Vereine und Verbände in die Pflicht genommen werden und ein sicheres Umfeld schaffen.

War es für Sie und Ihre Frau Genessee ein Problem, dass beide den selben Job haben und im selben Team spielen wie in der letzten Saison beim 1. FC Köln?

Nein das war kein Problem für den Club, die Mitspielerinnen und für uns. Die Kölner sind aber auch sehr offene Leute. Wir haben uns in der Stadt und im Verein sehr wohl gefühlt. Aber jetzt hat sich das mit dem selben Job ohnehin erledigt. Genessee hat ihre Karriere als Fußballprofi beendet und arbeitet unter anderem als Co-Trainerin am College und auch für die Marketingagentur von Viki Schnaderbeck.

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