Nach Fehlstart: Türkei im "Heimspiel" gegen Wales um Pflichtsieg
Nach einer chancenlosen Vorstellung im EM-Auftaktspiel gegen Italien steht die Türkei in der Gruppe A bereits unter Siegzwang. In Baku gegen Wales, das einer überlegenen Schweiz einen Punkt abtrotzte, wird die Mannschaft von Senol Günes am Mittwoch (18.00 Uhr) Heimvorteil genießen. Bis zu 35.000 Türkei-Fans werden in Aserbaidschan erwartet. "Türkei, unsere Herzen schlagen mit dir!", steht übersetzt auf zahlreichen Plakaten vor dem Nationalstadion.
Der wohlwollende Empfang war Balsam für die sportlich enttäuschenden Türken. "Ich möchte mich bedanken. Sie sind Freunde, sie sind Brüder. Vom ersten Tag an haben sie uns das spüren lassen", erklärte Kapitän Burak Yilmaz am Dienstag.
Klare Auftaktniederlage
Das 0:3 in Rom war so klar, wie es das Ergebnis aussagt, und bedeutete für die Türkei die bereits neunte Niederlage im 14. EM-Gruppenspiel. Der türkische Verbandspräsident Nihat Özdemir hatte die Pleite schon kommen sehen - und vorgebaut: "Auch wenn wir in Italien unglücklich starten sollten, erwartet uns Baku - wo wir sechs Punkte holen werden", wurde Özdemir im Vorfeld von aserbaidschanischen Medien zitiert.
Teamchef Günes erwartet nun ebenfalls nicht weniger als "eine viel bessere Leistung". "Wir haben uns unter unserem Wert verkauft." Ob er personelle Änderungen vornehmen will, verriet der 69-Jährige nicht. "Es kann sein, dass ich mit der gleichen Startelf spiele wie gegen Italien."
Die Türkei hat die Gruppenphase seit dem Halbfinal-Einzug 2008 nicht mehr überstanden. Nach der verpassten EURO 2012 war 2016 nach der Vorrunde Schluss. 2021 war man nach einer starken Quali mit nur drei Gegentoren durchaus hoffnungsfroh - und von manchem Experten als Geheimfavorit - ins Turnier gestartet.
Nun also die Partie, die nicht nur für den weiteren Turniererfolg der beiden Teams richtungsweisend ist, sie hat in der nervösen Kaukasus-Region auch geopolitische Dimensionen. Die Türkei ist militärische Schutzmacht von Aserbaidschan und unterstützte das Land auch unlängst im Krieg mit Armenien um die Region Berg-Karabach.
Natürlich werden auch der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und sein aserbaidschanischer Amtskollege Ilham Aliyev, der die frühere Sowjetrepublik seit mehr als 17 Jahren autoritär führt, im Stadion erwartet. Als "Bruder" bezeichnete Erdogan im türkischen Parlament Aliyev zuletzt.
Waliser kämpferisch
Während die türkische Auswahl die 3.100-km-Reise nach Baku antrat, stellte sich Wales, das sein Auftakt-Spiel in Aserbaidschans Hauptstadt vor 8.782 Zuschauern bestritt, schon vor Ort auf eine hitzige Atmosphäre ein. "Wir wissen, es wird laut werden", sagte Liverpool-Youngster Neco Williams. "Wir wissen aber auch, wenn wir zusammenhalten, haben wir große Chancen, das Spiel zu gewinnen."
Die Briten sind seit drei Spielen sieglos, das 1:1 gegen Schweiz fühlte sich aber fast wie ein Sieg an. "Einen positiven Start hinzulegen, war wichtig für uns", sagte Wales-Coach Robert Page. "Wenn vier Punkte reichen (um sich zu qualifizieren), perfekt. Wenn nicht, werden wir auch weitermachen. Wir respektieren alle Teams in dieser Gruppe, doch Angst haben wir vor keinem." Die Hoffnungen ruhen wieder auf Kopfball-Spezialist Kieffer Moore, der seinem Team mit dem Tor gegen die Schweiz den Punkt bescherte.
Kommentare