LASK-Aufreger im Faktencheck: Elfmeter oder nicht?
Erstmals überhaupt kam am Dienstag der Video Assistant Referee (VAR) bei einem Fußballspiel in Österreich zum Einsatz. Und es dauerte beim Hinspiel des Play-offs der Champions League zwischen dem LASK und Club Brügge keine zehn Minuten, bis eine VAR-Entscheidung für große Aufregung sorgte.
Was war passiert? Der polnische Schiedsrichter Szymon Marciniak hatte nach einem Duell zwischen LASK-Kapitän Gernot Trauner und Brügge-Stürmer Loïs Openda auf Elfmeter entschieden. Nicht nur dieser Pfiff, sondern auch die Entstehungsgeschichte war wegen einer möglichen Abseitsstellung umstritten.
Marciniaks Landsmann Pawel Gil, der an diesem Abend als VAR in Linz im Einsatz war, griff nicht ein. Er dürfte das auch nicht gekonnt haben, weil ihm wegen technischer Probleme die notwendigen Bilder zur Überprüfung nicht zur Verfügung standen. Nach einer minutenlangen Pause trat Hans Vanaken zum Elfmeter an und stellte früh den 1:0-Endstand für Belgiens Vizemeister her.
Aber die Vorgeschichte zum entscheidenden Treffer war nicht das einzige heiße Thema rund um das erste Duell zwischen dem LASK und Brügge. Der KURIER beantwortet die wichtigsten Fragen.
War die Elfmeterentscheidung korrekt?
Es ist ein Grenzfall. Trauner hat seinen Gegenspieler, der vor ihm am Ball gewesen wäre, bei einem misslungenen Klärungsversuch mit dem Fuß (leicht) getroffen. Laut FIFA-Regel 12 („Fouls und unsportliches Verhalten“) ist ein Tritt im Strafraum mit Elfmeter zu ahnden. Die Bewertung liegt im Ermessen des Schiedsrichters. Marciniak entschied auf Strafstoß, zeigte Trauner aber keine Gelbe Karte. Das Vergehen war für ihn also nur „fahrlässig“. Das heißt laut Regelwerk, dass ein Spieler unachtsam, unbesonnen oder unvorsichtig in einen Zweikampf gegangen ist. Der VAR soll nur bei eindeutigen Fehlentscheidungen eingreifen. So eine wäre etwa vorgelegen, wenn es keine Berührung gegeben hätte.
Ging der Szene, die zum Elfmeter führte, ein Abseits voraus?
Ob der Brügge-Stürmer nun im Abseits stand oder nicht, ist eine Zentimeterentscheidung. Die Szene offenbarte eine große Schwäche des VAR. Die britische Zeitung Daily Mail deckte erst vor Kurzem auf, dass die gebräuchlichen TV-Kameras, die nur 50 Bilder pro Sekunde produzieren, so knappe Abseitsentscheidungen nicht auflösen können, weil sich die einzelnen Spieler in den jeweils 0,02 Sekunden zwischen den Frames natürlich bewegen (siehe unten). Dass von der umstrittenen Szene zwei Standbilder mit kalibrierten Linien im TV gezeigt wurden, wobei Openda im ersten Bild knapp im Abseits und im zweiten auf gleicher Höhe – also nicht im Abseits – stand, unterstreicht diese These.
Kann der VAR ein knappes Abseits überhaupt auflösen?
Die Daily Mail zeigte anhand eines nichtgegebenen Treffers von Raheem Sterling im Spiel bei West Ham die Probleme mit den Kameras auf, die die Bilder liefern, die dem Video Assistant Referee (VAR) in der Premier League zur Verfügung stehen. Diese liefern nur 50 Frames (Bilder) pro Sekunde. Zwischen den Aufnahmen vergehen also 0,02 nicht aufgenommene Sekunden.
Im ersten dem VAR damals zur Verfügung stehenden Bild war der Ball noch nicht gespielt. Der Stürmer von ManCity stand in diesem Moment noch nicht im Abseits. Im darauffolgenden Bild, das eben erst 0,02 Sekunden später aufgenommen wurde, hatte der Ball den Fuß des Passgebers klar verlassen. Sterling stand laut der Bildsoftware zu diesem Zeitpunkt 2,4 cm im Abseits. Der Spieler war aber mit 23,4 km/h gesprintet, hatte sich in den 0,02 Sekunden also 13 Zentimeter vorwärts bewegt.
Was war aber in den 0,02 Sekunden passiert? Wann berührte der Passgeber erstmals den Ball – und das ist entscheidend für die Frage Abseits oder nicht? Stand Sterling in exakt diesem Moment schon im Abseits oder nicht? Und wie bewegten sich seine Gegenspieler in diesen 0,02 Sekunden?
Auf all diese Fragen geben die VAR-Kameras keine Antwort – weil die dafür entscheidenden Bilder fehlen.
Wie stehen die LASK-Chancen auf den Einzug in die Gruppenphase der Champions League?
Diese sind nach der Heimniederlage natürlich gesunken. Ausgeschieden sind die Linzer allerdings noch nicht, ein 2:1-Sieg wie vor zwei Wochen im Auswärtsspiel der dritten Qualifikationsrunde beim FC Basel würde nach dem 0:1 auch im Rückspiel gegen Club Brügge am kommenden Mittwoch (21 Uhr) zum Aufstieg reichen – wegen der dann mehr geschossenen Auswärtstore. Allerdings gelten die Belgier als sehr heimstark. Das bekam auch Red Bull Salzburg erst im Februar zu spüren. Österreichs Meister kassierte im Hinspiel des Sechzehntelfinales der Europa League im Jan-Breydel-Stadion eine 1:2-Niederlage. Es war die erste im 32. Saisonspiel und im 31. Europacup-Spiel unter dem damaligen Trainer Marco Rose.
Seit Mitte März sind die Belgier vor ihrem enthusiastischen Publikum acht Heimspiele ohne Niederlage. Es gab sieben Siege in Folge und erst zuletzt ein 0:0 gegen Eupen. Ans Aufgeben denkt bei den Linzern natürlich niemand. „Der Traum lebt noch immer“, meinte Emanuel Pogatetz. „Wir haben noch die Chance, den Spieß umzudrehen, und ich bin überzeugt, dass wir das auch schaffen“, sagte Peter Michorl.
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