Er rutscht, erwischt den Ball, steht auf und reißt vor dem Block West wild gestikulierend die Arme in die Höhe.
Die Rapid-Fans toben, Leo Greiml genießt es. Der 20-jährige Verteidiger ist in seinen Elementen: Emotion, Kampf und – im besten Fall wie am Donnerstagabend – Jubel über einen Sieg.
Der Waldviertler war im Duell mit der nach Dynamo Kiew und Schachtar Donezk drittbesten Mannschaft der Ukraine der beste Mann auf dem Feld. Seine Zweikampfwerte gegen die starken Offensivspieler von Luhansk stachen hervor. Greiml verteidigte mehrmals in höchster Not, er blieb sogar bei einem Konter in einer Eins-gegen-zwei-Situation der Sieger.
Begonnen hatte seine Profi-Karriere aber wenig erfreulich.
Von Trainer Didi Kühbauer bekam der Youngster immer wieder Lob. Nach dem 3:0 war es besonders groß: „Der Junge will jeden Tag dazulernen. Er will jedes Trainingsspiel gewinnen, weiterkommen. Er hört gut zu.“ Und er hat nach acht Europacupspielen auch schon genug Erfahrung. „Leo hat jetzt internationale Spiele, die ihn weiterbringen. Er hat gegen Luhansk ein unglaubliches Spiel gemacht. Er ist ein Rapidler, so wie ich ihn sehen will.“
Schlagfertig vor dem Mikrofon
Greiml ist in den Interviews so schlagfertig wie auf dem Spielfeld. Anstatt glattgebügelt wie so viele Akademie-Absolventen spricht er lieber in seinem Waldviertler Dialekt. Zu seiner Aufforderung an die Fans sagte er: „Ich bin ein emotionaler Mensch und mir taugt das, wenn ich die Ultras höre. Das hat mich gepusht.“ Zum Spiel sagte er mit einem Grinser: „Wir haben gewusst, dass sie in der Defensive nicht die Besten sind.“
In der Offensive war Luhansk immer wieder brandgefährlich, die Innenverteidiger Maximilian Hofmann und Greiml hatten alle Füße voll zu tun. Der Kapitän freute sich über seinen starken Partner: „Leo ist defensiv eine brutale Maschine. Früher war er vielleicht noch zu forsch. Aber defensiv ist er eine Macht. In solchen Duellen ist es enorm wichtig, wenn du einen solchen Zweikämpfer hast. Er ist ein super Kerl, ein Waldviertler Bam.“
Das verpatzte Debüt 2019
Etwas ungestüm hatte sich Greiml einst vorgestellt bei den Profis von Rapid. Der damals 17-Jährige debütierte am 30. Mai 2019 im Europacup-Play-off gegen Sturm Graz. Greiml kam für den verletzten Sonnleitner und verschuldete einen Elfmeter, weil er zu spät in den Zweikampf mit Kiteishvili kam, danach bugsierte er nach einem Eckball den Ball ins eigene Tor. Ein Elfer und ein Eigentor: ein Profi-Debüt, wie man es einem Teenager nicht wünscht. Doch Kühbauer ließ damals keinerlei Kritik aufkommen: „Er wird uns noch viel Freude bereiten.“
2021 ist Greiml in der Innenverteidigung gesetzt und so gut, dass Neuzugang Kevin Wimmer derzeit aus sportlichen Gründen das Nachsehen hat.
Unbehagen kommt in Hütteldorf maximal auf, wenn Greimls Vertragsende 2022 in Erinnerung gerufen wird. Bislang blieben Bemühungen um eine Verlängerung erfolglos. Ein junger, ablösefreier Verteidiger mit einer solchen Zweikampfstärke wird auf dem Transfermarkt Begehrlichkeiten wecken. Kühbauer weiß: „Er ist nicht nur in den Zweikämpfen sehr stark, sondern auch im Aufbauspiel viel ruhiger geworden. Daher ist es schön für uns, ihn zu haben. Rapid wird nicht seine letzte Station sein.“
Auf dem Boden geblieben
Demut und Freude am Beruf zeichnen Greiml aus. Bei den Mitarbeitern im Klub macht er einen genauso netten Eindruck wie vor vier Jahren, als er aus der Akademie St. Pölten gekommen war.
Und an seinem Eifer können sich viele Profis noch etwas abschneiden. Angesprochen auf das harte Training im Vorbereitungscamp sagte er: „Für einen Fußballer gibt es nichts Geileres, als den ganzen Tag Fußball zu spielen.“
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