Nicht etwa, weil er immer noch schwere Beine hätte, sondern weil ihn dieser Rückschlag noch immer beschäftigt. „Wir sind Profis, aber wir sind auch Menschen dahinter“, bat er um Verständnis. Die Nächte seien kurz gewesen, die Bilder immer wieder durch seinen Kopf geschossen.
Ja, Marcel Sabitzer hat verloren, wie nur einer verlieren kann. Er weiß, dass er mit seinen Dortmunder Kollegen in diesem Endspiel in London das bessere Team war. Ob er mit 30 Jahren in seiner Karriere noch einmal so eine Chance auf den Gewinn dieses Pokals erhält, weiß er nicht.
„Gefühle kann man nicht verbergen oder unterdrücken“, so der Steirer. Natürlich kann man das, aber wohin das führt, ist auch klar: Wer Niederlagen und Rückschläge nicht verarbeitet, der trägt statt schweren Beinen einen umso größeren Rucksack, der nicht nur beim nächsten Wettkampf, sondern auch im Alltag zur Last wird. Wer hingegen Gefühle nicht nur zulässt, sondern auch zeigt, wird umso schneller wachsen und vielleicht schon bei der nächsten Gelegenheit stärker sein, als zuvor.
Marcel Sabitzer hätte auch einfach muskuläre Probleme als Grund für sein Fehlen beim letzten EM-Test in der Schweiz angeben können. Hat er aber nicht. Marcel Sabitzer weinte vor einem Milliarden-Publikum. Sechs kurze Nächte später saß er wieder vor laufenden Kameras und sagte sinngemäß: Ich habe verloren und ich leide. Und damit hat er wuchtiger ins Kreuzeck getroffen, als er es mit dem Ball auf dem Rasen hätte tun können. Er hat einer Leistungsgesellschaft einen Dienst erwiesen, in der mentale Gesundheit keinen Raum hat. Besser, als mit diesem Seelenstriptease, hätte er seiner Vorbildfunktion nicht gerecht werden können.
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