Klub von Hollywood-Star Ryan Reynolds jubelt über den Meistertitel
Die drei Tribünen bebten unter den 10.162 Zuschauern, die an diesem Samstag - wie seit Monaten - den Racehorse Ground in Wrexham füllten. Die lauten Fangesänge und der ohrenbetäubende Jubel ließen Zweifel aufkommen, dass man sich bei einem Spiel der fünften Liga befindet.
Der Wrexham AFC hat es geschafft. Mit einem Sieg im vorletzten Ligaspiel gegen Boreham Wood hat der weltweit Aufsehen erregende Fußballverein den Aufstieg in die vierte Liga fixiert.
Der Samstag, der 22. April 2023 sollte in die Geschichte eingehen. 13 Grad, freundliches Wetter über dem Racehorse Ground, freundliche Polizisten, die via Twitter ein erhöhtes Aufgebot erklärten. Eine singende Herren-Chorgruppe mit den traditionellen rot-weiß-gestreiften Schals. Die ganze Saison hat die Kleinstadt südlich von Liverpool auf diesen Tag gewartet. Was heißt! 15 Jahre lang.
Seit 2008 plagt sich der Traditionsverein aus Nordwales in der fünften Englischen Liga. Nach einem beispielhaften Kampf ums sportliche und finanzielle Überleben kam die rettende Hand just aus Amerika. Von den Filmstars Ryan Reynolds und Rob McElhenney, die sich so manche Fußball-Regel auf den Tribünen des AFC Wrexham erst erklären lassen mussten. Samt potentem Sponsor (TikTok) und Streaming-Serie ("Welcome to Wrexham").
Heute, Samstag, war dieser Tag gekommen. „The game we’ve all been waiting for”, das letzte Heimspiel der Saison war gekommen.
Die Hollywood-Stars haben offenbar das Waliser Volksfest zu einem US-amerikanischen erklärt. Etliche Freunde von Reynolds und McElhenney dürften angereist sein. Unter den prominenteren Fans auch der US-Schauspieler Paul Rudd ("Anchorman", "Ant-Man", "Ghostbusters"), der sich vor dem Spiel in einem Pub ein Bier genehmigte.
Tagelang hatte sich die Stimmung bis zum Höhepunkt zugespitzt. Der direkte Ligakonkurrent Notts County machte es mit einem 5:2 in Maidstone am Samstagnachmittag noch einmal spannend. Hätten sie nicht gepunktet, wäre schon vor dem Wrexham-Heimspiel gegen Boreham am Abend klar gewesen, dass man der Fixaufsteiger ist. Doch spätestens mit dem Schlusspfiff nach diesen denkwürdigen 95 Minuten war klar, dass das Historische erreicht werden würde.
„Es waren 15 Jahre des Schmerzes“, sagte Trainer Phil Parkinson kürzlich in einem Interview und spricht einer ganzen Fangemeinde damit aus dem Herzen. 2008 war der Verein in die fünfte Liga abgestiegen. Fünfmal war man seither in die Play-offs gekommen, fünfmal gescheitert.
Doch jetzt ist das 15-jährige Gastspiel in der fünften Liga (vorerst) beendet. Mit der finanziellen und vor allem öffentlichkeitswirksamen Unterstützung der neuen Besitzer Reynolds und McElhenney. Der Klub, der bei den Heimspielen wieder regelmäßig 10.000 Menschen ins Stadion zieht, wird ohne Relegationsspiel ab nächster Saison in der vierthöchsten Liga spielen.
Matchwinner am Samstag war abermals Publikumsliebling Paul Mullin, der mit seinen zwei Toren in der zweiten Hälfte - eines mit Links und eines mit Rechts - die Gastgeber nach dem 1:1 in der Pause in Führung gebracht hat. Der Goalgetter hat in dieser Saison in 48 Spielen 47 Tore für die Waliser geschossen. Kurz vor Schluss wurde er unter Standing Ovations ausgewechselt.
Die Mannschaft von Trainer Phil Parkinson war in einen gigantischen Kampf um den Titel mit Notts County verwickelt. Erst vor knapp zwei Wochen hatte Wrexham im Duell erster gegen Zweiten in einem hollywoodreifen Match 3:2 gewonnen – nach abgewehrten Elfmeter von Notts County in der 97. Minute. Da war spätestens der Grundstein für den Aufstieg gelegt.
Für Notts County bitter, aber noch nicht aussichtslos. Mit über 100 Punkten muss die Elf aus Nottingham dennoch ins Play-off. Doch dass der Aufstiegs-Play-off nicht einmal die halbe Miete in die höhere Liga ist, das weiß niemand besser als Wrexham AFC.
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