Im Namen der Politik: Österreichs erster EM-Gegner Nordmazedonien

Im Namen der Politik: Österreichs erster EM-Gegner Nordmazedonien
Der größte Erfolg der Sportgeschichte soll bei Österreichs EM-Gegner dazu beitragen, dass die Einwohner den Namen akzeptieren.

Im November letzten Jahres schaffte es der Fußball sogar in die Hauptnachrichten im nordmazedonischen Fernsehen. Die Qualifikation für die Fußball-EM ist der größte Erfolg in der Sportgeschichte des Landes. Stolz, Hingabe und Würde – solche und ähnliche Worte benutzte Ministerpräsident Zoran Zaev. Aber für wen? Der 46-Jährige vermied es, den neuen, offiziellen Namen des Landes in den Mund zu nehmen. Seit Anfang 2019 gibt es die „Republik Nordmazedonien“ mit 2,1 Millionen Einwohnern. Erst hatte das mazedonische Parlament dafür gestimmt, danach das griechische.

Spielball der Nachbarn

Mit dem Zerfall Jugoslawiens wurde die Teilrepublik 1991 unabhängig, durfte sich aber nicht Mazedonien nennen, weil diesen Namen Griechenland für die angrenzende Provinz beansprucht. Aus FYROM, die englische Abkürzung für „Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien“, wurde Nordmazedonien. Wird jetzt das erstmalige Antreten bei einem Fußball-Großereignis dazu beitragen, dass sich auch breite Teile der Bevölkerung mit dem Namen „Nordmazedonien“ anfreunden? Von sich selbst sprechen die Einwohner des Landes ohnehin nur von den „Mazedoniern“.

Die Identitäten auf dem Balkan sind mitunter fragil. Das heutige Nordmazedonien war jahrhundertelang ein Spielball der Nachbarn. Griechen und Serben beanspruchten das Land, die Bulgaren hatten es im Zweiten Weltkrieg besetzt.

Und der Fußball war als Kitt nicht tauglich. Im ehemaligen Jugoslawien waren die Spieler und Klubs aus Mazedonien nur Nebendarsteller. Es gaben die Klubs aus Belgrad den Ton an, Zagreb, Split, Novi Sad und Sarajevo sprengten mitunter die Vorherrschaft. 1986 wurde der Vardar Skopje jugoslawischer Meister, weil etliche Klubs wegen Spielmanipulationen mit Punkteabzügen bestraft wurden. Partizan Belgrad erhob aber Einspruch und bekam den Titel zugesprochen. Das radikalisierte den Vardar-Fanklub der „Komiti“ in ihrem christlichen, antikommunistischen Patriotismus noch mehr. Die „Komiti“ sind benannt nach Aufständischen im Osmanischen Reich. Einer ihrer Anführer griff 2001 mit einer paramilitärischen Einheit ein albanisches Dorf an, wobei mehrere Menschen starben. Johan Tarculovski wurde vom internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Er kam allerdings schon 2013, nach acht Jahren, wieder frei und wurde ins mazedonische Parlament gewählt.

Im Namen der Politik: Österreichs erster EM-Gegner Nordmazedonien

Die Mazedonier feierten die EM-Qualifikation der Fußballer und mit Statuen ihren Helden Alexander den Großen

Alexander der Große

Seine Partei stellte lange Zeit die Regierung, die das Land in eine Linie stellte mit Alexander dem Großen, dem Feldherrn, der aus dem Kleinstaat Makedonien kommend ein Weltreich erschaffen hatte. Es wurden in Skopje Statuen errichtet, eine Autobahn nach ihm benannt und der Flughafen. Das Nationalstadion erhielt 2009 den Namen von dessen Vater, Philipp II. Das waren Provokationen gegenüber Griechenland. Im Zuge der Annäherung an den Nachbar, wurde das Stadion nach dem 2007 mit 26 Jahren verstorbenen Sänger und Songwriter Tose Proeski umbenannt.

Die „Komiti“ protestierten gegen die Umbenennung, und einer ihrer möglichen Unterstützer soll der russischen Investor Ivan Savvidis sein. Der ist Eigentümer von PAOK Saloniki, dem wichtigsten Klub in der griechischen Region Mazedonien und saß auch im russischen Parlament. Den Russen hat es gefallen, dass die Griechen die Verhandlungen von Nordmazedonien mit NATO und EU boykottierten. Mit Ende des Namensstreits haben die Griechen den Widerstand aufgegeben.

Der Konflikt mit Griechenland scheint durch den Namen beigelegt, nicht aber der zwischen den Volksgruppen. Viele der orthodoxen Mazedonier identifizieren sich mit dem mazedonischen Nationalteam. Einige halten auch zu Serbien. Rund 25 Prozent der Bevölkerung sind ethnische Albaner mit muslimischen Glauben, viele identifizieren sich mit den Nationalteams aus Albanien oder Kosovo.

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