Hoffnungsträger nach EM-Eklat: Was ÖFB-Star Arnautovic auszeichnet
Marko Arnautovic betritt den Trainingsplatz. Die kurze Hose ist ihm nicht kurz genug. Er krempelt sie auf und zeigt, was er hat. Diese „Pakete“, wie Oberschenkel im Fußballerjargon genannt werden, wollen präsentiert werden. Ein Ritual, das man auch bei Cristiano Ronaldo schon gesehen hat. Noch nicht überliefert ist, ob es sich der fünffache Weltfußballer von Österreichs Edelzangler abgeschaut hat, oder umgekehrt.
Die Blicke sind auf ihn gerichtet. Ob in Seefeld, wo eine Handvoll Journalisten nur 15 Minuten lang beim Training zusehen darf, oder im Ernstfall vor einem Millionenpublikum wie am Montag, wenn Österreich in Bukarest gegen die Ukraine um den Aufstieg ins Achtelfinale spielen wird.
Kontroverse
Marko Arnautovic polarisiert. Jene, die mit dem extravaganten Auftreten des 32-Jährigen nichts anfangen können, sehen in ihm einen flegelhaften Badewaschl aus Wien-Floridsdorf.
Marko Arnautovic kann den Unterschied machen, sagen jene die ihn anhimmeln und als Kicker schätzen.
Weil es das Team zuletzt nicht geschafft hat, torgefährlich zu werden, braucht es einen, der mehr individuelle Klasse hat. Einen, der sich im letzten Drittel auskennt. Einen wie Arnautovic.
Doch was ist es, das den Angreifer auszeichnet neben all den längst bekannten technischen Fähigkeiten?
Dass in den Paketen viel drin steckt, war nicht immer so. Arnautovic war als Teenager vor allem eines: dünn, und nach einem Wachstumsschub noch dünner wirkend. Zum Kraftpaket wurde er in den Niederlanden. Nachdem er 2006 als 17-Jähriger vom FAC zu Twente Enschede gewechselt war, fand er sich dort im ersten halben Jahr vor allem in der Kraftkammer wieder. In diesen sechs Monaten wurde die Basis gelegt für jene zwei Attribute, die sein Spiel heute auszeichnen.
Die ersten zehn Meter
Das ist zum einen seine Explosivität. Arnautovic sieht zwar auch bei Laufduellen über 30 oder 40 Meter nicht schlecht aus, seine größte Stärke liegt allerdings bei der Beschleunigung innerhalb der ersten zehn Meter, in denen er seinen Gegenspielern enteilt. Hat er seinen wuchtigen Körper erst einmal vor jenen des Gegenspielers geschoben, kommt die zweite Stärke zum Einsatz: Das Abschirmen und Sichern des Balles. Warum das wichtig ist? Während Arnautovic den Ball behauptet, können sich Mitspieler in der Offensive in gute Positionen bringen und die eigenen Verteidiger ein paar Sekunden verschnaufen.
Spielverständnis
„Marko weiß, was er tun wird, schon bevor er den Ball hat“, sagt sein Bruder Danijel, der freilich ebenso nicht mit Lob spart, wie Freund und Teamkollege Aleksandar Dragovic: „Er findet immer schnell die freien Räume und bewegt sich im Sprint hinein, das macht es für Verteidiger unheimlich schwer.“
Ausstrahlung
In diesem Punkt wagt Xaver Schlager sogar den Vergleich mit Lionel Messi. „Würde Messi eingetauscht werden, würde sofort ein Ruck durch die Mannschaft gehen.“ Nicht anders sei es mit Arnautovic und den Österreichern beim 3:1 gegen Nordmazedoniern gewesen. Durch seine Präsenz bindet Arnautovic oft auch mehr als einen Gegenspieler, was wiederum Räume für Kollegen schafft.
Psyche
Genie und Wahnsinn lagen bei Arnautovic stets nah beieinander. Neben emotionalen Ausbrüchen wie zuletzt gibt es an dieser Stelle auch eine Stärke. „Hohe Erwartungen an ihn wie vor dem Spiel am Montag liebt er“, sagt der Bruder. Arnautovic brauche diese Art der Herausforderung und den speziellen Nervenkitzel.
Ob selbst seine Kritiker am Montag in ihrem Badewaschl einen Rettungsschwimmer sehen werden?
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