Hoeneß "wird sich auf Angriffe einstellen müssen"

"Schirmherr" Uli Hoeneß ist zurück an alter Wirkungsstätte.
Hoeneß kehrt zu einem prekären Zeitpunkt an die Spitze der Bayern zurück.

Die Rückkehr von Uli Hoeneß an die Spitze des FC Bayern erfolgt zu einem besonderen Zeitpunkt: Der wirtschaftlich weiterhin unantastbare Bundesliga-Krösus zeigt sich nach Jahren der nationalen Dominanz sportlich plötzlich verwundbar. Uli Hoeneß ist gleich als Krisenhelfer gefordert. Der 64-Jährige, der nach seiner verbüßten Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung am Freitagabend auf der Jahreshauptversammlung in München wieder ins Präsidentenamt strebt, muss den deutschen Rekordmeister mit einer emotionalen Rede aus seiner Herbst-Depression reißen.

2014 war Hoeneß wegen Hinterziehung von mindestens 28,5 Millionen Euro Steuern schuldig gesprochen und zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Seit Februar dieses Jahres ist der ehemalige Nationalstürmer auf Bewährung frei.

Einziger Kandidat

Den strapaziösen Trip nach Russland zum 2:3 gegen Rostow hat er sich ebenso erspart wie schon am Samstag den Ausflug zum mit 0:1 verlorenen Liga-Topspiel in Dortmund. Sein Fokus sei auf die Mitgliederversammlung gerichtet, war im Verein zu hören. Seit Wochen feile er an seiner Rede. Er sei durchaus angespannt, verriet Hoeneß, dessen Wahl als einziger Kandidat nicht infrage steht.

Langjährige Weggefährten, Freunde und sogar Rivalen freuen sich auf das Comeback des Bayern-Machers im Präsidentenamt des deutschen Rekordmeisters. Reaktionen zur Rückkehr von Hoeneß:

Ralph Hasenhüttl hat seine letzten beiden Profisaisonen von 2002 bis 2004 bei den Amateuren des FC Bayern verbracht. Der Trainer von RB Leipzig hat in dieser Zeit Hoeneß persönlich kennengelernt: "Ich freue mich sehr, dass er wieder aktiv ins Geschehen eingreift. Er ist eine absolute Bereicherung für die Bundesliga."

Christoph Daum, Trainer und langjähriger Intimfeind, sagt: "Die Kompetenz, die ein Uli Hoeneß mit sich bringt, tut jedem Verein gut – egal, in welchem Amt. Er wird sich wegen seiner Vorgeschichte aber sicher auch auf Angriffe einstellen müssen, die nichts mit seinem Amt zu tun haben."

Rudi Völler, Sportdirektor von Bayer Leverkusen, meint: "Ich freue mich total. Auch aufgrund der Tatsache, dass er so viel hat durchmachen müssen. Ulis Rückkehr ist eine absolute Bereicherung für die Bundesliga. Sie erhält ein Gesicht zurück, das ihr gefehlt hat. Uli wird den Verein mit Kalle Rummenigge genauso erfolgreich weiterführen, wie er sich zuletzt präsentiert hat."

Hans-Joachim Watzke, Geschäftsführer von Dortmund: "Mit Uli kracht es dann auch ab und zu mal wieder, das ist ganz schön. Ich freue mich darauf, es tut der Bundesliga ja in Gänze gut."

Uli Hoeneß wird heute wieder Präsident des FC Bayern München. Er war eben mal weg. Dazwischen kam im März 2014 bekanntlich eine Verurteilung zu dreieinhalb Jahren Haft wegen Steuerhinterziehung von 28,5 Millionen Euro. Hoeneß ist trotzdem schon wieder da. Vorzeitig entlassen, nachdem er schon seit dem 1. Januar 2015 zum "Freigänger" geworden war.

Juristisch betrachtet hat er für seine Verfehlung gebüßt, auch mehr als 30 Millionen Euro zurückgezahlt. Aber stimmt die Optik? Ist es gerecht, dass ein Hoeneß seinen Posten wiederkriegt, als sei nichts geschehen, ein Herr XY für ähnliche Patzer auf viel niedrigerer Ebene aber seinen Job wohl los wäre? Auf Nimmerwiedersehen? Der FC Bayern steht über den Dingen, möglicherweise auch über der Meinung der Masse, sofern diese nicht gerade aus Bayern kommt. Laut einer Umfrage von Spiegel Online zweifeln 43,10 Prozent (Stand von gestern, Donnerstag) daran, dass ein Mann mit dieser Vergangenheit glaubwürdiger Repräsentant des Klubs bleiben kann, nur 28,83 Prozent berufen sich auf die großen Verdienste und finden nichts dabei. 7,65 Prozent ist es mehr oder minder wurscht.

Bayern-Präsident Hoeneß. Soll so sein. Interessant ist jedenfalls, mit welcher Selbstverständlichkeit, jede Moraldiskussion ausklammernd, dies beim Münchner Klub passiert. Abgehoben? Ja. Typisch fürs "Establishment"? Gewisse Kreise werden sich bestätigt fühlen. Leider zu Recht.

Kommentare