Hasenhüttl: "Ich lechze nach diesen Erfahrungen"

Ralph Hasenhüttl freut sich auf die Bundesliga-Saison.
Was den Trainer von RB Leipzig antreibt; warum er sich in der Champions League eine Hammergruppe wünscht und wieso der Steirer am Abend gerne am Flügel aufspielt.

RasenBallsport, kurz RB Leipzig ist kein gewöhnlicher Fußballklub. Das kann man daran erkennen, dass die Leipziger es sich leisten können, ein 75-Millionen-Euro-Angebot für Naby Keita auszuschlagen. Oder daran, dass RB im Trainingslager in Tirol ein riesiges Luxushotel exklusiv für sich reservieren ließ. Oder auch daran, dass der Bürgermeister von Seefeld auf den Baustellen für die Nordische WM 2019 sogar die Maschinen stoppen ließ, damit der deutsche Vizemeister in Ruhe trainieren kann.

KURIER: Herr Hasenhüttl, ist RB Leipzig für einen Trainer das Schlaraffenland?

Ralph Hasenhüttl: Hier ist es sicherlich anders als bei meinen früheren Vereinen. Aber es wäre jetzt falsch, zu sagen, dass es mir dort nicht Spaß gemacht hätte. Ganz im Gegenteil: Ich sage, ich habe all diese Erfahrungen gebraucht.

Warum?

Ich bin dankbar, dass ich diese Schritte von unten nach oben gehen durfte. Jeder Verein hat mich weitergebracht, jede Liga, in der ich arbeiten konnte, hat mich zu einem besseren Trainer gemacht. Ich bin nicht durch Zufälle irgendwo in der Bundesliga als Trainer aufgeschlagen, sondern habe mich hochgearbeitet. Jetzt geht’s halt darum, dass man sich auf diesem Niveau behauptet.

Ist die vergangene Saison mit Rang zwei überhaupt zu toppen?

Das zu toppen, wird nicht möglich sein. Es ist auch nicht unser Anspruch, schon nach zwei Jahren mit den Bayern auf Augenhöhe zu sein. Ich wage zu behaupten, dass kein anderer Aufsteiger so schnell so viele Punkte sammeln wird wie wir. Andererseits sehe ich keinen Grund, warum es uns nicht gelingen sollte, eine ähnliche Saison zu spielen.

Trotz der Mehrfachbelastung durch die Champions League?

Ich lechze nach diesen Erfahrungen, weil sie mich wieder zu einem besseren Trainer machen werden. Ehrlich gesagt, hoffe ich auf eine wirklich schwere Gruppe. Möglicherweise werden uns dann in der Champions League die Grenzen aufgezeigt. Aber ich finde das gar nicht schlimm. Im Gegenteil: Nur dadurch können wir unsere eigenen Grenzen verschieben.

Wo sehen Sie denn die Grenzen von RB Leipzig? Sie haben eine sehr junge Mannschaft.

Unsere Spieler zeichnet vor allem eines aus: Diese unbändige Lust, sich jeden Tag zu verbessern, die Gier nach Siegen und Erfolgen. Unsere Jungs haben den Antrieb, die Besten zu sein. Die musst du als Trainer eher bremsen als pushen, weil sie mehr tun wollen, als eigentlich verlangt wäre. Diese Zielstrebigkeit ist manchmal fast schon ein wenig beängstigend. Aber wir vom Trainerteam leben dieses Streben nach dem maximalen Erfolg auch vor.

Das hört sich nach einem intensiven Job an.

Ich bin ein Mensch, der sehr viel Zeit in seinen Job investiert. Ich spüre da sicher eine gewisse Rastlosigkeit in mir. Immer weiter zu wollen, sich nie zufriedenzugeben, sondern immer noch mehr Erfolg haben zu wollen. Aber ich gewinne nun einmal sehr gerne, und ich weiß wirklich nicht, ob ich ein guter Verlierer bin.

Apropos verlieren: In einem früheren KURIER-Interview haben Sie einmal verraten, dass Sie nach Niederlagen Ihrer Mannschaft gerne stundenlang am Klavier sitzen. Heißt das, dass Sie nach dieser erfolgreichen Saison in Leipzig das Klavierspielen verlernt haben?

Ich mach’ das mittlerweile nicht mehr an Niederlagen fest. Das Klavierspielen tut mir gut, es ist für mich eine Möglichkeit, abzuschalten und den Tag zu verarbeiten. In diesem stressigen Trainer-Job ist es eine wichtige Fähigkeit, möglichst schnell wieder runterzukommen und seine Mitte zu finden. Ich gehe hier in Leipzig auch gerne in klassische Konzerte und versuche, mir Zeit für Sport zu nehmen. Das ist notwendig, um nicht auszubrennen.

Sie zählen mit Ihren 50 Jahren inzwischen ja schon zu den älteren Trainern.

Das stimmt. Die Kollegen werden immer jünger, neben denen bin ich fast schon ein Trainer-Greis. Andererseits bin ich auch erst seit zehn Jahren in dem Geschäft. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich als Trainer schon alles erlebt hätte und sehe da schon noch viel Potenzial. Beim Verein, aber auch bei mir.

Wann wären Sie mit der kommenden Saison zufrieden?

Es ist erwiesen, dass zu hohe Ziele genauso schlecht für die Leistung sind wie wenn man sich zu niedrige Ziele setzt. Wir wollen vor allem eine Mannschaft sein, gegen die zu spielen sehr unangenehm ist. Und ein erstes Nahziel wäre, in der Champions League zu überwintern. Aber ich will vor allem eines erreichen.

Nämlich?

Das, was mich als Trainer am meisten antreibt, ist, den Leuten ein Erlebnis zu bieten. Unsere Spiele sollen Unterhaltung bieten, und wenn wir dann einmal 4:5 verlieren, so wie letztes Jahr gegen die Bayern. Aber die Leute sind trotzdem begeistert aus dem Stadion gegangen. Das ist mein ureigenster Antrieb. Als Spieler habe ich es leider nicht so oft geschafft, die Menschen von den Sitzen zu reißen. Dafür waren meine Fähigkeiten zu limitiert. Aber jetzt kommt da viel zurück, das ist erfüllend.

Themenwechsel: Diesen Sommer wird praktisch nur über die horrenden Transfersummen geredet. Wie geht’s Ihnen dabei?

Das ist der Lauf der Zeit. Ich glaube nicht, dass wir die Hände über dem Kopf zusammenschlagen müssen. Die außergewöhnlichen Spieler werden immer außergewöhnlich viel kosten und verdienen. Mich schockieren diese Summen schon lange nicht mehr. Ich persönlich glaube ja, dass das erst der Anfang ist. In ein paar Jahren werden uns Ablösesummen von 100 Millionen Euro nicht mehr schrecken.

Auch RB Leipzig hat im Sommer Geld für neue Spieler ausgegeben. Von Salzburg kam Konrad Laimer. Welche Rolle kann und wird er spielen?

Er bringt ein neues Element in unser Spiel. Weil er einerseits sehr aggressiv ist, andererseits auch in der Lage ist, Tore zu machen. Das ist eine gute Kombination für die Art, wie wir Fußball spielen. Vielleicht ist er noch manchmal ein bisschen zu ungestüm, man muss ihn eher zügeln. Aber mir ist das lieber so, als ich müsste ihn zum Jagen tragen. Es gibt auf seiner Position große Konkurrenz, aber er wird bestimmt öfter in der Startformation stehen.

Abschließend: Mit Ihnen und Peter Stöger zählen zwei Österreicher zu den beliebtesten Trainern in der Bundesliga. Warum kommen die Österreicher in Deutschland so gut an?

Ich bin jetzt keiner, der für seinen Schmäh berühmt ist. Vielleicht kommt einfach der österreichische Charme an, die Art, mit Menschen umzugehen. Wir Österreicher sind halt doch eher nahbar. Aber der ganze Charme fällt nur dann auf fruchtbaren Boden, wenn du auch Erfolg hast. Sonst wird’s nämlich lächerlich.

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