Als der Mister Österreich beehrte

Red Bull Salzburg's coach Giovanni Trapattoni shouts during their second qualifying round, second leg UEFA Champions League soccer match against FC Zurich at the Red Bull stadium in Salzburg, August 2, 2006. REUTERS/Dominic Ebenbichler (AUSTRIA)
Irlands Teamchef Giovanni Trapattoni war von 2006 bis 2008 Salzburg-Trainer.

Grand Hotel, Dublin. Auf dem Programm steht: Abschluss-Pressekonferenz mit Giovanni Trapattoni vor dem heutigen WM-Qualifikationsspiel gegen Österreich.

Wer fehlt? Giovanni Trapattoni. Was Marcel Koller vor zwei Tagen zusammengebracht hat, kann der Maestro auf der irischen Trainerbank noch viel besser. Zu spät kommen. Koller brachte es vor drei Tagen auf eine halbe Stunde. Der kürzlich 74 Jahre alt gewordene Trapattoni ließ die Journalisten eine Stunde dunsten.

„Good afternoon“, sagt er und sein großväterlich liebevoller Blick erinnert an einen in die Jahre gekommenen „Al Bundy“. Und es folgt, was von seinem österreichischen Kollegen nie zu erwarten wäre: Trapattoni schaut auf seinen Schummelzettel und liest die Namen jener elf Spieler vor, die am Dienstag spielen dürfen.

Danach eine Lawine von Fragen, alle mit der Anrede „Giovanni“ eingeleitet. Bewundernswert, wie sich der Mann durch sein englisches Vokabular kämpft. Er sagt etwas, man weiß nicht genau was, und die irischen Journalisten hämmern wie wild in ihre Tasten. Theatralisch gestikulierend, nach Worten ringend und oftmals von der Dolmetscherin auf den rechten verbalen Pfad gebracht.

Befragt nach einem gewissen Arnautovic, erzählt Trapattoni von dessen Qualitäten und der gemeinsamen Zeit in Salzburg. Macht ja nichts. Ivanschitz klingt halt doch irgendwie ähnlich ...

Fast fünf Jahre kämpft der Startrainer nun schon mit den Tücken der englischen Sprache. Aber auch vor seinem Engagement als irischer Teamchef hatte Trapattoni seine sprachlichen Probleme – als Salzburg-Trainer. Der Italiener bemühte sich trotzdem, immer und überall Deutsch zu reden.

Sein Kauderwelsch sorgte auch in Österreich oft für Verwirrung – und für Schenkelklopfer. So sprach er selten über Christoph Leitgeb, sondern meist über Christoph Leitbeck. Seinen Ex-Spieler wird er übrigens Dienstag Abend in Dublin wiedertreffen.

Österreich musste sich an Trapattoni gewöhnen, aber auch Trapattoni an Österreich. Als es ihn erstmals auf den Altacher Fußballplatz verschlug, meinte er: „Das ist ja nett hier. Aber wo bitte ist das Stadion?“ Das ist nur eine der vielen kuriosen Episoden aus seiner Salzburger Schaffensperiode.

In Mattersburg war er etwa einmal so erbost über einen Fehlpass eines Spielers, dass er ihn sofort auswechseln wollte. Das Problem war nur: Trapattoni hatte bereits drei Mal gewechselt. Nur den Überredungskünsten von Co-Trainer Thorsten Fink war es zu verdanken, dass es nicht zu einem verbotenen vierten Wechsel kam.

Groupie-Alarm

Trainingskiebitze verirrten sich auch schon unter dem Startrainer nur wenige ins Red-Bull-Trainingszentrum. Als plötzlich täglich einige Groupies auftauchten, blieb das auch Trapattoni nicht verborgen. Er sprach ein Besuchsverbot aus, weil die Mädels seine Spieler von der Arbeit ablenken würden.

Dass er seinen Zwei-Jahres-Vertrag bei Red Bull erfüllte, war auch kurios. Denn eigentlich war er ja schon nach 15 Monaten Salzburgs Ex-Trainer. Nach einem 0:3 im UEFA-Cup bei AEK Athen im September 2007 hatte sich Trapattoni schon von seinen Spielern verabschiedet, die Rücktritts-Meldung war von Salzburgs Pressesprecher verfasst worden. Aber plötzlich stand er wieder auf dem Trainingsplatz – als wäre nichts gewesen. Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz hatte ihn zum Weitermachen überredet.

Einmal war Trapattoni auch richtig böse. „Was verstehen Journalisten vom Training?“, brüllte er bei einer Pressekonferenz im April 2007. Der Italiener hatte sich über einige Artikel geärgert. Die Intensität seines Trainings war hinterfragt worden, nachdem kraftlose Salzburger im Cup-Semifinale gegen Mattersburg ein 2:0 verspielt hatten. Einen Journalisten, dessen Kritik besonders harsch ausgefallen war, hatte Trapattoni bei seinem Wutausbruch regelrecht anvisiert. Kurz danach stand er ihm für ein exklusives Interview zur Verfügung.

Nachtragend war der Italiener also nicht, Starallüren waren ihm ebenso fremd. Auch deshalb wird man in Salzburg niemand finden, der schlecht reden würde über den „Mister“, wie er respektvoll von den Red-Bull-Spielern genannt wurde.

Zwei Jahre beehrte Trapattoni die österreichische Liga. Kein anderer Trainer der Ära Red Bull wurde so überlegen Meister wie er in der Saison 2006/’07. Kein anderer war so nah an der Champions League dran wie er im August 2007 in Donezk. Aber auch kein anderer kassierte eine so hohe Niederlage wie er mit dem 0:7 gegen Rapid am Ostersonntag 2008.

Es ist auch für Irland ein richtungsweisendes Spiel, das heutige Duell mit Österreich im supermodernen Dubliner Aviva-Stadium. Aber Irlands Teamchef Giovanni Trapattoni kann bei Weitem nicht auf seine stärkste Elf zurückgreifen. Nun hat sich auch noch Kapitän Robbie Keane verletzt. Der 32 Jahre alte Stürmer fällt wegen einer Wadenverletzung aus, die er am Freitag beim 0:0 in Schweden erlitt.

Trapattoni bringt es trotz des Keane-Handicaps auf den Punkt. „Es ist ganz einfach: Wir müssen raus gehen und das Spiel gewinnen, wenn wir uns für die Weltmeisterschaft in Brasilien qualifizieren wollen.“

Als der Mister Österreich beehrte

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